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Wüstenameisen navigieren mit Schrittzähler  
  Bestimmte Wüstenameisen messen Entfernungen mit einer Art körpereigenem Schrittzähler. Das hat ein Team von deutsch-schweizer Forschern bewiesen, das die Beinlängen der Wüstenbewohner manipuliert hat.  
Bild: Science
Normal und auf Stelzen
Matthias Wittlinger und seine Kollegen von den Universitäten Ulm und Zürich wandten beim Experiment eher ungewöhnliche Methoden an: Die Neuro- und Verhaltensbiologen klebten einigen Ameisen Stelzen aus Schweineborsten an die Beine, um die Bein- und damit auch die Schrittlänge zu vergrößern.

Anderen Ameisen wurden die Beine gekürzt, damit sie kleinere Schritte machen.
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Der Artikel "The Ant Odometer: Stepping on Stilts and Stumps" ist in der Fachzeitschrift "Science" (Bd. 312, 30. Juni 2006, S. 1965) erschienen.
->   Abstract
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Stummel und Stelzen lassen Ziel verfehlen
 
Bild: Science

Wüstenameise auf rot eingefärbten Stelzen

Zuvor mussten die Versuchstiere mit nicht modifizierten Beinen von ihrem Nest zu einer zehn Meter entfernten Futterquelle laufen.

Auf dem Rückweg zum Nest zeigte sich dann, dass die beinamputierten Ameisen, die jetzt kürzere Schritte machten, etwa fünf Meter vor dem Ziel anhielten und ihr Nest suchten.

Die Ameisen mit den Stelzen schossen hingegen um mehr als fünf Meter über das Ziel hinaus.
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Lebensraum bietet wenige Orientierungspunkte
Den Vertretern der Art Cataglyphis fortis stehen in ihrem kargen Lebensraum nicht viele Landmarken und andere Orientierungshilfen zur Verfügung. Auf dem Weg vom Nest zur Futterstelle - häufig eine Entfernung von mehr als 100 Metern - und zurück helfen ihnen auch keine Duftspuren als Markierungshilfe, u. a. auf Grund der heißen Bodentemperaturen von bis zu 70 Grad Celsius, schreiben die Forscher in einer Aussendung. Die so genannte Pfadintegration mit Hilfe des "Schrittintegrators" sei daher ein wichtiges Mittel der Ameisennavigation.
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Hin und retour: Schrittzähler funktioniert wieder
Bild: Science
Während der Operation: Fixierte Ameise mit Schweineborsten
In einem zweiten Versuch mussten die Tiere mit den modifizierten Beinen von ihrem Nest zur Futterquelle und zurück laufen.

Dabei zeigte sich, dass sie auf dem Rückweg von der Futterquelle die Entfernung bis zum Nest fast richtig abschätzten.

Signifikante Unterschiede zum sonstigen Verhalten nicht modifizierter Ameisen seien nicht entdeckt worden, schreiben die Forscher.

Bereits im Jahr 1988 veröffentlichte Koautor Rüdiger Wehner mit einem Kollegen ihre Erkenntnis, dass die Wüstenameisen ihre Position immer relativ zum eigenen Nest bestimmen (PNAS, 1988, S. 5287).
Funktionsweise des Schrittzählers noch unbekannt
Bild: Science
Ameise mit Stummelbeinen
Aus den Ergebnissen der aktuellen Studie schließen die Forscher, dass die Wüstenameisen (Cataglyphis) eine Art körpereigenen Schrittzähler haben.

Die Tiere, deren Beine an der Futterquelle gekürzt oder verlängert wurden, stoppten auf dem Rückweg zum Nest nach derselben Anzahl von Schritten, die sie auch für den Hinweg benötigt hatten.

Da die Schrittlänge durch die Modifizierung allerdings verändert wurde, hielten sie nicht vor dem Nest, sondern in einiger Entfernung zu diesem. Künftige Studien sollen nun herausfinden, wie dieser Schrittzähler funktioniert.

[science.ORF.at/APA/dpa, 29.6.06]
->   Film einer Ameise auf Stelzen zum Download (Achtung: 20,5 MB)
->   Neurobiologie Universität Ulm
Mehr zum Thema Wüstenameise in science.ORF.at:
->   Im Cockpit einer Wüstenameise (25.10.01)
->   Ameisen mit 3D-Navigation (19.6.01)
 
 
 
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01.01.2010