News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Beschreibungen beeinflussen den Geruchssinn  
  In unserem Gehirn geht es zu wie in einem Tollhaus: Wie britische Neurowissenschaftler feststellten, beeinflusst die Beschreibung eines Geruchs seine Empfindung fundamental. Positive Beschreibungen führen zu angenehmen Geruchseindrücken, die im Gehirn nachweisbar sind - negative Beschreibungen "stinken" selbst dann, wenn der Duft objektiv gar nicht unangenehm ist.  
Von ihren erstaunlichen Studien berichtet ein Team um Edmund T. Rolls von der Universität Oxford in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals "Neuron".
...
Die Studie "Cognitive Modulation of Olfactory Processing" ist in "Neuron" (Bd. 46, S. 671, Ausgabe vom 19. Mai 2005) erschienen.
->   Abstract in Neuron
...
Korreliert Käse mit Begriff, riecht er gut
Die Forscher ließen zwölf männliche Studienteilnehmer an einem künstlichen Duftstoff riechen, der an Cheddar-Käse erinnert. Dazu wurden ihnen auf einem Monitor abwechselnd die Begriffe "Cheddar-Käse" bzw. "Körpergeruch" gezeigt.

Siehe da: Bei Ansicht des Käsebegriffs beurteilten sie den Duft neutral bis angenehm, bei "Körpergeruch" fällten sie ein deutlich negativeres Urteil.
Per Gehirn-Scan bewiesen
Um die Auswirkungen der Gerüche und ihrer Etikettierungen im Gehirn zu überprüfen, verwendeten die Forscher das bildgebende Verfahren der funktionellen Magnetresonanztomographie.

Dieses zeigte eine deutliche Aktivierung der geruchsverarbeitenden Regionen des Gehirns - dem vorderen cingulären und orbitofrontalen Cortex sowie der Amygdala - bei jenen Probanden, die zum Käsegeruch auch den passenden Begriff zu sehen bekamen.
Begriff wirkt auch, wenn Duft nicht vorhanden
Überraschenderweise kam es aber auch dann zu der Gehirnaktivierung, wenn die Studienteilnehmer zwar den Begriff "Cheddar-Käse" sahen, zugleich aber einen völlig neutralen Duft rochen - nämlich Frischluft.

Der Begriff "Körpergeruch" wiederum führte zu einer weit geringeren Aktivierung jener olfaktorischen Gehirnbereiche - und zwar gleichgültig, ob Frischluft oder tatsächlich Käse zu riechen war. Die Gehirnareale galten schon bisher als bedeutsam für die Verarbeitung angenehmer Gerüche.
Wortbedeutung beeinflusst Geruchsempfinden
Rolls und seine Kollegen betonen den starken Einfluss hoher kognitiver Leistungen des Gehirns auf das Geruchsempfinden. Die Verknüpfung mit der Bedeutung von Worten etwa führe zu stärkeren Reaktionen als jene mit Bildern.

Semantische Etikettierungen beeinflussen das Geruchsempfinden selbst dann, wenn der Duft gar nicht zu riechen war, betonen sie.

Ob dies nun zu einer "Vorstellung" des Geruchs bei den Probanden geführt hat oder "bloß" die Gehirnprozesse der Geruchsverarbeitung anregt, sei damit noch nicht zu entschieden.

[science.ORF.at, 19.5.05]
->   Department of Experimental Psychology, University of Oxford
Aktuelles zur Hirnforschung in science.ORF.at:
->   Affen interpretieren Roboterarm als "eigenen" (11.5.05)
->   Balance der Sexualhormone beeinflusst Angstrisiko (6.5.05)
->   Wenn die Musik im Gehirn weiterspielt (10.3.05)
->   Ulrich Körtner: Vom unfreien Willen (25.2.05)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010