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Meditation verändert Gehirnströme  
  Meditation verändert nicht nur die subjektive Erlebniswelt, sie führt auch zu physiologisch messbaren Effekten. US-Forscher haben nun herausgefunden, dass Buddhisten während der Meditation einzigartige Erregungsmuster im Gehirn ausbilden.  
Wie Antoine Lutz und Kollegen vom Keck Laboratory for Functional Brain Imaging in Madison berichten, handelt es sich dabei um per EEG feststellbare Gammawellen mit ungewöhnlich großer Amplitude. Die Daten weisen überdies darauf hin, dass mentales Training dieser Art zu Langzeiteffekten im Gehirn führt, die auch im Normalzustand nachweisbar sind.
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Die Studie "Long-term meditators self-induce high-amplitude gamma synchrony during mental practice" von Antoine Lutz et al. erscheint demnächst als "Early Edition" auf der Website des Fachjournals "Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA" (DOI:10.1073_pnas.0407401101).
->   PNAS
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Meditation - von Beten bis Zen
Die Meditation ist ein Verfahren zur Veränderung von Bewusstseinszuständen, das in ganz unterschiedlichen Kulturkreisen entwickelt wurde. Grundsätzlich denkt man in diesem Zusammenhang vor allem an die asiatischen Traditionen des Yoga sowie des Zen. Aber auch dem Rosenkranzbeten der Christen wird eine gewisse meditative Wirkung zugeschrieben.

Unbestritten ist jedenfalls, dass diese Techniken zu einer Entfernung vom Alltagsbewusstsein führen und - im Idealfall - in einen neuen Zustand des Denkens münden. Im Zen zeichnet sich der angestrebte Zustand etwa durch eine "wache Form der Versunkenheit" aus, bei der das Bewusstsein von äußeren Reizen, Bildern und Gedanken befreit wird.
Studien weisen medizinische Effekte nach
Eine Reihe von Untersuchungen zeigt indessen, dass die Effekte der Meditation nicht auf die subjektive Empfindungswelt beschränkt bleiben. Die ihr zugeschriebenen Wirkungen sind zwar vielfältig, doch allesamt positiv.

Eine kleine Auswahl: Meditation mildere die Symptome chronischer Krankheiten, reduziere Stress, senke den Blutdruck und verbessere Schlaf und Immunfunktionen, so die Ergebnisse von Studien aus den letzten fünf Jahren.
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"Gesund-Beten"
Ein typischer - wenn auch nicht unumstrittener - Vertreter dieser Art von Unteruchungen ist etwa der Artikel "Effect of rosary prayer and yoga mantras on autonomic cardiovascular rhythms: comparative study" von Luciano Bernardi aus dem "British Medical Journal" (Bd. 323, S. 1446), in dem gezeigt wurde, dass Yoga-Mantras und Rosenkranzbeten die Atmung verlangsamen, was wiederum dem Herz-Kreislaufsystem zugute kommen soll.
->   Zum Originalartikel
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Gehirn von Buddhisten untersucht
Relativ wenig war bis dato über die neurologischen Wirkungen der Meditation bekannt, eine Wissenslücke, die nun von Antoine Lutz und Mitarbeitern von der University of Wisconsin geschlossen wurde.

Sie untersuchten acht Personen, die schon seit Jahrzehnten Meditation nach der Tibetanischen Nyingmapa- und Kagyupa-Tradition betreiben und im Laufe ihres Lebens zwischen 10.000 und 50.000 Meditationsstunden absolviert haben.

Als Kontrollgruppe dienten zehn Studenten, die keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet vorzuweisen hatten.
"Objektlose Meditation"
Dabei konzentrierten sich Lutz und Kollegen auf die so genannte objektlose Meditationen, bei der man sich nicht auf konkrete Objekte oder Personen bezieht, sondern sich in einem Zustand der "bedingungslosen Bereitschaft, anderen Lebewesen zu helfen", befindet.

Dieser Zustand wird von praktizierenden Buddhisten auch als "reines" oder "bezugsfreies Mitgefühl" bezeichnet (dmigs med snying rje im Tibetischen).
Besondere EEG-Muster
Die US-amerikanischen Forscher fanden heraus, dass diese Art von Meditation Erregungswellen im Gehirn hervorruft, die per Elektroencephalogramm (EEG) nachweisbar sind.

Dabei handelt es sich um so genannte Gammaband-Oszillationen, d.h. rhythmische Potentialschwankungen mit einer Frequenz von 25 bis 42 Hz.

Wie die Autoren in ihrer Arbeit betonen, ist die in der Gruppe der Buddhisten gemessene Wellenamplitude die höchste, die jemals in der einschlägigen Literatur in nicht-pathologischem Kontext veröffentlicht wurde.

Diese Muster gingen zudem mit einer synchronen Aktivität von Nervenzellpopulationen einher, die nach Ansicht der Forscher den Zustand der Aufmerksamkeit sowie affektbeladene Prozesse repräsentieren.
->   Mehr zum EEG bei netdoktor.at
Langzeitwirkungen im Gehirn
Interessant ist, dass sich die EEG-Muster der Buddhisten von der Kontrollgruppe nicht nur während der Phase der Meditation, sondern auch vor der selben unterschieden.

Das lässt den Schluss zu, dass meditative Zustände grundsätzlich trainierbar sind und nach jahrelanger Praxis zu neurologischen Veränderungen führen. Worin diese Veränderungen im Konreten bestehen - und ob sich diese auch auf zellulärem Niveau manifestieren könnten -, lassen die US-Forscher in ihrer Studie allerdings offen.

Robert Czepel, science.ORF.at, 10.11.04
->   Keck Laboratory for Functional Brain Imaging
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Religion und Gesundheit (29.3.02)
->   Wie das Gehirn beim Meditieren arbeitet (1.3.04)
->   Wohlbefinden durch Gebet und Meditation (24.12.04)
 
 
 
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01.01.2010