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Samenqualität: "Sperm Competition" auch bei Männern?  
  Der Spruch vom "Tier im Mann" scheint weniger ein Gemeinplatz als eine Tatsachenbeschreibung zu sein, zumindest wenn man einer neuen Studie Glauben schenkt. Wie australische Forscher herausgefunden haben, schlagen sexuell kompetitive Situationen nicht nur im Tierreich auf die Samenproduktion durch, sondern auch bei Männern. Wenn ihnen kurz vor der Ejakulation Bilder eines Sexualakts von zwei Männern mit einer Frau gezeigt werden, steigt der Prozentsatz der beweglichen Spermien.  
Die Biologen rund um Sarah Kilgallon identifizierten im Rahmen ihrer Forschungsarbeit aber auch andere Faktoren, die sich auf die Spermaqualität auswirken: darunter etwa das Tragen des Mobiltelefons in der Hosentasche oder sitzende Tätigkeiten.
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Die Studie "Image Content influences men's semen quality" von Sarah J. Kilgallon und Leigh W. Simmons von der "Evolutionary Biology Research Group" der Universität von Westaustralien ist am 8. Juni 2005 in den "Biology Letters" der Royal Society erschienen (DOI: 10.1098/rsbl.2005.0324).
->   Zu den "Biology Letters"
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Von Tieren und Menschen?
Bei den australischen Wissenschaftlern stand am Beginn der Forschungsarbeit die Hypothese von den Gemeinsamkeiten zwischen Tier und Mensch. Schließlich wüsste man ja aus dem Tierreich, dass allein der Verdacht, ein Konkurrent könnte einem die Vaterschaft streitig machen, zu einer Steigerung der sexuellen Vitalität führt.

Bei männlichen Wiesenwühlmäusen etwa lässt allein der Geruch eines Konkurrenten die Samenproduktion ansteigen. "Männchen produzieren mehr Sperma oder das Sperma hat eine bessere Qualität, wenn sich ein Weibchen mit mehreren Männchen paaren könnte", schreiben die Biologen über das Tierreich, um sich dann die Frage nach der Übertragbarkeit des Konzepts der "Sperm Competition" auf die Menschen zu stellen.
->   Die bizarren Wege der (tierischen) Fortpflanzung (22.9.04)
Konkurrenzsituationen sprechen Männer an
Untermauert wurde die These vom - zumindest beim Reproduktionsverhalten - "Tier im Mann" durch Erfahrungsberichte von Einrichtungen, die künstliche Befruchtungen durchführen, und von Verlagen, die pornografische Zeitschriften herausgeben.

Erstere berichten, dass das Vorführen von Sexszenen per Bild oder Video sowohl die Spermienzahl insgesamt als auch den Anteil der mobilen Samenzellen ansteigen ließ. Und die Analyse einschlägiger Literatur zeigte, dass Männer Wettbewerbsszenen (zwei Männer, eine Frau) dem umgekehrten Arrangement vorzogen.
"Sperm Competition" auch zwischen Männern?
Sarah Kilgallon und Leigh Simmons wollten wissen, ob Bilder von speziell dieser Konstellation aus einer Frau und zwei Männern auch bei den Menschen die sexuelle Leistungsfähigkeit des männlichen Teils erhöht.

Schließlich handelt es sich dabei um eine Szene, bei der der Mann nicht weiß, ob wirklich er fortpflanzungstechnisch zum Zug kommt oder vielleicht nicht doch der Konkurrent. Die Biologen stellten sich daher die Frage, ob es eine "sperm competition" auch zwischen Männern gibt.
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Der Versuch
25 heterosexuelle Männer zwischen 18 und 35 Jahren unterzogen sich dem Test, bei dem vor dem Ejakulieren zuerst entweder Bilder mit zwei Männern und einer Frau beim Geschlechtsakt sahen oder sexuell aufreizende Bilder von drei Frauen.

Innerhalb von zirka zwei Wochen durchliefen sie den Selbstversuch nochmals - mit den jeweils anderen Bildern vor Augen. Zuvor mussten die Probanden einen Fragebogen zu ihren Lebens- und Ernährungsgewohnheiten ausfüllen.
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Konkurrenz führt zu mobileren Spermien
Laut Kilgallon und Simmons klinken sich Männer nahtlos in das Konzept der "sperm competition" ein. Denn im Ejakulat jener Männer, die vor und während der Samenspende die Konkurrenzsituation vor Augen hatten, fanden sich die mobileren Spermien.

Zusätzlich positiv wirkte sich laut Analyse die individuelle Einschätzung der Bilder aus. Jene Männer, die die Aufnahmen als besonders "explizit" wahrnahmen, hatten eine höhere Spermienkonzentration als die Vergleichsgruppe, die die Bilder als relativ gewöhnlich wahrnahmen.
Nicht-körperliche Einflüsse
Neben der Gewöhnung identifizierten die Forscher auch noch andere nicht-körperliche Einflüsse: So verschlechtern Mobiltelefone, die in der Hosentasche getragen werden, die Spermienqualität. Sitzende Tätigkeiten wirkten sich eher negativ aus. Außerdem zeigte sich, dass von den 25 Testmännern jene, die in der Stadt aufgewachsen sind, eine bessere Qualität aufwiesen als die am Land groß gewordenen.

Sexuell aktive Männer konnten Kollegen mit seltenen Kontakten "schlagen", was auch schon in früheren Studien festgestellt wurde.
->   Samenzellen werden durch Enthaltsamkeit müde (30.6.03)
Parallele zwischen Tieren und Männern
Hinsichtlich der praktischen Anwendbarkeit ihrer Ergebnisse geben sich die Forscher eher bedeckt und verweisen vor allem auf den belegten negativen Einfluss von Handy-Strahlung auf die Spermienqualität.

Als Evolutionsbiologen geben sie sich damit zufrieden, eine Parallele im Verhalten von Tieren und Männern nachgewiesen zu haben.

[science.ORF.at, 8.6.05]
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01.01.2010