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Nervennetz für Streicheleinheiten entdeckt  
  Streicheleinheiten tun uns allen gut. Warum das - rein physiologisch - so ist, haben nun schwedische Wissenschaftler herausgefunden. Ihnen zufolge gibt es ein eigenes Nervennetz für Streicheln, das Impulse mit der vergleichsweise geringen Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde leitet - und im Gehirn wohlige Gefühle auslöst.  
Die Funktion dieses Nervennetzes - zusammengesetzt aus so genannten C-taktilen Fasern (CT) - war bisher unbekannt. Dies berichten der schwedische Forscher Hakan Olausson von der Abteilung für klinische Neurophysiologie der Sahlgrenska Universität (Schweden) und Kollegen in der neuesten Ausgabe von "Nature Neuroscience".
->   "Nature Neuroscience"
Patientin mit seltenem Leiden
Auf die Schliche kamen die Forscher der Funktion dieses Netzes durch eine Patientin mit einem seltenen Leiden. Bei ihr waren die normalen, schnellen Nervenleitungen für Berührungen defekt, während das CT-Netz funktionierte.

Sie konnte weder Berührung, Kitzeln noch Vibrationen fühlen, dennoch berichtete die Frau über einen "angenehmen Druck", wenn an ihrem Arm langsam mit einem Malerpinsel entlang gestrichen wurde.
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Unterschiedliche Nervenfasern
Nervernfasern werden in Gruppen zusammengefasst, die durch den Querschnittsdurchmesser, die Leitungsgeschwindigkeit und die Schwelle des Reizes sowie die Potentialform charakterisiert sind. So unterscheidet man A-, B- und C-Fasern. Normale Berührungen werden dem Gehirn durch die A-Fasern, so genannte myelinisierte Fasern, gemeldet. Ihre Leitungsgeschwindigkeit: 60 Meter pro Sekunde.

Die nicht-myelinisierten Fasern - eben jene CT-Fasern - bilden ein zweites Netzwerk, dessen Rolle bisher nicht restlos geklärt war. Ihre vergleichsweise bescheidenen Leitungs-Geschwindigkeit beträgt einen Meter pro Sekunde - was sie nicht für schnelle Reaktionen zuständig macht. Offenbar, so mutmaßen Olausson und seine Kollegen, vermitteln diese CT-Fasern die Zusatzinformation ans Gehirn, dass die entsprechende Berührung ungefährlich ist.
->   Mehr über die Einteilung der Nervenfasern
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Netzwerk für angenehme Gefühle
Magnetresonanzuntersuchungen (MRI) im Gehirn zeigten weiters, dass das Streicheln mit dem Pinsel Gehirnareale des cerebralen Cortex anregte, die für emotionale Reaktionen verantwortlich sind

Die Forscher schlossen daraus, dass das CT-Netz für emotionale und hormonale Antworten auf Berührungsstimulation verantwortlich sein könnte. Sie seien gleichsam das Gegenteil der Schmerzrezeptoren und gäben die Information für "nicht-schmerzhafte" Berührungen, so Olausson.
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Magnetresonanzuntersuchungen
Organisches Gewebe enthält viel Wasser und Fett. Diese Stoffe bestehen im Mensch zu etwa zwei Drittel aus Protonen. Setzt man diese einem magnetischen Feld aus, schwingen sie entsprechend der Feldstärke. Diese absorbierte Energie geben sie wieder ab, was man messen kann. Die Signalstärke wird durch jedes Proton leicht variiert. Lässt man ein zusätzliches Magnetfeld einwirken, das in Stärke und Lage variiert wird, lässt sich durch die unterschiedliche Resonanz der Felder pro Ort eine elektromagnetische Strahlung messen. Daraus kann man ein 3D-Bild berechnen.
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Verbunden mit Glückshormonen?
Die Stimulation der CT-Fasern sei wahrscheinlich mit einer Ausschüttung von Glückshormonen - etwa dem Oxytoxin - verbunden, so die Wissenschaftler. Weitere Untersuchungen zeigten, dass das CT-Netz offenbar nur in "haariger Haut" vorhanden ist, es fehlt beispielsweise auf Hand- oder Fußsohlen.
Ausnahme Hand
Olausson spekuliert, dass die Hand deswegen frei von diesen Nervenfasern ist, da sie zu viele verschiedene Aufgaben zu bewältigen hat. Deshalb muss sie besonders sensibel sein und somit über eine höhere Dichte an schnell-leitenden Nervenfasern verfügen.
->   Sahlgrenska University
->   Nerven und Sinne (Biologiekurs)
 
 
 
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01.01.2010