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Giftstoffe in Euro-Scheinen gefunden  
  Nachdem zunächst Nickel-Allergiker durch die Meldung vom hohen Nickel-Gehalt der Münzen aufgeschreckt wurden, sind nun alle betroffen: Die roten 10-Euro-Scheine sollen laut einer Studie hochgiftige zinnorganische Verbindungen enthalten. Bei Schnecken und Fischen verursachen diese Gifte Hormonstörungen, welche Auswirkungen sie auf Menschen haben, ist laut Experten allerdings noch nicht klar. Mit akuten Schäden durch die Scheine sei jedoch nicht zu rechnen.  
Das deutsche Verbrauchermagazin ¿Öko-Test¿ veröffentlichte eine Studie, nach der die roten 10-Euro-Geldscheine das hochgiftige TBT enthalten. TBT ist eine zinnorganische Verbindung, die bei Tieren nachweisbar Hormonstörungen verursacht.
740 Mikrogramm pro Kilo gefunden
Laut Öko-Test fanden die Tester insgesamt 740 Mikrogramm zinnorganische Verbindungen pro Kilogramm der neuen rötlichen 10 Euro-Geldscheine.

TBT, Tributylzinn ist der bekannteste Schadstoff. Er soll neben anderen zinnorganischen Verbindungen wie Mono- und Dibutylzinn sowie Monooktylzinn die Farbe in den Scheinen stabilisieren, damit sie nicht verblassen.
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Andere Scheine nicht getestet
Andere Scheine wurden nicht auf schädliche Inhaltsstoffe getestet, dafür allerdings einmal mehr die Euro-Münzen: Der Nickelgehalt der 1- und 2-Euro-Münzen liegt nicht nur besonders hoch, wie das Magazin schreibt, geben die Münzen auch besonders viel davon ab: "Das von uns beauftragte Labor maß 50 mal mehr als das Gesetz für Modeschmuck erlaubt. [... ] Würde es sich bei den Münzen also um Modeschmuck handeln, müssten die Überwachungsbehörden sie aus den Bankschaltern und Supermarkt-Kassen räumen."
->   Homepage Öko-Test
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Hormonstörungen bei Schnecken und Fischen
"Wir haben Untersuchungen gemacht und wissen daher, dass TBT ein starkes Gift ist", erklärt etwa Dietrich Klingmüller vom Institut für Klinische Biochemie/Abteilung Endokrinologie des Universiätsklinikums Bonn.

TBT ist als problematischer Stoff bekannt, weil er früher in fast allen Schiffsanstrichen verwendet wurde. Dort wurde er teilweise verboten, nachdem er sich im Wasser freigesetzt und zu Hormonstörungen bei Schnecken geführt hatte. "Die Tiere vermännlichten", wie Klingmüller erläutert.
Hormongift für den Menschen?
"Studien zeigten deutlich, daß TBT bei Schnecken und Fischen als Hormongift wirkt. Die Frage ist, inwieweit das Hormonsystem des Menschen auch betroffen werden kann", meint der Bonner Experte.

Die Forschung kann derzeit nur spekulieren. Klingmüller hat im Reagenzglas Untersuchungen gemacht, die zeigen, dass bestimmte Stoffwechselwege auch beim Menschen gestört werden können.
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Tributylzinn (TBT)
TBT und seine Abbauprodukte Di- und Monobutylzinn sind Zellgifte. TBT greift schon in geringen Mengen in den Hormonhaushalt kleiner Tiere ein, nachgewiesen z. B. bei Meeresschnecken und Fische. Es kommt zur Unfruchtbarkeit durch die Blockierung der Östrogen- und einer Erhöhung der Testosteronproduktion.

Bei Menschen werden folgende Gesundheitsschäden, je nach Quelle unterschiedlich, als möglich angesehen: TBT schädigt das Immunsystem, hauptsächlich die Abwehrreaktion der Immunzellen. Bei einer langanhaltenden chronischen Exposition kann es zu schweren Stoffwechselstörungen, Muskelschwäche, Ödemen im Gehirn und Rückenmark, Leber- und Nierenschädigungen sowie zu Dickdarmentzündungen epileptische Anfälle, Lähmung der Extremitäten, Depression, verlangsamte Herztätigkeit, unregelmäßige Atmung, Lungenentzündung, Bronchitis, Kollapsneigung, Bewusstlosigkeit und Hautreaktionen kommen.
->   Mehr Informationen zu TBT
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Langzeit-Studie soll Auswirkungen auf Menschen untersuchen
Untersuchungen am lebenden Menschen gibt es noch nicht. Derzeit startet der Bonner Forscher allerdings eine großangelegte Langzeit-Studie, die die Auswirkungen von TBT auf den Menschen untersuchen soll.

Das Gift kommt zum Beispiel auch am Bau in Kabeln und in Plastik vor. Arbeiter, die dem Gift lange ausgesetzt waren, sollen untersucht werden. Ergebnisse werden allerdings erst in ein paar Jahren vorliegen.
Keine akuten Schäden zu erwarten
"Ein derartiges Gift hat in Geldscheinen nichts zu suchen", meint der Experte. "Aber die Mengen sind so gering, dass nicht mit akuten Schäden zu rechnen ist".

Klingmüller kann sich jedoch nicht erklären, warum ein Stoff, der verboten wurde, ausgerechnet in einem Gegenstand, den man jeden Tag angreifen wird, Verwendung findet.

Noch weiß man nicht, ob TBT über Berührung und die Hand aufgenommen werden kann. "Das ist alles noch sehr spekulativ, aber es gibt Hinweise dafür", meint Klingmüller. Angst vor akuten Störungen durch die Geldscheine müsse man aber nicht haben, wie Klingmüller noch einmal betont.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   "Öko-Test": Giftiger Euro
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01.01.2010