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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Erderwärmung könnte doppelt so stark ausfallen  
  Die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt wird möglicherweise doppelt so stark ausfallen wie bisher angenommen, wie erste Ergebnisse von weltumspannenden Computer-Simulationen ergeben. "Nicht überbewerten, aber den Klimawandel dennoch ernst nehmen", meint dazu die Wiener Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb.  
Nach den an der Universität Oxford ausgewerteten Berechnungen könnte die Erderwärmung noch in diesem Jahrhundert bis zu 11,5 Grad Celsius erreichen, während die alarmierendsten offiziellen Schätzungen bis dato von höchstens 5,8 Grad Erwärmung ausgingen.
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Die Studie "Uncertainty in predictions of the climate response to rising levels of greenhouse gases" von D. A. Stainforth et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Band 433, S. 403-6; Ausgabe vom 27.1.05).
->   Original-Abstract in Nature
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Studienmethode: "Distributed Computing"
Die Studie der britischen Wissenschaftler beruht auf der Methode des "Distributed Computing", bei der Rechenoperationen anstatt auf einem Riesencomputer auf vielen hunderten bis tausenden kleinen Rechnern durchgeführt werden:

Den Angaben der Forscher zufolge haben sich rund 95.000 Menschen aus 150 Ländern auf der Website "climateprediction.net" registriert, um sich das Auswertungsprogramm herunterladen zu können.
->   Climateprediction.net
"Distributed Computing" für die Klimaforschung
Die britischen Forscher sind Pioniere beim Einsatz von "Distributed Computing" für die Klimaforschung. Bisher wurde diese Methode gerne für die Weltraumerforschung - insbesondere die Suche nach außerirdischem intelligentem Leben - eingesetzt.
2.000 Simulationen in Auswertung eingeflossen
Die Teilnehmer von "climateprediction.net" übermittelten den Wissenschaftlern mehr als 60.000 Simulationen, von denen wiederum 2.000 in die Berechnungen einflossen. Als entscheidender Faktor für die Klimaerwärmung wurde der Kohlendioxid-Ausstoß herangezogen.
Wiener Expertin: Auch extremere Szenarien möglich
Die Ergebnisse lagen zwischen zwei und 11,5 Grad, berichten die Forscher. Die große Bandbreite erklären sie damit, dass in ihre Studie deutlich mehr Simulationen einflossen als bisher üblich. Eine deutliche Häufung verzeichneten sie bei 3,4 Grad Erwärmung - ein Wert, von dem auch die internationale Taskforce zum Klimawandel bisher ausging.

"Im Grunde genommen bestätigen die Rechnungen die bisherigen Ergebnisse. Aber sie zeigen auf, dass es auch extremere Situationen geben kann, als man bisher vermutet hat", sagt die Wiener Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb im ORF Radio. Wie wahrscheinlich eine Erwärmung um elf Grad ist, sei aber aus dem Zwischenbericht nicht herauszulesen.
Dramatische Auswirkungen bereits bei zwei Grad Erwärmung
"Wir können uns auf der Welt einen Temperaturanstieg, der höher als zwei Grad ist, nicht leisten. Die Auswirkungen wären dramatisch und nicht mehr vertretbar", erklärt Klimaforscherin Kromp-Kolb.

Experten gehen davon aus, dass bereits eine Erwärmung um zwei Grad seit Beginn des Industriezeitalters zum Abschmelzen der Polkappen, weitflächiger Dürre, Ernteausfällen und Trinkwassermangel führen werden.
Stärkung des Bewusstseins für Klimafragen
Zwar dürfe man die Meldung des weltweiten Rechennetzwerks, dass die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt stärker als bisher ausfallen könnte, nicht überbewerten, betont die Wiener Expertin - doch sei es wieder ein Anlass, den Klimawandel ernst zu nehmen.

Die britischen Wissenschaftler rund um David Stainforth setzen weiterhin auf "Distributed Computing" - nicht nur, weil deutlich mehr Datensätze vernetzt und ausgewertet werden können, sondern auch, weil diese Methode der Einbeziehung von wissenschaftlichen Laien das breite Bewusstsein für die Klimaproblematik stärken könnte.

[science.ORF.at/Ö1 Wissenschaft/APA/AFP, 26.1.05]
->   Das Stichwort Erderwärmung im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010