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Mond hat keinen Einfluss auf das Wetter  
  Auch wenn in zahlreichen Untersuchungen versucht wurde, so genannte "lunare Effekte" nachzuweisen, gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg für den Einfluss des Monds auf das irdische Wettergeschehen. Letzteres ist auf das Wechselspiel zwischen Sonne und Erde zurückzuführen.  
Welche Auswirkungen der Mond tatsächlich auf die Erde ausübt, erklärt Astronom Günther Wuchterl für die User von science.ORF.at.
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Die Frage der Woche im Wortlaut:
Thomas P..: "Es wird immer wieder davon gesprochen, die Mondphasen hätten einen Einfluss auf das Wetter. Ein Beispiel dafür: Wahrscheinlicher Wetterumschwung bei Vollmond. Weiters habe ich gelesen, dass bei zunehmender Phase der Mond in der ersten Nachthälfte auftritt, abnehmender Mond ist in der zweiten Nachthälfte zu sehen. Was ist die Erklärung dafür?"
->   Zur Frage der Woche samt User-Forum
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Astrophysikalische Bremswirkung
 
Bild: dpa

Der Wiener Astronom Günther Wuchterl, Vorsitzender des Vereins "Kuffner-Sternwarte", erläutert gegenüber science.ORF.at, "dass der Mond durch seine Gravitationskraft auf der Erde die Gezeiten verursacht.

Interessant dabei ist, dass Ebbe und Flut in den Meeren durch das Auftreffen auf die Küsten die Erdrotation bremsen und so die Tage um etwa eine Sekunde in 1.000 Jahren gegenwärtig verlängern."
Stabilisierung der Rotationsachse
"Prinzipiell stabilisiert der Mond auch die Rotationsachse der Erde, deren Lage ohne seinen Einfluss nicht über so viele 100 Millionen Jahre konstant geblieben wäre.

Dies wiederum hätte natürlich gravierende Konsequenzen auf die Evolution der Erde und des Lebens auf ihr gehabt," so der Astronom weiter.
Starke Gravitationskräfte des Monds
Wuchterl, derzeit am Astrophysikalischen Institut und der Sternwarte der Universität Jena beschäftigt, erklärt wie Gezeiten entstehen:

"Da die Distanz zwischen Erde und Mond viel geringer ist als zwischen Erde und Sonne, sind die Gezeiten erzeugenden Gravitationskräfte des Monds, obwohl er erheblich kleiner ist, mehr als doppelt so stark wie die der Sonne."
Geringe Deformation der Erde
Für den Astronomen ist der Haupteffekt, "dass durch den unterschiedlichen Abstand zwischen Mond und Erde auch die Wirkung der Gravitationskraft des Monds auf der einen Seite der Erde größer ist als auf der anderen.

Somit ergibt sich eine geringe Deformation der Erde, die gleich einem Buckel als Gezeitenwelle um die Erde läuft. Dabei liegen zwischen zwei Anhebungen des Meeresspiegels etwa 12 Stunden und 25 Minuten."
Terrestrische Rahmenbedingungen
"Die Gezeiten sind allerdings stark abhängig von der Beschaffenheit des Meerbodens und der Küsten", weist Günther Wuchterl auch auf die Wichtigkeit der Rahmenbedingungen der Gezeitenentstehung hin.

"Darüber hinaus werden Gezeiten nur erzeugt, wenn sich die Differenzen in den Gravitationskräften kontinuierlich, über längere Zeit und große Flächen aufbauen können.

Außerdem gelingt es in kleineren Gewässern nicht diese Bewegung aufzubauen und zu einer merkbaren Größe anwachsen zu lassen, weil sie von Effekten wie Wind, Strömungen oder Schiffen einfach überlagert wird," so der Experte.
Mondphasen: Bedingt durch Sonne-Mond-Konstellation
 
Bild: dpa

Das Zustandekommen der unterschiedlichen Mondphasen, die wir von der Erde aus sehen können, erklärt der Vorsitzende des Vereins "Kuffner-Sternwarte" gegenüber science.ORF.at so: "Der Mond nimmt jeden Tag einen anderen Winkel zur Sonne ein, während er die Erde in rund 29,5 Tagen einmal umkreist.

Nach diesem so genannten synodischen Monat erreicht der Mond wieder die gleiche Stellung zur Erde. Die Mondphasen zeigen ganz einfach direkt die unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnisse der Mondkugel, abhängig vom Winkel zwischen Sonne und Mond."
Unterschiedliche "Mond-Bilder"
Wie bereits unser Fragesteller Thomas P. vermutet, hält auch der Wiener Astronom fest, "dass durch die natürlichen Bewegungsbahnen von Erde und Mond also bei zunehmender Phase der Mond in der ersten Nachthälfte auftritt, abnehmender Mond hingegen in der zweiten Nachthälfte sichtbar ist.

Bei Neumond steht der Mond zwischen Erde und Sonne und ist somit, vom Licht der Sonne überstrahlt, gemeinsam mit ihr am Tageshimmel. Zum Zeitpunkt des Vollmonds sehen wir dann die der Erde zugewandte und von der Sonne beleuchtete Seite des Monds."
Relikte mittelalterlicher Erklärungsmodelle
Als indirekten Mondeinfluss versteht der Astronom, "dass durch den Gezeitenverlauf Meeresströmungen entstehen oder verändert werden, was wiederum wichtig für die Meeresbiologe ist. Auswirkungen auf das Wetter verursacht durch den Mond sind allerdings keine bekannt, sondern sind Relikte völlig überholter Erklärungsmodelle aus dem Mittelalter."
Wetter: Wechselspiel zwischen Sonne und Erde
"Ein Zusammenhang zwischen Mondphasen und Wettergeschehen auf der Erde ist also absolut nicht gegeben, denn als primärer Antriebsmotor für das Wetter zeichnet das Wechselspiel zwischen Sonne und Erde verantwortlich. Einflüsse des Monds auf die Hochatmosphäre sind theoretisch vielleicht noch vorstellbar, allerdings bis dato nicht nachweisbar beziehungsweise von untergeordnetem wissenschaftlichen Interesse," so Günther Wuchterl.

Christoph Urbanek, 25.4.05
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