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Die Ruhe vor dem Sturm  
  Wenn sich der nächste Börsen-Crash ankündigt, dann werden Wissenschaftler der Universität Oxford vorgewarnt sein. Denn sie haben jetzt ein Modell zur Prognose von "Schwarzen Freitagen" entwickelt.  
Die Vorhersage der Oxforder Forscher spricht von "prognostizierbaren Korridoren", Grenzen, innerhalb derer bestimmte Ereignisse mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten.

Das System von David Lamper und seinen Kollegen für "die Vorhersage katastrophaler Veränderungen" ist auch auf andere Bereiche übertragbar. Und zwar überall dort wo "die Vertreter einer großen Population um beschränkte Ressourcen wetteifern", wie ein Ökosystem, ein Computer-Netzwerk oder eine Bakterien-Kolonie.
Gewinner und Verlierer
Alles was zählt, so die Oxforder Forscher, sei, dass sich die Vertreter einer Population zum Schluss in zwei Gruppen aufgeteilt sehen: in Gewinner, die den Großteil der Ressourcen an sich binden und in Verlierer.
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Peinlich für Ökonomen?
Die Unmöglichkeit der Prognose großer Ereignisse an der Börse beschämt Ökonomen seit langem. Vor dem großen Börsenkrach von 1929 an der Wall Street - dem größten der Geschichte - beklagte der damalige Ökonom der Yale University Irving Fischer, "dass die amerikanische Wirtschaft ein bedenklich hohes Plateau erreicht habe". Drei Jahre später war das nationale Einkommen der USA um die Hälfte gefallen und die Wirtschaftsmacht befand sich inmitten einer großen Rezession.
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Keine Verbesserung seit dem "Black Monday"
Seit dem "Schwarzen Montag" am 19.Oktober 1987, an dem US-Werte in sechs Tagen 3 Billionen Dollar verloren, streiten Ökonomen beharrlich darüber, ob der Crash die eigentliche Instabilität des Marktes reflektiert oder ob diese durch äußere Einflüsse gesteuert werden.

Lamper und seine Kollegen gehen bei ihrem Modell von internen Ursachen für Börsencrashs aus. Diese resultieren von den vielschichtigen Interaktionen zwischen allen Vertretern der Population.

Jeder der Händler wird durch das beeinflusst was alle anderen tun - direkt durch das Herdenverhalten bei Kauf und Verkauf und indirekt durch die daraus resultierenden Preise und Kurse.
Anfällig für kleine Fluktuationen
Das ganze System kann deshalb, so die Wissenschaftler, auf kleine Veränderungen sensibel reagieren - manche bleiben ohne Wirkung, andere verursachen Lawinen.

Doch laut Lamper und seinen Kollegen befindet sich das System öfters in so genannten "vorhersagbaren Korridoren", in denen Kurzzeit-Veränderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb bestimmter Grenzen prognostizierbar sind.
Ankündigung großer Veränderungen
Überraschenderweise kündigen jene "Wahrscheinlicher-als-normal-Ereignisse" große Veränderungen an, also quasi die Ruhe vor dem Sturm. Und in diesen "Korridoren" können jene großen Veränderungen relativ genau - sowohl in Ausmaß und Richtung - prognostiziert werden.

Eine Untersuchung der "National University of Mexico" derzeit bestehender Märkte kann jene Studie der Oxforder Wissenschaftler in einigen Bereichen jetzt unterstützten. Offensichtlich scheint die Vorhersagbarkeit von Ereignissen vor großen Veränderungen signifikant zu steigen.

(red)
->   Die Studie aus Oxford im Detail
->   Die mexikanische Studie im Detail
->   Oxford Financial Research Center
 
 
 
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01.01.2010