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Stammzellen aus Nabelschnurblut  
  Mittlerweile bieten in Österreich bereits drei Firmen die Konservierung von Nabelschnurblut an, und werben zum Teil äußerst aggressiv dafür. Das hat nun zu heftigen Reaktionen bei Gesundheitspolitikern und Ärzten geführt.  
"Werdenden Müttern werden Versprechungen gemacht, die noch in den Sternen stehen," sagt Prof. Heinz Ludwig, Blutkrebsspezialist am Wiener AKH. So werde versprochen, dass mit den eingefrorenen Blutstammzellen später auftretende Krankheiten, wie z. B Leukämie, Rheuma, Multiple Sklerose oder Parkinson, behandelt werden könnten.

Außerdem werde, laut Ludwig, der Eindruck erweckt, dass sich aus diesen Zellen im Bedarfsfall Gewebe nachzüchten lassen würde, wie z. B.Gefäße oder Herzmuskelzellen nach einem Herzinfarkt.

Diese Versprechungen seien spekulativ, weil bisher keine einziger klinischer Beweis dafür erbracht werden konnte, meint Ludwig.
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Was sind Blutstammzellen?
Blutstammzellen sind frühe, unreife Zellen, die bei jedem Menschen wichtige Bestandteile des Knochenmarks darstellen. Blutstammzellen können zeitlebens aus dem Knochenmark und selbst aus dem peripheren Blut gewonnen werden. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen können diese Zellen auch andere Gewebe, z.B. Muskel und Nervenzellen, nachbilden.
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Medizinisch fragwürdig
"Außerdem ist nicht geklärt, wie lange die, in flüssigem Stickstoff konservierten, Stammzellen überleben, wie viele der Stammzellen beim Auffrieren zugrunde gehen usw.," sagt Ludwig.

Ein weiterer Einwand aus medizinischer Sicht: die Menge, die sich aus dem Nabelschnurblut gewinnen lässt, reicht höchstens für Patienten mit weniger als 50kg - für Erwachsene daher nicht geeignet, die Logistik für jahrelange Lagerung ist teuer und bis jetzt nicht gesichert.
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Geschäfte mit Nabelschnurblut
Die ersten fünf Jahre der Lagerung des Nabelschnurblutes kosten 1.454 Euro (20.000 ATS), für jedes weitere Jahr muss dann zusätzlich bezahlt werden.
Ob sich die Investition aber auszahlt ist fraglich, so ging erst kürzlich eine Wiener Blutbank in Konkurs. Die eingelagerten Eigenblut-Konserven scheinen verloren.
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Erfüllung der Erwartungen höchst fraglich
Die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut haben nach Hildegard Greinix, Hämatologin am AKH Wien, nicht mehr Potenz als Stammzellen aus dem Knochenmark.

"Wenn ich mir heute ein Auto kaufe, so kann ich mich als Konsument darauf verlassen, dass gehalten wird was versprochen wurde. Bei den Stammzellen werde etwas versprochen, von dem heute keiner weiß, ob die Erwartungen erfüllt werden können," ergänzt Ludwig.
Provision für Werber
Als unseriös bezeichnet die Ärztin und Gesundheitspolitikerin Elisabeth Pittermann die Tatsache, dass die Firma "Provisionen" an jene bezahlen, die Frauen zum Einfrieren des Nabelschnurblutes überreden.
Informationen für Verunsicherte
Für die zunehmend, verunsicherten Mütter, die eine Entscheidungshilfe suchen, ob sie diese "Chance der Gesundheitsvorsorge" nützen sollen, haben das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen und das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) auf ihren home-pages aktuelle Informationen zum Thema Konservierung von Nabelschnurblut.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft
->   Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen
->   Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen
 
 
 
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01.01.2010