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Stammen die Europäer von den Basken ab?  
  Die Geschichte der heutigen Europäer hat nach neuen Forschungsergebnissen Wurzeln im Baskenland und ist weit älter, als bislang angenommen. Mindestens drei Viertel der Europäer gehen demnach direkt auf Urahnen zurück, die schon in der Eiszeit auf dem Kontinent lebten, also vor mindestens 20.000 Jahren.  
Diese Ergebnisse genetischer Studien stellt Peter Forster vom Institut für Archäologische Forschung der Universität Cambridge in England in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift "Spektrum der Wissenschaft" vor.
Einwanderer aus Asien ...
Bisher vermuteten Vorgeschichtsforscher, dass ein Großteil der heutigen Europäer von Einwanderern - lange nach der letzten Eiszeit in Europa - abstammen.

Mit dem Ackerbau und den indoeuropäischen Sprachen, so die These, seien vor etwa 7.000 Jahren größere Menschengruppen aus Zentralasien oder dem Nahen Osten gekommen, die fortan die Mehrheit der Bevölkerung bildeten.
... oder Verwandtschaft mit den Basken?
Die neuen Studien lassen den Angaben zufolge jedoch mehrere große genetische Linien erkennen, die auf eine enge Verwandtschaft mit den Basken hinweisen. Die ermittelten Stammbäume deuten an, dass die Verbreitung dieser Linien ihren Ursprung am Ende der letzten Eiszeit offenbar in Nordspanien und Südwestfrankreich hatte.

In diesen Untersuchungen verglichen die Forscher genetische Mutationen an Teilen der Erbsubstanz, die nur von der Mutter weitergegeben wird. Zumindest in der weiblichen Linie stammten die Basken demnach - wie die übrigen Europäer - von den gleichen Vorfahren aus Südwesteuropa ab.

Bisher vermutete man in den Basken ein Randvolk, das sich während der vergangenen Jahrtausende vor den übermächtigen neuen Bevölkerungsgruppen in die Pyrenäen zurückzog. Nach den neuen Befunden ergibt sich jedoch ein anderes Bild.
Mitochondrien als "Beweis"
Die Wissenschaftler untersuchten die so genannten Mitochondrien. Das Interessante an diesen ist, dass bei der Fortpflanzung bzw. Befruchtung einer Eizelle lediglich die mütterlichen Mitochondrien weiter gegeben werden. Nur sie beginnen sich in der Eizelle zu teilen. Die des Vaters dagegen müssen "draußen bleiben".

Dabei werden aber auch genau die 37 Gene unverändert weitergegeben, die sich auf den Mitochondrien befinden. Sie besitzen ein eigenes Genom (das so genannte mtDNA). Somit findet sich hier die genuine mtDNA-Information der mütterlichen Linie eines Menschen - und zwar ungebrochen über alle Generationen hinweg.
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Mitochondrien-Analyse: Die Menschheit hat 33 Urmütter
Der Methode der Mitochondrien-Analyse bedient sich auch der britische Humangenetiker Bryan Sykes von der Universität Oxford. Damit hat Sykes im vergangenen Jahr die 33 "Urmütter" der Menschheit - für Europa wurden sieben Urmütter ermittelt, die der Humangenetiker auch gleich mit Namen und Lebenslauf ausgestattet hat. Nach Sykes heißen unsere europäischen Urahninnen nun Tara, Helena, Katrine, Ursula, Valda, Xenia und Jasmine. Diese Frauen sollen für ganze 99 Prozent der Europäer den genealogischen Ursprung darstellen.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Sprachforscher unterstützen neue These
Linguist Theo Vennemann von der Universität München berichtet in derselben Ausgabe von einer dazu passenden Theorie, nach der in unzähligen unserer Namen für Siedlungen, Flüsse oder Landschaften mit dem Baskischen verwandte Wörter stecken.

Zum Beispiel bedeute das baskische Element "iz" so viel wie "Wasser, Gewässer". Es kommt in mehr als 200 Gewässernamen vor, vom Iselfjorden in Norwegen bis zur Isa in Italien. Ähnlich weit verbreitet ist das Element ibar (,Fluss'). Von ihm leiten sich vermutlich zahlreiche Ortsnamen wie Ibarolle in Frankreich oder Ebersberg in Oberbayern her.

Baskisch ur heisst ,Wasser', ura ,das Gewässer, der Bach'. Aran wiederum bedeutet ,Tal'. So gibt es in Norwegen den Ort Arendal, in England ein Arundel, in Deutschland beispielsweise Arnach, Arnsberg, Arensburg.
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Die baskische Sprache: Euskera
Das Gebiet der baskischen Kultur und Sprache ist zwischen Spanien und Frankreich aufgeteilt. Das Baskischen (Euskera bzw. Euskara genannt) gehört nicht zur indogermanischen Sprachfamilie und gilt als die älteste lebende Sprache Europas. Euskera wurde Jahrhunderte lang mündlich überliefert, erste schriftliche Überlieferungen stammen aus dem 12. Jahrhundert, erst im 16. Jahrhundert entstand eine spärliche literarische Tradition.

Bis 1979 hatte das Baskische in Spanien allerdings weder einen gesetzlichen Status noch Entfaltungsmöglichkeiten. Die Mehrheit der Basken, rund 70 Prozent, spricht gar nicht Baskisch, schätzungsweise 0,5 Prozent sprechen nur Baskisch, rund 15 Prozent verstehen es. Ausgeprägt ist die Zersplitterung in Dialekte. Unter Franco wurde die baskische Sprache verboten. Erst mit der Demokratisierung Spaniens und dem Autonomiestatut von 1979 ließ sich der Zerfall bremsen.
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"Vaskonisch" als europäische Ursprache
Die Römer nannten die vor zweitausend Jahren noch weiter als heute verbreiteten Basken Vaskonen. In Anlehnung hieran nennt Vennemann die Sprache, aus der viele unserer Ortsnamen stammen, Vaskonisch.

Er hält dies für die europäische Ursprache nach der Eiszeit. Sie wurde zwar später vom Indogermanischen abgelöst, doch haben sich einige ihrer Elemente in den indogermanischen Sprachen erhalten. So könnte das Wort 'Käse' ein Lehnwort aus dem baskischen sein.
->   Spektrum der Wissenschaft
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
Der Entdeckungen menschlicher Fossilien im nordspanischen Atapuerca führte zu einer Neubewertung der Abstammung des Menschen, insbesondere der ersten Europäer. Aus der Analyse jener Funde und Ergebnisse entstand ein neues Evolutionsmodell, dass die Rätsel unserers Ursprunges klären will.
->   science.ORF.at: Alle drei Artikel über die Ausgrabungen in Atapuerca
 
 
 
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01.01.2010