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Schlaganfall-Versorgung: Probleme in Vorarlberg  
  Rund 20.000 Menschen erleiden in Österreich pro Jahr einen Schlaganfall. Bei der Akutversorgung liegt man im europäischen Vergleich sehr gut - nur in Vorarlberg ist dies nicht der Fall.  
Dort gibt es weder spezialisierte Behandlungseinheiten (Stroke Units) noch mit Restösterreich vergleichbare Daten, erklärten Experten am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Jeder vierte Mann, jede fünfte Frau betroffen
"Jeder vierte Mann und jede fünfte Frau im Alter bis 85 ist von einem Schlaganfall betroffen. Es sind aber auch jedes Jahr noch rund 5.000 Berufstätige. 31 Prozent der Schlaganfallpatienten benötigen später allgemeine Hilfe, 20 Prozent Hilfe beim Gehen, 16 Prozent müssen gar institutionalisiert werden (Pflegeheim etc.)", sagte Franz Fazekas von der neurologischen Universitätsklinik in Graz.
"Time is brain": Zeitfenster 90 Minuten
Beim Schlaganfall - zu 85 Prozent bedingt durch einen Gefäßverschluss in Folge eines Thrombus - kommt es auf jede Minute an. Im Spital kann nämlich das Blutgerinnsel durch Medikamente wieder aufgelöst werden. Das gelingt am besten innerhalb eines Zeitfensters von 90 Minuten ab Beginn der Symptome.

Wilfried Lang von Krankenhaus Barmherzige Brüder in Wien: "Time is brain. Wenn diese Thrombolyse-Therapie binnen 90 Minuten geschieht, ist der Erfolg am größten. Nach viereinhalb Stunden ist ein Nutzen nicht mehr nachweisbar. Unbehandelt haben bleiben nur 26 Prozent der Patienten ohne Langzeitschäden, mit Behandlung hingegen 39 Prozent."

 
Grafik Bild: APA, Quelle: Österr. Schlaganfallfonds/Uni Wien/ST.AT.

"Stroke Units" in ganz Österreich
Um Schnelligkeit und Qualität der Schlaganfallbehandlung zu erhöhen, wurden ab Mitte der Neunziger Jahr in ganz Österreich spezialisierte "Stroke Units" eingerichtet. Sie sollen am besten binnen 45 Minuten erreichbar sein. Bisher gibt es 30, im Endausbau sollen es 40 werden.

Lang: "Im Jahr 2002 kamen in Österreich 34 Prozent der Schlaganfallpatienten in eine 'Stroke Unit', im Jahr 2006 waren es 56 Prozent." 2003 erfolgte die Einlieferung bei 34 Prozent der Betroffenen innerhalb von 90 Minuten, im Jahr 2006 war das bereits bei 44 Prozent der Fall.

Während 2003 erst fünf Prozent der Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall (Blutgerinnsel im Gehirn, Anm.) eine Thrombolyse erhielten, erfolgte dies im Jahr 2006 bei zehn Prozent. Mittlerweile dürfte Österreich in Europa an zweiter Stelle liegen, es gibt einen nationalen Datenvergleich über das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG).
Problemfall Vorarlberg
Doch ein österreichisches Bundesland scherte aus dieser Entwicklung aus. Während die Erreichbarkeit einer "Stroke Unit" fast in ganz Österreich bei weniger als 45 bis höchstens 60 Minuten liegt, beträgt dieser Zeitraum in Vorarlberg laut ÖBIG fast durchwegs mehr als 90 Minuten. Das benachbarte Tirol schneidet hier wesentlich besser ab.

Fazekas, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie: "Vorarlberg trägt diese gesamtösterreichische Initiative nicht mit. (...) Es gibt in Vorarlberg keine 'Stroke Unit'. Es gibt in Vorarlberg keine Dokumentation."

Dort würden die Internisten weiterhin glauben, auch Fachleute für die Schlaganfallbehandlung zu sein. Die mangelnde Teilnahme an dem österreichweiten Datenvergleich verhindert auch eine Bewertung der Qualität der Versorgung.

[science.ORF.at/APA, 22.1.07]
->   Österreichische Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung
->   Ö1 Radiodoktor über Schlaganfall
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Schlaganfall
 
 
 
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01.01.2010