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Biologe Lötsch: Kein "Plan" in der Evolution  
  Kardinal Christoph Schönborn hat für Aufregung gesorgt mit einem Gastkommentar in der New York Times zum Thema "Evolutionstheorie". Er kritisierte vor allem die Evolutionisten, die davon ausgehen, dass die Welt zufällig entstanden sei. Nun antwortet Bernd Lötsch, einer der führenden österreichischen Biologen: In der Evolution, der Entwicklung des Lebens auf der Erde, ist mit wissenschaftlichen Mitteln kein übergeordneter Plan zu entdecken.  
Allerdings, so räumte Lötsch im Ö1-Mittagsjournal ein, hätten auch die Vertreter der gänzlich andere Seite, des Neodarwinismus noch nicht gewonnen.
Darwinisten, Neodarwinisten ...
Seit Charles Darwin 1859 seine Schrift über den Ursprung der Arten vorlegte, hat sich die Evolutionslehre natürlich weiterentwickelt, meinte Bernd Lötsch, der auch Direktor der Wiener Naturhistorischen Museums ist.

Das Spektrum habe sich in mehrere Denkschulen aufgefächert: Da sind die klassischen Darwinisten, die dem Prinzip der ungelenkten Auslese und des blinden Zufalls in der Lebensentwicklung folgen, dann die Neodarwinisten, die darüber hinaus jegliche Vererbung von erworbenen Eigenschaften leugnen.
... Kreationisten und Design-Anhänger
Und dann die extreme Gegenposition, die so genannten Kreationisten, meistens evangelikale Fundamentalisten in den USA, die die biblische Schöpfungsgeschichte wörtlich nehmen.

Als eine Art Kompromissversuch haben sich die Anhänger des "Design"-Lehre erwiesen: Sie sehen - ohne Gott explizit zu nennen - in der Evolution ein schöpferisches Prinzip, ein Ziel auf das alles gerichtet ist.
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Schönborn gegen Diskussionsverbote
Im Ö1-Mittagsjournal vom Montag sprach sich Kardinal Schönborn dagegen aus, dass "Leute im Namen der Wissenschaft quasi dogmatisch befehlen, es darf darüber nicht diskutiert werden".
->   Mehr dazu in oe1.ORF.at
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Universum ist "übergebliebene Ordnung"
Bernd Lötsch sieht da ein tieferes menschliches Bedürfnis dahinter, das allerdings jenseits der Wissenschaft zuhause ist:

"Es gibt sogar noch Professoren der Zoologie, die z.B. vom 'Bauplan' der Säugetiere sprechen, obwohl es den gar nicht gibt. Offenbar kann der Mensch gar nicht anders, als hier einen Plan sehen zu wollen. Es ist aber das wichtigste Prinzip der Evolution, dass es keinen Plan gibt. Unser Universum ist eine übergebliebene Ordnung; eine Unzahl von Fehlkonstruktionen wurde wieder verworfen."
Noch nicht alles bewiesen
Bis zu einem gewissen Grad kennt natürlich auch die Wissenschaft, wenn man so wolle, Glaubenssätze, Theorien, sagt Bernd Lötsch. So hat auch der Neodarwinismus noch nicht alles beweisen können, zum Beispiel dass erworbene Eigenschaften, die nicht angeboren sind, nicht vererbt werden können.

"Das ist die radikalste und unbarmherzigste Form jenes wissenschaftlichen Denkens, zu dem wir aber gezwungen sind. Ich glaube nicht, dass sich Schönborn mit der etablierten Wissenschaft anlegen wollte. Wahrscheinlich wollte er nur gut durch die USA kommen."

Immerhin, so Lötsch, habe Christoph Schönborn zwischen Darwinismus und Neodarwinismus unterschieden, und damit gewisse Kenntnisse der Materie durchblicken lassen.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft, 11.7.05
science.ORF.at
Mehr zu dem Thema:
->   Schönborn kritisiert Evolutionstheorie (ORF.at, 10.7.05)
->   "Intelligent Design" - Wissenschaft oder Ideologie? (13.9.04)
->   Amerikaner glauben an Gott und nicht an Darwin (21.10.04)
->   Evolutionstheorie vor Darwin (20.10.03)
 
 
 
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01.01.2010