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Nobelpreisträger Max Perutz gestorben  
  Im Alter von 87 Jahren ist in Cambridge der Nobelpreisträger Max Perutz, ein gebürtiger Wiener, gestorben. Perutz wurde 1962 zusammen mit seinem Kollegen John Kendrew für seine Arbeiten zur Bestimmung der Struktur des Blutfarbstoffs (Hämoglobin) mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt.  
Der heutige Stand der Molekularbiologie wäre ohne Max Ferdinand Perutz undenkbar. Durch seine Entschlüsselung der räumlichen Struktur des Blutfarbstoffes Hämoglobin bahnte Perutz dem tieferen Verständnis der Leben konstituierenden und lebenserhaltenden Mechanismen auf molekularer Ebene den Weg.
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Biografisches
Perutz wurde am 14. Mai 1914 in Wien als Sohn einer Familie von Textilindustriellen geboren, verließ allerdings 1936 Österreich und wanderte nach England aus. Seit 1943 besaß er die englische Staatsbürgerschaft. Der Biochemiker erlag in Cambridge einem Krebsleiden, wie seine Mitarbeiter in der Nacht zum Donnerstag mitteilten.
->   www.nobel.se: Biografie Max Perutz (engl.)
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Biochemiker und Humanist
Bild: APA
Max Perutz 1998
Zugleich behielt der Chemie-Nobelpreisträger des Jahres 1962 stets einen wachen Blick für die grundsätzlichen Probleme der menschlichen Existenz.

"Von vielen Dingen wissen wir nicht genug, und manche Fragen werden wir nie lösen können; aber was wir wissen, sollten wir nutzen, um das Los der Menschen zu verbessern", meinte Perutz vor Jahren in einem Gespräch mit der APA anlässlich seines 80. Geburtstages.
Studium der Chemie in Wien
Der spätere Gründer und - bis 1979 - Direktor des Institutes für Molekularbiologie des Medical Research Council (MRC) in Cambridge hat nach der Matura am Wiener Theresianum ab 1932 an der Universität Wien Chemie studiert.

Sein Lehrer Fritz von Wessely machte Perutz auf die Arbeiten an Enzymen und Vitaminen aufmerksam, die damals am Biochemischen Institut der Universität Cambridge stattfanden.
Kein "klassischer" politisch motivierter Emigrant
"Ich habe darauf beschlossen, in Cambridge zu dissertieren, weil ich über die biologischen Anwendungen der Chemie etwas lernen wollte", so Perutz, der sich nicht im eigentlichen Sinne zu den politisch motivierten Emigranten zählte.

Auf Vermittlung des renommierten Wiener Professors für physikalische Chemie, Hermann Mark, stieß der damals 22-jährige Forscher zu dem Team um John Desmond Bernal, dem Leiter der Abteilung für Röntgenkristallographie im Cavendish Laboratory in Cambridge.
Lebensaufgabe: Entschlüsselung der Proteine
Auf der Suche nach einem fesselnden Problem stieß Perutz auf die Frage nach dem räumlichen Aufbau von Proteinen, die er zu seiner Lebensaufgabe machen sollte.
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Eine der "ganz großen Fragen der Wissenschaft"
Die Entschlüsselung der räumlichen Struktur von Proteinen war damals eine der "ganz großen Fragen der Wissenschaft", nachdem bekannt war, dass Enzyme alle chemischen Reaktionen im menschlichen Körper regulieren und alle Enzyme aus Proteinen bestehen.

Man wusste zwar, dass Proteine aus Aminosäuren aufgebaut sind, die sich zu langen Ketten verbunden haben, konnte aber nichts über den dreidimensionalen Aufbau sagen. Da außerdem damals viele Gelehrte in der Erbsubstanz DNA (Desoxyribonukleinsäure) lediglich ein Gerüst sahen, das die eigentlichen Träger der Erbinformationen stützte, nämlich Proteine, gewann dieses Forschungsfeld zusätzlich an Dynamik.
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Das Hämoglobinmolekül - eine "unlösbare" Aufgabe
Perutz widmete sich dem Hämoglobinmolekül, das aus mehr als 10.000 Atomen besteht - und damit einer zu dieser Zeit von vielen Wissenschaftern für unlösbar gehaltenen Aufgabe.

Aber dem jungen Wissenschaftler gelang es in jahrelanger Mühe, durch den Einbau von schweren Quecksilberatomen in die Gitter kristallisierten Hämoglobins 1958 brauchbare Röntgenkristallografien zu erstellen.

1970 gelang es ihm, auch die Funktionsweise des Blutfarbstoffes aufzuklären. Außerdem stellte Perutz zu seiner Überraschung fest, dass die Hämoglobinstruktur zu einem ersten Verständnis von Erbkrankheiten auf molekularer Ebene führen konnte.

 
Bild: APA

Max Perutz 1995 bei einem Vortrag
Ein Organisator der Forschung
Neben seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit kümmerte sich Perutz intensiv um die Organisation der Forschung: Als aus der von ihm 1947 gemeinsam mit John Kendrew - mit dem er später den Nobelpreis teilte - molekularbiologischen Forschungsgruppe das MRC geworden war, arbeiteten dort unter der Leitung von Perutz insgesamt sechs Nobelpreisträger.

Darunter befanden sich Francis Crick und James Watson, die Entdecker der berühmten "Doppelhelix" der DNA, sowie Georges Köhler, der Erfinder der monoklonalen Antikörper.
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Max Perutz im Programm Österreich 1
Die Sendereihe "Dimensionen" bringt heute Abend ein Porträt des Nobelpreisträgers: "Ein Leben für die Wissenschaft. In memoriam Max Perutz". 19.00 Uhr, Österreich 1.
->   Radio Österreich 1
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01.01.2010