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Wie und wo das Gehirn Wegmarkierungen abspeichert  
  Um sich in seiner Umgebung zu orientieren, muss der Mensch sich wichtige Markierungen bzw. Informationen zur Wegstrecke merken. Doch bisher war nicht bekannt, wie genau unser Gehirn das bewerkstelligt. Ein Forscherteam hat nun mittels bildgebender Verfahren herausgefunden, wie und wo die menschliche Schaltzentrale solche Markierungen abspeichert.  
Die Wissenschaftler vom niederländischen FC Donders Centrum für Cognitives Neuroimaging in Nijmegen sowie Kollegen vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik bedienten sich für ihre Studie der funktioneller Kernspintomografie (fMRI).
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Die Studie von Gabriele Janzen und Miranda van Turennout ist unter dem Titel "Selective neural representation of objects relevant for navigation" im Fachmagazin "Nature Neuroscience", Bd. 7, Seiten 673-677, Ausgabe vom 1. Juni 2004 erschienen.
->   Abstract des Artikels in "Nature Neuroscience"
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Markierungen von "navigationsrelevanten Positionen"
Die beiden Forscherinnen konnten nachweisen, dass das menschliche Gehirn selektiv nur jene Markierungen in einer speziellen Gehirnregion, dem so genannten parahippocampalen Gyrus abspeichert, die an navigationsrelevanten Positionen entlang einer Route platziert sind.

Die Abspeicherung jener Schlüsselinformationen erfolgt demnach automatisch sowie häufig unbewusst - und bildet offensichtlich die neuronalen Grundlage für unser effizientes und erfolgreiches Navigieren durch bekannte oder unbekannte Umgebungen.
Test: Wanderung durch virtuelles Museum
Dazu führten die Wissenschaftlerinnen verschiedene Versuchspersonen per Film durch ein virtuelles Museum und stellten ihnen dabei die Aufgabe, sich die Objekte entlang ihrer Route zu merken.

Die Objekte befanden sich auf Tischen an der Wand und waren zu gleichen Teilen an Kreuzungen (Entscheidungspunkten) sowie an simplen Abbiegungen aufgestellt, an denen keine Möglichkeit bestand, einen falschen Weg zu wählen.
Folgetest: Ist der Gegenstand bekannt?
 
Bild: Max-Planck-Institut für Psycholinguistik

Szenen aus dem virtuellen Museum: Versuchpersonen sollen sich die Gegenstände wie die hier abgebildeten entlang ihrer Route durch das Museum einprägen.

Bei einer anschließenden Wiedererkennungsaufgabe sahen die Testpersonen die Gegenstände einzeln vor einem weißen Hintergrund, ohne Informationen über die Route.

Die Probanden lagen bei diesem Test im Kernspintomografen und sollten bei jeder Abbildung per Tastendruck ("Ja"- und "Nein"-Tasten) entscheiden, ob sie den betreffenden Gegenstand zuvor bereits entlang ihrer Route gesehen hatten oder nicht.
Mehr Aktivität bezogen auf "Entscheidungspunkte"
Bild: Max-Planck-Institut für Psycholinguistik
Verstärkte Hirnaktivität im parahippocampalen Gyrus bei Objekten, die sich an Entscheidungspunkten befanden, im Vergleich zu Objekten, die an nicht relevanten Abbiegungen platziert waren.
Dabei beobachteten die Wissenschaftlerinnen bei Gegenständen, die sie zuvor an für die Orientierung relevante Orten (Entscheidungspunkte) platziert hatten, eine stärkere Aktivität im parahippocampalen Gyrus als bei Objekten, die sich "nur" an einfachen Abbiegungen befunden hatten - bei denen also keine Möglichkeit bestand, einen neuen Weg zu wählen.

Um ausschließen zu können, dass die Testergebnisse dadurch beeinflusst werden, dass die Probanden den Entscheidungspunkten bewusst besondere Aufmerksamkeit widmen, waren die Versuchspersonen angewiesen worden, sich speziell alle im Museum verteilten Spielzeuge gut zu merken.

Sie sollten später in der Lage sein, eine Museumstour für Kinder durchzuführen. Die Spielzeuge waren je zur Hälfte an Entscheidungs- bzw. Nicht-Entscheidungspunkten verteilt. Diese Aufmerksamkeitsaufgabe führte dazu, dass die Spielzeuge insgesamt schneller wiedererkannt wurden als andere Gegenstände.
Speicherung unabhägig von Aufmerksamkeit
Entscheidend ist nach Ansicht der Forscher, dass das neuronale Aktivierungsmuster im parahippocampalen Gyrus durch diese selektive Aufmerksamkeit unbeeinflusst bleibt. Die Speicherung navigationsrelevanter Information erfolgt demnach unabhängig von Aufmerksamkeitsprozessen.
Erinnerung ist gar nicht notwendig
Ist es aber für die entsprechende Hirnaktivität notwendig, dass man sich erfolgreich erinnern kann?

Um diese Frage zu beantworten, haben Janzen und van Turennout die wiedererkannten Objekte (korrekte Antworten) und die vergessenen Objekte (falsche Antworten) getrennt voneinander analysiert.

Das Ergebnis: Der parahippocampale Gyrus zeigte dieselbe verstärkte Aktivität für erinnerte wie für vergessene Objekte. Die Assoziation zwischen wegfindungsrelevantem Ort und Objekt erfolgt demnach unabhängig von bewussten Erinnerungsprozessen.
Basis für die räumliche Navigation
Relevante räumliche Information wird also automatisch in unserem Gedächtnis gespeichert und kann auch ohne bewusste Wiedererkennung aktiviert werden. Dieser neuronalen Mechanismus ist somit die Basis, damit wir erfolgreich durch unsere räumliche Umgebung navigieren können, meinen die beiden Forscherinnen.

Diese Studie "liefert wichtige Einblicke in die Dynamik unseres Navigationssystems", schreiben denn auch Hugo J. Spiers und Eleanore A. Maguire vom University College London in einem kommentierenden "News and Views"-Artikel in "Nature Neuroscience".

"Das Gehirn identifiziert automatisch die Landmarken an den entscheidenden Punkten, braucht dafür nur eine Begegnung, und der Ort für die abgestimmte Verarbeitung dieser Informationen scheint tatsächlich der parahippocampale Gyrus zu sein."
->   Max-Planck-Institut für Psycholinguistik
->   FC Donders Centre for Cognitive Neuroimaging
Mehr Einblicke in das menschliche Gehirn in science.ORF.at:
->   Wie Erinnerung das Geruchssystem aktivieren kann (26.5.04)
->   Bilder zeigen, wie das Gehirn erwachsen wird (18.5.04)
->   Neuronales Durcheinander: Wenn der Puppenschuh an den Kinderfuß soll (13.5.04)
->   Lateralisierung: Warum die Gehirnhälften spezialisiert sind (11.5.04)
->   Das Gehirn lernt auch aus den Fehlern anderer (27.4.04)
 
 
 
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01.01.2010