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Psychologe Giselher Guttmann wird 70  
  Giselher Guttmann, den Viktor Frankl als "Meister der Synthese von Experimenteller Psychologie und ganzheitlichem Menschenbild" bezeichnete, feiert am 2. Oktober seinen 70. Geburtstag.  
Jahrzehntelang haben Tausende Studierende in seiner Einführungsvorlesung in die allgemeine Psychologie ersten Kontakt mit dem Fach geknüpft.

Und angehenden AHS-Lehrern wird heute noch die von ihm entwickelte Methode des "Lernens unter Selbstkontrolle" beigebracht: der Name Giselher Guttmann ist untrennbar mit der Psychologie der Universität Wien verbunden.
Spezialgebiet Neuropsychologie
Bild: APA
Guttmann, am 2. Oktober 1934 als Sohn des Regisseurs Willibald Guttmann in Wien geboren, begann 1955 an der Universität Wien Psychologie und Zoologie zu studieren.

Wegen seines großen Interesses an der Hirnforschung wählte er schließlich die Psychologie als Hauptfach.

Die Neuropsychologie wurde eines seiner Spezialgebiete, noch heute ist Guttmann stolz darauf, damit eine ganz neue Blickrichtung in seinem Fach initiiert zu haben, wie er im Gespräch mit der APA erklärte.
Nachfolger von Hubert Rohracher
Schon während seiner Studienzeit wurde Guttmann am Institut für Psychologie angestellt. Nach Promotion und Habilitation kam 1968 die Berufung auf das Extraordinariat für "Experimentelle und Angewandte Psychologie".

1973 folgte er Hubert Rohracher als Ordinarius für "Allgemeine und Experimentelle Psychologie" nach - es war übrigens der erste "echte" Psychologie-Lehrstuhl, denn sein Lehrer Rohracher war noch Ordinarius für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Psychologie.
Modell "Lernen unter Selbstkontrolle"
Die Anwendung seiner Arbeit war Guttmann immer sehr wichtig, vor allem im Schulbereich. So hat er das Modell "Lernen unter Selbstkontrolle" entwickelt, in dem gezielt Entspannungstechniken eingesetzt werden.

Dieser Schwerpunkt ging von der Erkenntnis aus, dass im Gehirn "lernbereite Zustände" auftreten.

Darauf aufbauend entwickelte Guttmann ein Unterrichtsprogramm, bei dem durch gezieltes Herbeiführen von "lernbereiten Zuständen" eine Optimierung der Einprägung und der langfristigen Stoffsicherung erzielt werden kann.
Ergopsychometrie
Das von ihm gegründete Ludwig Boltzmann-Institut für Lernforschung wandte sich im Laufe der Jahre thematisch in Richtung "Sportpsychologie und Freizeitpädagogik".

Im Rahmen dieses Schwerpunkts entwickelte Guttmann Stress-Prophylaxe-Programme und führte Studien an so genannten "Trainingsweltmeistern" durch.

Durch Untersuchungen dieser Menschen, die beim Training Höchstleistungen bringen, unter Druck aber versagen, konnte Guttmann ein Verfahren, die so genannte Ergopsychometrie, entwickeln, mit der sich verlässliche Vorhersagen über den Reaktionstyp erzielen lassen.

Die Methode eignet sich sowohl für die Berufseignungs-Diagnostik als auch für Schüler. Eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens kommt auch bei der Pilotenauslese und im Sport zum Einsatz.
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Boltzmann-Institut wird 2005 geschlossen
Guttmanns Boltzmann-Institut wird übrigens im Zuge der großen Reform der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft 2005 auslaufen. "Ich habe dem konsensual zugestimmt, weil ich dem Wunsch, den ich für legitim halte, eine kritische Masse aufzubauen, nicht nachkommen kann", so Guttmann.
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"Vernichtungsdekan" der Philosophischen Fakultät
1975 wurde Guttmann Dekan der Philosophischen Fakultät der Uni Wien - und damit deren "Vernichtungsdekan", wie er sich selbst bezeichnet.

Denn im Zuge der Uni-Reform '75 wurde die Philosophie in die Geistes-, die Natur- und die Grund- und Integrativwissenschaftliche Fakultät aufgespalten. Eine Situation, die der aktuellen Lage an der Uni Wien mit ihrer neuen Organisationsstruktur ähnelt.

Dass im Zuge dieser Reform nun eine eigene Fakultät für Psychologie geschaffen wurde, begeistert den im Jahr 2002 emeritierten Professor nicht: "Ich sehe hier die Gefahr einer gewissen Isolation für das so stark multidisziplinär vernetzte Fach."
Kritik an universitärer Ökonomisierung
Für Guttmann, der kommendes Jahr ein halbes Jahrhundert an der Universität ist und noch in die alte Ordinarien-Universität berufen wurde, ist die jüngste Uni-Reform "in ihrer Dramatik mit keiner der vorherigen vergleichbar".

Es werde davon abhängen, wie die Universitäten den Ball, der ihnen damit zugespielt wurde, aufnehmen und weiterspielen. Kritisch sieht er die starke Ökonomisierung sowie die Erstarrung der Studienpläne und die daraus resultierende zunehmende Verschulung des Studiums.
Zahlreiche akademische Funktionen
Guttmanns zahlreiche Mitgliedschaften und Funktionen spiegeln sein reichhaltiges wissenschaftliches und akademisches Leben wider:

Er ist wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Präsident der Gesellschaft für Wissenschaftliche Hypnose, Gründungsrektor der Universität für Humanwissenschaften im Fürstentum Liechtenstein und Ko-Gründer der Gesellschaft für Verhaltenstherapie.

Zudem ist er Vorstandsmitglied des Viktor Frankl-Instituts, haben ihn doch Zeit seiner Laufbahn nicht nur das Interesse an der Arbeit Frankls, sondern auch gemeinsame Hobbys wie das Klettern mit dem "väterlichen Freund" verbunden.
->   Website von Giselher Guttmann (Uni Wien)
 
 
 
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01.01.2010