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Helicobacter: Antibiotika-Resistenz problematisch  
  Unsachgemäßer Antibiotika-Konsum gefährdet zunehmend die erfolgreiche Bekämpfung des Magenbakteriums Helicobacter pylori, warnten Experten beim Europäischen Gastroenterologen-Kongress.  
Besonders ernst ist demnach die Situation in Südeuropa, wo inzwischen mehr als 20 Prozent der Infizierten resistent gegen das Antibiotikum Clarithromycin sind, das zu den gängigsten Mitteln gegen Helicobacter zählt.

In Nordeuropa liegt die Resistenzrate bei fünf Prozent, außerhalb Europas stehen Iran mit 17 Prozent, die USA mit zehn bis 15 und Japan mit elf bis zwölf Prozent an der Spitze.
Maßvollerer Antibiotika-Einsatz gefordert
Ein Grund für diese Entwicklung ist nach Angaben der Fachärzte die häufige Einnahme so genannter Makrolid-Antibiotika unter anderem gegen Atemwegs- und Hautinfektionen sowie gegen Geschlechtskrankheiten.

Noch größer sind den Experten zufolge die Resistenzen bei dem ebenfalls für die Abtötung der Magenbakterien eingesetzten Antibiotikum Metronidazol. In Europa und den USA wirkt dieses Medikament inzwischen bei 20 bis 40 Prozent der Infizierten nicht mehr. In Entwicklungsländern liegen die Raten sogar zwischen 50 und 80 Prozent.

Vor diesem Hintergrund plädierten die Gastroenterologen für einen generell maßvolleren Einsatz von Antibiotika.
Helicobacter als Auslöser für Geschwüre
Helicobacter ist für 70 Prozent aller Magengeschwüre und 90 Prozent aller Zwölffingerdarmgeschwüre verantwortlich. In armen Ländern mit schlechten Hygienestandard sind nach Angaben der Mediziner bis zu 90 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von dem Bakterium befallen, in den westlichen Industriestaaten ist die Ansteckungsrate in den vergangenen Jahrzehnten auf nur noch 20 bis 30 Prozent zurückgegangen.

Viele der Infizierten wissen aber gar nichts von ihrer Ansteckung: Nur zehn bis 20 Prozent von ihnen erkranken tatsächlich an Magengeschwüren, bei etwa einem Prozent davon kann sich darüber hinaus Magenkrebs entwickeln.
Eradikationstherapie kommt zum Einsatz
Gegen die Infektion hat sich die so genannte Eradikationstherapie bewährt: Dabei wird mit einer Kombination aus zwei Antibiotika und einem Protonenpumpenhemmer, der die Säureproduktion des Magens unterdrückt, der Keim entfernt.

Bis vor kurzem wurde vermutet, dass die Entfernung des Bakteriums Sodbrennen und in der folge auch Speiseröhrenkrebs begünstigen könnte. "Aktuelle Studien zeigen, dass das in der Regel nicht der Fall ist", sagte der Magdeburger Helicobacter-Spezialist Peter Malfertheiner.
In Zukunft möglicherweise Impfstoff
Um das wachsende Resistenz-Problem in den Griff zu bekommen, werden nach Auskunft der Gastroenterologen zurzeit intensiv die Möglichkeiten einer Impfung gegen das Bakterium erforscht.

In Tierversuchen seien bereits gute Erfahrungen mit einer Schluckimpfung gemacht worden, bei der ein Antigen des Erregers eine Immunantwort des Körpers hervorrufe und ihn so vor der Infektion schütze.

Wann allerdings ein solcher Impfstoff für den Menschen zur Verfügung stehen werde, lasse sich noch nicht sagen.

[science.ORF.at/APA/AP, 3.11.06]
->   Helicobacter pylori bei Wikipedia
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->   Impfung gegen Magengeschwüre kommt bald (25.7.02)
 
 
 
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01.01.2010