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Gehirnnachweis: Schon Babys können "rechnen"  
  Eine Studie bestätigt, dass Kinder bereits im Alter von sechs bis neun Monaten Fehler in einfachen Mathematik-Aufgaben entdecken können. Die Gehirnaktivität bei der Fehlererkennung gleicht der eines Erwachsenen.  
Davon berichten israelische und amerikanische Wissenschaftler in den "Proceedings of the National Academy of Science".
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Die Studie "Infant brain detects mathematical errors" von Andrea Berger, Gabriel Tzur und Michael I. Posner ist in der aktuellen Ausgabe der "PNAS" (Bd.103, S.12649-12653, 8. August 2006) erschienen.
->   Studie
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Fehler führen zu längeren Reaktionszeiten
Die ersten Beweise, wonach Kinder diese grundlegenden mathematischen Fähigkeiten haben, wurden schon vor über zehn Jahren gefunden. Die damalige Versuchsanordnung: Die Kinder sahen, dass eine bestimmte Anzahl von Puppen in einen Kasten gelegt wurde. Danach konnten sie den Inhalt des Kastens sehen. Waren weniger oder mehr Puppen in der Kiste als erwartet, betrachteten sie die "unkorrekte" Szenerie länger.

Umstritten blieb, ob diese längeren Blicke ausreichende Hinweise darauf liefern, dass Babys tatsächlich "rechnen". Es könnte auch sein, dass sie Dinge einfach dann länger ansehen, wenn sich diese vom zuvor Gesehenen unterscheiden.
Überprüfung durch verbesserte Methoden
Ziel von Berger und ihrem Team war es daher zu überprüfen, ob die verlängerten Blickzeiten tatsächlich ein Zeichen für Fehlererkennung sind und ab welchem Alter dies möglich ist. Deswegen verwendeten sie eine kombinierte Methode, welche das Verhalten der Kinder analysierte und gleichzeitig die Gehirnaktivität in bestimmten Regionen mittels Elektroenzephalogramm (EEG) maß.

Für den neuen Versuch wurde das Video eines Puppentheaters gezeigt, bei welchen mit Hilfe von Puppen verschiedene einfache Rechnungen dargestellt wurden. Für die Gleichung "2-1=1" wurden zwei Puppen gezeigt, die dann verdeckt wurden. In der Folge entfernt eine Hand von der Seite eine der Puppen. Nach der Aufdeckung wurde entweder, wie erwartet, nur eine Puppe sichtbar oder aber zwei.
Gehirnreaktionen ähnlich bei Babies und Erwachsenen
Der unerwartete Anblick von zwei Puppen führte bei den 24 Kindern im Alter von sechs bis neun Monaten zu deutlich längeren Reaktionszeiten. Derselbe Test durchgeführt bei Erwachsenen, liefert ähnliche, aber schnellere Versionen derselben Reaktion.

Die Gehirnmessung konnte eine erhöhte Aktivität in bestimmten Bereichen des Frontallappens feststellen, die generell mit Fehlererkennung, enttäuschten Erwartungen und Lösung von Konflikten in Zusammenhang gebracht werden.
Fehlerkennung - Voraussetzung für spätere Selbstkontrolle
Obwohl Kindern vor Ende des ersten Jahres noch nicht fähig sind, ihr Verhalten zu kontrollieren, können sie also bereits Fehler erkennen - eine wesentliche Voraussetzung für Selbstkontrolle.

Laut Berger und Kollegen entwickelt sich dieser grundlegende Mechanismus später zu komplexeren Fähigkeiten, die eine aktive Steuerung von Verhalten und Emotionen erlauben.

[science.ORF.at, 8.8.06]
->   Andrea Berger (Ben-Gurion University of Negev)
->   Michael I.Posner (University of Oregon)
Mehr zum Thema Kinder und Rechnen in science.ORF.at:
->   Studie: Kinder rechnen anders als Erwachsene (12.04.06)
->   Kindersachbücher(II): Teuflische Zahlen&Co. (19.07.06)
->   Kinder verfügen über natürliches Zahlenverständnis (13.09.05)
 
 
 
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01.01.2010