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Spontanheilung: Krebsresistente Mäuse als Erklärung?  
  US-Wissenschaftler haben einen Mäusestamm gezüchtet, der offenbar eine genetische Resistenz gegen Krebs aufweist. Die meisten Nager entwickeln demnach - trotz Injektionen mit besonders aggressiven Krebszellen - keine Tumoren. Besonders interessant: Bei einigen der Tiere kam es zwar zu einer Krebsentwicklung, doch die Wucherungen verschwanden plötzlich. Eine mögliche Erklärung für so genannte Spontanheilungen bei Krebserkrankungen, meinen die Forscher.  
Die Mäuse sind gesund, krebsfrei und habe eine normale Lebensspanne, berichtet das Wissenschaftlerteam im US-Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).
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"Spontaneous regression of advanced cancer"
Der Artikel "Spontaneous regression of advanced cancer: Identification of a unique genetically determined, age-dependent trait in mice" erscheint in der neuen Ausgabe der PNAS vom 29. April 2003.
->   PNAS (Artikel noch nicht online)
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Weiße Blutzellen zerstören den Krebs
Der Studie zufolge bewirkt die Transplantation von Zelllinien verschiedenster Krebsarten bei diesen speziellen Tieren eine massive Infiltration von weißen Blutkörperchen - den Leukozyten, die die Tumorzellen schließlich unschädlich machen.

"Die Zerstörung der Krebszellen durch diese Leukozyten erfolgt schnell und spezifisch - ohne erkennbare Schädigung von normalen Zellen", schreiben die Forscher um Studienleiter Zheng Cui vom Medical Center der Wake Forest University in den PNAS.
Eine Erklärung für "Spontanheilungen"?
Zum einen könnten die Forschungen des US-Wissenschaftlerteams erklären, warum manche Menschen trotz anhaltendem, intensivem Kontakt mit so genannten Karzinogenen - also krebsauslösenden Stoffen - keine Tumore entwickeln.

Und auch ein weiteres medizinisches Rätsel könnte durch die resistenten Mäuse gelöst werden: Seit Jahren suchen Wissenschaftler nach dem Mechanismus, der der so genannten Spontanremission von Krebs zugrunde liegt - der Heilung ohne eine medizinische Behandlung. Der "genetische Schlüssel" könnte nun möglicherweise bei den resistenten Mäusen zu finden sein, meinen die Forscher.

Tatsächlich gilt ein genetischer Hintergrund für die spontanen Rückbildung bei Krebs als äußerst wahrscheinlich, wie Heinz Ludwig, Vorstand der ersten Medizinischen Abteilung mit Onkologie am Wilhelminenspital Wien auf Anfrage gegenüber science.ORF.at erklärte.
Durch Zufall resistente Mäuse
Der von den US-Forschern gezüchtete Mäusestamm entstand mehr oder weniger durch einen glücklichen Zufall: Im Rahmen einer laufenden Krebsstudie injizierten die Forscher Mäusen und Ratten besonders virulente Krebszellen, die in allen Tieren hoch aggressive Tumoren bildeten.

Eine einzige männliche Maus allerdings entwickelte trotz wiederholter Krebszellen-Injektionen zur Überraschung der Wissenschaftler keinen Tumor - nach Ansicht der Forscher dank genetischer Disposition.
Mittlerweile rund 700 resistente Tiere
Das Team züchtete also - ausgehend von dem einen Nager - einen eigenen Mäusestamm, der mittlerweile um die 700 Tiere umfasst. Werden diese krebsresistenten Tiere mit "normalen" Partner gekreuzt, so sind etwa 50 Prozent der Nachkommenschaft ebenfalls resistent.

Ein Zeichen dafür, dass dieser genetische Schutz dominant vererbt wird und wahrscheinlich auf Veränderungen in nur einem Gen beruht, meinen die Mediziner. Die Resistenz wird demnach auch an weitere zukünftige Generationen vererbt.
Spontane Regressionen: Der Krebs verschwindet
Bei den Mäusen konnte zudem - abhängig vom Alter der Nager - eine unterschiedliche Art der Resistenz beobachtet werden. Währen sich vor allem bei jungen Tieren ein Tumor gar nicht entwickelte, zeigten andere wiederum so genannte spontane Remissionen oder Rückbildungen:

Zwar entwickelte sich der Krebs über eine Periode von einigen Wochen, dann jedoch verschwand er extrem rasch - in weniger als 24 Stunden, berichten die Wissenschaftler in den PNAS.
Spontanheilungen aus Expertensicht
Nach Angaben des Wiener Experten Heinz Ludwig kommen Spontanheilungen bei erwachsenen menschlichen Krebspatienten allerdings äußerst selten vor.

Nach Schätzungen komme es bei einem von 500.000 Fällen zu einer solchen Spontanremission. "Bei rund zwei Millionen Krebs-Neuerkrankungen in Europa pro Jahr kommt man vielleicht auf vier Fälle", so Ludwig gegenüber science.ORF.at.

Wie der Experte weiter erklärte, sei Krebs selbst eine Erkrankung mit genetischem Hintergrund, es sei also mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich so, dass auch die Spontanremissionen einen genetischen Hintergrund aufweisen.
Noch sind die Gene nicht gefunden
Noch haben die Wissenschaftler allerdings das oder die entsprechenden Gene bei den Mäusen nicht gefunden. Sie hoffen dennoch, am Mausmodell wichtige Erkenntnisse auch für die Behandlung von Krebserkrankungen beim Menschen zu gewinnen.
->   Wilhelminenspital Wien
->   Wake Forest University Baptist Medical Center
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Krebs heilen durch "positives Denken"?
->   Alles zum Stichwort Krebs im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010