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Warum Musik glücklich macht  
  Glücklich, nachdenklich oder heiter: Dass Musik Stimmungen verändern oder hervorrufen kann, ist eine Binsenweisheit. Australische Forscher haben nun nach eigenen Angaben die erste Studie vorgelegt, die dem Phänomen mathematisch genau nachgegangen ist. Die Ursache für die stimmungsverändernde Qualität von Musik liegt demnach in ihren grundlegenden Elementen: Lautstärke, Tempo und Tonhöhe.  
Messbarer Einfluss
"Nebst anderem üben diese drei Elemente einen messbaren Einfluss auf den Gefühlszustand von Menschen aus, die Musik hören", ist der Musikpsychologe Emery - nomen est omen - Schubert von der University of New South Wales überzeugt. Seine Studie sei die erste, die diesen Einfluss quantifiziert hat.

Sie wird in einer der kommenden Ausgaben der Fachzeitschrift "Music Perception" publiziert und wurde im Rahmen der "International Conference on Auditory Display" in Sydney präsentiert.
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Die Studie erscheint unter dem Titel "Emotionface: prototype facial expression display of emotion in music" in "Music Perception".
->   Original-Studie (University of New South Wales; pdf-Datei)
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Vier Musikstücke führten zu "zweidimensionalem Gefühlsraum"
67 Probanden hörten für die Studie vier klassische Musikkompositionen - Slawische Tänze Opus 46 von Anton Dvorak, Concerto de Arunjuez von Joaquin Rodrigo, Pizzicato Polka von Johann und Josef Strauss sowie Morning aus Peer Gynt von Edvard Grieg - und berichteten dabei mit Hilfe einer speziellen Computer-Software ("Emotionface") laufend über ihren Gefühlszustand.

Bewegungen der Maus gaben an, ob die Musik die Studienteilnehmer glücklich, traurig, erregt oder müde machte - als Produkt kam eine Art "zweidimensionaler Gefühlsraum" heraus, wie die University of New South Wales in einer Aussendung schreibt.

Erregung wird demnach vor allem durch die Lautstärke der Musik und - in geringerem Umfang - auch durch ihr Tempo bestimmt.
Glück und Trauer: Nicht nur Dur und Moll
Dass Glücks- bzw. Traurigkeitsgefühle mit Dur- bzw. Moll-Tonleitern zusammenhängen, ist relativ bekannt. Nach Ansicht von Schubert werden die Emotionen aber auch durch die Tonhöhe und die Anzahl der verwendeten Instrumente positiv beeinflusst - dies war allerdings nur bei Rodrigo und Grieg nachweisbar. So seien die Glücksgefühle mit steigender Tonhöhe bei Rodrigo und mehr Instrumenten bei Grieg stärker geworden.
Visualisierung durch das "Strichgesicht"
 
Bild: Emery Schubert

Mit Hilfe der PC-Software werden die Gemütszustände der Musikhörer visualisiert - und zwar mit sehr einfachen Mitteln. Die Mundstellung des "Strichgesichts" signalisiert die Spannweite von "glücklich" bis "traurig" (Mundwinkel nach unten), die Augengröße den Erregungszustand (kleine Augen zeigen Müdigkeit an, große Aufgeregtheit).

Der Ablauf der Emotionen wurde von Schubert auch in kleine Filme verpackt: Beim Concerto de Arunjuez von Joaquin Rodrigo fällt die Traurigkeit der herunterhängenden Mundwinkel auf, bei Edvard Griegs Ausschnitt aus Peer Gynt die Öffnung der Augen, sobald die Musik lauter wird, und bei den Slawischen Tänzen von Antonin Dvorak stellt sich nach einem "erschreckten" Beginn nach einigen Sekunden ein Gefühl des Glücks ein (alles mov-Dateien; lange Download-Zeiten!).
Keine Musik vom Reißbrett zu befürchten
Die Befürchtung, dass Komponisten in Hinkunft seine Studienergebnisse verwenden würden, um quasi auf dem Reißbrett "Stimmungsmusik" zu machen, teilt Schubert nicht. Dazu seien sowohl die Interaktion der einzelnen musikalischen Elemente als auch die Reaktionen der Hörer doch zu komplex, die viel mit Erfahrung, Erinnerung, aber auch Erwartungshaltung zu tun hätten.

Dennoch sei es ihm gelungen, für einige grundlegende Elemente der Musik eindeutige Relationen mit den Gefühlszuständen ihrer Hörer herausgefunden zu haben.
->   International Conference on Auditory Display
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01.01.2010