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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
"Klimasünder" bald klagbar?  
  Der Sommer 2003 war in Europa der heißeste seit 500 Jahren: Das Risiko einer ähnlich heißen Jahreszeit hat sich laut internationalen Klimaforschern zumindest verdoppelt. Hauptursache dafür ist ihrer Ansicht nach der von Menschen verursachte, verstärkte Ausstoß von Treibhausgasen. Von der Hitze Geschädigte könnten deshalb schon bald gerichtlich gegen Klimasünder vorgehen.  
Das jedenfalls ist der Schluss eines Kommentars in "Nature", den der Klimaforscher Myles Allen von der Universität Oxford veröffentlicht hat.

Gemeinsam mit Gerd Jendritzky vom deutschen Wetterdienst und Kollegen stellte er entsprechende Klimamodelle vor, die den direkten Einfluss des Menschen auf Wetterphänomene illustrieren.
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Die Studien "Human contribution to the European heatwave of 2003" und "Hot news from summer 2003" sind in "Nature" (Bd. 432, S. 559 bzw. S. 610, Ausgabe vom 2. Dezember 2004) erschienen.
->   "Nature"
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Zu 90 Prozent kein Zufall - v.a. menschlicher Einfluss
Demnach können sie mit mehr als 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Sommer des vergangenen Jahres nicht einfach Zufall war, sondern zum überwiegenden Teil auf die weltweite Klimaerwärmung zurückgeht, die wiederum hauptsächlich durch den Menschen verursacht wurde.
Direkter Zusammenhang von Mensch und Wetter
Die Forscher meinen, dass es schon sehr bald möglich sein wird, Unternehmen oder Firmen verantwortlich zu machen.

"Die Studie schlägt einen Weg vor, wie wir die Emission von Treibhausgasen mit tatsächlichem Schaden verbinden können", meinte Myles Allen von der Universität Oxford gegenüber der BBC.

Allen hat gemeinsam mit dem Anwalt Richard Lord einen Kommentar verfasst, der den möglichen rechtlichen Konsequenzen des von Menschen verursachten Klimawandels nachgeht.
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Der Kommentar "The blame game" ist in "Nature" (Bd. 432, S. 551, Ausgabe vom 2. Dezember 2004) erschienen.
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Bald einklagbar?
Allen glaubt, dass Klima-geschädigte Personen eines Tages genauso Kompensationen einklagen können wie heute Menschen, die von Rauchern betroffen sind - zumindest im amerikanischen Rechtssystem.

Dass sich auch die Gerichte mit den Folgen der Klimaveränderung auseinander setzen müssen, ist allerdings nicht nur Zukunftsmusik.
Konkreter Fall: Klagen in den USA
Die Stadt New York hat im Sommer 2004 zusammen mit acht US-Bundesstaaten Klage gegen fünf amerikanische Kraftwerke eingereicht, deren Ausstoß an Kohlendioxid zusammen ein Zehntel der gesamtamerikanischen CO2-Belastung ausmache.

Den Staaten geht es dabei nicht um finanzielle Entschädigungen, sondern darum, die Kraftwerke zum drastischen Abbau ihrer CO2-Emissionen zu zwingen. Angeklagt wurden fünf große Stromversorger mit insgesamt 174 Kraftwerken, die jährlich 646 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid ausstoßen.
Jedes zweite Jahr ein "Jahrhundertsommer"?
Die Verteidiger in derartigen Anklagen verweisen regelmäßig auf die Unmöglichkeit, einen direkten Schaden durch Kohlendioxid-Ausstoß festzustellen - genau den haben die Autoren der aktuellen Studien aber versucht zu quantifizieren.

Ob sie recht behalten oder nicht, wird man bald am eigenen Leib überprüfen können: Nach ihren Hochrechnungen wird bis 2040 jeder zweite Sommer ein "Jahrhundertsommer" - und noch heißer als 2003.

[science.ORF.at/APA/dpa, 2.12.04]
->   Department of Physics, University of Oxford
->   Deutscher Wetterdienst
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01.01.2010