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Forschungsreform: FWF befürchtet politischen Durchgriff  
  Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) befürchtet durch die geplanten Reformen im Rahmen des Forschungsförderungs-Strukturreformgesetzes einmal mehr einen "politischen Durchgriff". Präsentiert wurden am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien auch die Ergebnisse der kürzlich abgeschlossenen internationalen Evaluierung des FWF, in denen viel Anerkennung, aber auch Empfehlungen und Anregungen geortet werden.  
FWF-Präsident Georg Wick kritisierte vor allem, dass die sieben Mitglieder des neuen FWF-Aufsichtsrats mehrheitlich von der Regierung bestellt werden können.

Außerdem müsse die Delegiertenversammlung den FWF-Präsidenten aus einem Dreiervorschlag des Aufsichtsrates (AR) wählen. Dies wird vom Fonds als "schwerer Eingriff" in seine Autonomie gewertet.
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Hintergrund: Die Details des Gesetztes
Das Gesetz, das vergangene Woche den Ministerrat passiert hat, sieht vor, dass drei AR-Mitglieder von der FWF-Delegiertenversammlung gewählt werden, zwei vom Infrastruktur- und eines vom Bildungsministerium. Ein weiteres Mitglied wird von den sechs Mitgliedern einvernehmlich bestellt, bei Nichteinigung bestimmt das Infrastrukturressort diesen Aufsichtsrat.
->   Forschungsreform kommt Wirtschaft entgegen (26.5.04)
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Wick befürchtet "handzahmen Präsidenten"
Derzeit wird der FWF-Chef von der aus Uni-Vertretern zusammengesetzten Delegiertenversammlung völlig autonom gewählt, ein Dreiervorschlag eines AR mit politischem Übergewicht werde sicher einen "handzahmen Präsidenten" hervorbringen, kritisierte Wick.
Nicht im Sinne der Fonds-Evaluierung
Dies sei auch nicht im Sinne der kürzlich abgeschlossenen internationalen Evaluierung des FWF, deren Ergebnisse Wick und zwei Evaluatoren am Mittwoch präsentierten. In dem Prüfergebnis ortet Wick viel Anerkennung, aber auch Empfehlungen und Anregungen, die der Fonds ernst nehme.

Wichtig für Wick ist das Lob, dass der FWF sein Kerngeschäft gut mache. Zudem seien die Autonomie des Fonds, die Gleichbehandlung aller Wissenschaftsgebiete, das internationale Peer-Review-Verfahren zur Auswahl der Projekte und die Projektqualität anerkannt worden.
Prüfer bescheinigen zu geringes Budget
Dass die Prüfer dem FWF eine im internationalen Vergleich zu geringe Dotation bescheinigen, ist Wasser auf den Mühlen Wicks.

Er fordert ein Budget von 130 Mio. Euro jährlich (derzeit 100 Mio. Euro), wobei 30 Mio. Euro davon für neue Programme verwendet werden sollten. So sollten im Ausmaß von zehn Prozent der jeweiligen Projektsumme Overheadkosten gefördert werden, die den Unis durch die Abwicklung eines FWF-Projekts entstehen.

Außerdem sei die Förderung von Strukturmaßnahmen zum Aufbau von Forschergruppen, von Translational-Reasearch - der Übersetzung reiner Grundlagenforschung in anwendungsnahes Wissen - und von Projekten mit hohem Risiko notwendig.
Rücksichtnahme auf gesellschaftliche Bedürfnisse
Die Empfehlung der Prüfer, mehr auf gesellschaftliche Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, nimmt Wick ernst.

Er kritisiert in diesem Zusammenhang, dass der FWF eine zu geringe Rolle in der österreichischen Forschungspolitik spiele und insbesondere bei der strategischen Forschung zu wenig gefragt werde.
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Für eine verstärkte strategische Ausrichtung des FWF
Auch der Leiter des Evaluierungsteams, Erik Arnold, sprach sich für eine verstärkte strategische Ausrichtung des FWF aus. Er ist zudem dezidiert gegen eine Fusionierung des FWF mit dem Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF), ebenso aber auch für eine Vereinfachung der existierenden FWF-Förderinstrumente sowie der Steuerungs- und Führungsstrukturen.
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"Nicht unwesentlicher kommerzieller Output"
In der im Rahmen der Evaluation durchgeführten Wirkungsanalyse bescheinigte der Prüfer Andreas Schibany von Joanneum Research Graz den FWF-Projekten eine "hohe Fördereffizienz und einen nicht unwesentlichen kommerziellen Output".

Aus einem FWF-Projekt würden durchschnittlich 4,6 Publikationen, 2,5 Konferenzbeiträge sowie jeweils eine Diplomarbeit und Dissertation hervorgehen. Außerdem hätten alle Projekte zwischen 1998 und 2003 zu 43 nationalen und 38 internationalen Patentanmeldungen sowie 153 Prototypen geführt.
Weiteres Potenzial in Verwertbarkeit
In der kommerziellen Verwertbarkeit ortet Schibany weiteres Potenzial, es gebe viel Relevanz für die Industrie, aber wenig Kontakt der Projektnehmer mit der Wirtschaft. Die FWF-Projekte seien zudem erstaunlich kooperativ - 87 Prozent haben mindestens einen Partner - und international ausgerichtet.
->   Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Grüne fürchten um Unabhängigkeit der Forschung
Auch die Grünen meldeten sich hinsichtlich der Forschungsreform am Mittwoch zu Wort: Sie fürchten demnach um die Freiheit und Unabhängigkeit der Forschung.

Anlass sind die Bestimmungen in der Regierungsvorlage für das Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und der Wahl des Präsidenten des FWF.

Die Wirtschaftssprecherin und der Wissenschaftssprecher der Grünen, Michaela Sburny und Kurt Grünewald, bezeichneten es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien als "inakzeptabel, dass eine Mehrheit weisungsgebundener beamteter Regierungsvertreter nun auch die Wahl des FWF Präsidenten beeinflusst".
Forderung: Wissenschaft auch in FFG-Aufsichtsrat
Für den Aufsichtsrat der geplanten Forschungsförderungs-Gesellschaft (FFG), in der wirtschaftsnahe Forschungsförderungseinrichtungen zusammengefasst werden, fordern die Grünen neben Vertretern der Wirtschaft und Industrie auch solche anderer Gruppierungen - vor allem aus dem Bereich der Wissenschaft.
Kritik an Aufteilung der Kompetenzen
Primär forderten Sburny und Grünewald erneut eine Bereinigung der derzeit auf vier Ressorts aufgeteilten Forschungskompetenzen.

"Strukturveränderungen sollten primär das Bundesministeriengesetz betreffen, wo die Agenden für Forschung und Entwicklung auf vier Ministerien in alter Proporzmanier und völlig kontraproduktiv aufgeteilt sind", kritisiert Grünewald.

Außerdem sei die öffentliche Diskussion und Definition eines strategischen Zieles der heimischen Forschungs- und Technologiepolitik unerlässlich.
->   Die Grünen
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01.01.2010