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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimasimulation: Alpenraum bis 2040 bis 2,5 Grad wärmer  
  Das Grazer Wegener Zentrum hat zum ersten Mal das Wetter des gesamten österreichischen Alpenraums auf einer Skala von zehn Kilometern von den 1980er bis in die 2040er Jahre simuliert. Erste Ergebnisse: Ein Temperaturanstieg von bis zu 2,5 Grad sei zu erwarten, sagte Andreas Gobiet, Leiter der Arbeitsgruppe im Wegener Zentrum.  
Damit bestätigen die Forscher die in der Vorwoche präsentierte Studie der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien.
Doppelt soviel wie im globalen Maßstab
"Wir erwarten im Alpenraum bis um 2040 eine Erwärmung zwischen zwei und zweieinhalb Grad. Das ist in etwa das Doppelte, das wir im globalen Durchschnitt erwarten - von den 1980er bis in die 2040er Jahren ist das gut ein Grad. Das stimmt überein mit dem, was man jetzt auch schon misst. Die globale Erwärmung bis jetzt beträgt etwa 0,7 Grad seit der vorindustriellen Zeit, im Alpenraum misst man Werte von 1,5 bis 1,6 Grad", so Gobiet zur APA.
Regionale Klimaveränderungen
 
Grafik: APA, Quelle: APA/Wegener-Zentrum Graz

Prognostizierte Veränderungen von 1980 bis 2040 einiger ausgewählter Regionen.
Trockener Süden, feuchter Norden
Die Forscher rechnen auf Grund ihrer Ergebnisse südlich der Alpen und im Mittelmeerraum mit Trockenheitsproblemen vor allem im Sommer, aber auch im Herbst.

Nördlich der Alpen werde es zunehmende Niederschläge geben - diese würden "je nördlicher in Europa, desto stärker" sein. Das Signal sei aber "ein bisschen unklar", was den Winter im Süden betreffe.
"Signale", aber keine Prognosen
In den südöstlichen Regionen müsse man mit einem Rückgang an Niederschlag mit bis zu 30 Prozent im Sommer und Herbst rechnen, im Winter hingegen mit einer Zunahme von bis zu 20 Prozent: "Wobei die Unsicherheiten bei Niederschlagszenarien höher sind als bei Temperaturen, da kann man von einer Unsicherheit von etwa 30 Prozent reden", meinte der Forscher.

"Diese Signale fangen an, signifikant zu werden, aber man kann sie nicht als strenge Prognose betrachten." Auf Grund der Evaluierungsergebnisse sei das Signal im Sommer sehr vertrauenswürdig, weniger bei Niederschlägen im Herbst.
Niederschläge seltener, aber extremer
"Wenn es weniger häufig regnet, dafür aber intensiver, dann ist das ein Signal für extremere Bedingungen. Man kann davon ausgehen, dass es extremere Winterniederschläge in ganz Österreich geben wird, aber am stärksten im nördlichen und westlichen Raum - die Zunahme der winterlichen Niederschlagsintensität beträgt durchschnittlich 0,6 Millimeter pro Tag", so Gobiet.

Der Gesamtniederschlag würde sich um die zwei Millimeter pro Tag bewegen. "Es regnet bzw. schneit also an Niederschlagstagen um etwa ein Drittel mehr als heute. Prinzipiell erwarten wir über vier Saisonen im Mittel eine Abnahme der Häufigkeit und eine Zunahme der Intensität der Regentage." Einen Tag pro Monat würde es dann weniger regnen.
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Wegener Zentrum in Graz
Das Wegener Zentrum ist eine 2005 gegründete Institution der Universität Graz. Hier setzt man sich mit Klima, Klimawandel sowie dem globalen Wandel interdisziplinär auseinander und will Daten für Impactforschung liefern.
->   Wegener Zentrum Graz
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Klimasimulation mit Skala von zehn Kilometern
Die Wissenschaftler errechneten die Simulationen am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen in England, teilweise auch an der Uni Graz, die im Vorjahr ein Hochleistungsrechnersystem angeschafft hat.

Übliche regionale Klimasimulationsmodelle arbeiten zur Zeit mit einer Skala von 20 bis 50 Kilometern. Nun hat das Grazer Wegener Zentrum seine Simulationen im gesamten Alpenraum auf einer Skala mit zehn Kilometern abgeschlossen.
"Downscaling" globaler Modelle
Die Arbeitsgruppe "ReLoClim" um Projekteiter Andreas Gobiet versucht, Klimaaussagen - die es von globalen Modellen auf einer sehr großen Skala gibt - auf eine regionale Ebene zu übertragen: "Weil man hier Antworten sucht - globaler Klimawandel ist wichtig für das Verstehen, aber zu spüren bekommt man die regionalen Auswirkungen", so Gobiet.

"Ein globales Klimamodell beschreibt quasi die Welt in Kästchen mit einer Seitenlänge von 200 Kilometern - da kann man keine regionalen Aussagen treffen", erklärte der Forscher. Dem dabei entstehenden "Downscaling Problem" begegnen die Experten auch mit dem "dynamischen Downscaling": Hier wird ein Klimamodell in einen bestimmten Ausschnitt eines globalen Modells gesetzt.
Ziel: Klimasimulationen bis auf einen Kilometer
"Dadurch kann ich die Auflösung - die Seitenlänge meiner Kästchen - verkleinern", so Gobiet. "An den Rändern wird das regionale Modell von den Daten des globalen angetrieben und ab den Rändern wird dann viel kleiner gerechnet."

Das sei extrem rechenaufwendig - bei den nun abgeschlossenen Simulationen hätte man schon redlich Computer bemühen müssen: "Aber was wir wirklich wollen, ist, den Alpenraum in einer Auflösung von einem Kilometer zu beschreiben."
Oststeirisches Feldbach als Modellfall
In den kommenden Jahren werde man erste Modelle austesten. Dabei soll auch das in nächster Zeit im Betrieb gehende Messnetz des Wegener Zentrums in der Oststeiermark helfen, Modelle zu bewerten. Rund um Feldbach sind über 150 Klimastationen - eine auf zwei Quadratkilometer - aufgebaut.

[science.ORF.at/APA, 18.12.06]
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Projektpartner
Die Klimasimulationen wurden im Rahmen des österreichischen Projekts "reclip:more" durchgeführt, in dem unter der Leitung der ARC systems research das Inst. für Meteorologie und Geophysik der Univ. Wien, das Inst. für Meteorologie der Univ. für Bodenkultur Wien, die Österreichische Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und das Wegener Zentrum der Univ. Graz die Auswirkungen des Klimawandels auf den Alpenraum studieren.
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->   ReLoClim
->   Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen
Aktuelles zu dem Thema in science.ORF.at:
->   OECD-Studie: Klimawandel bedroht Ski-Tourismus (13.12.06)
->   Klimawandel: Kein Skispaß mehr unter 2.000 Meter (29.11.06)
 
 
 
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01.01.2010