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Clovis-Kultur nicht die älteste Kultur Amerikas?  
  Lange Zeit galt die "Clovis-Kultur" als die älteste menschliche Kultur in Amerika: Neue Vermessungen von Fundstücken widersprechen dem nun eindrücklich. Demzufolge lebten die Clovis-Menschen vor "nur" 11.000 Jahren auf dem Kontinent - und das für einen Zeitraum von bloß 250 Jahren.  
Clovis stehe weniger für eine homogene Gruppe indigener Amerikaner als für eine bestimmte Stufe der Technik, meinen Michael Waters von der Texas A&M University und Thomas Stafford von den Stafford Research Laboratories.
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Die Studie "Redefining the Age of Clovis: Implications for the Peopling of the Americas" ist in "Science" (Bd. 315; S. 1122; 23.2.07) erschienen.
->   Abstract
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Immigration von Beringstraße nach Alaska
Über ein halbes Jahrhundert, schreiben die Forscher, war die Clovis-Kultur als die älteste Amerikas anerkannt.

Ihre Vertreter seien - je nach Messmethode - vor 13.000 bis 11.500 Jahren über die Beringstraße nach Alaska eingewandert und hätten sich dann v.a. in Nordamerika ausgebreitet, ihren Weg aber bis an den Zipfel Südamerikas gefunden.
Benannt nach vor 70 Jahren entdeckten Speerspitzen
 
Bild: Center for the Study of the First Americans, Texas A&M University

Benannt wurden sie nach ihrer ersten Fundstätte, der Stadt Clovis im US-Bundesstaat New Mexico. 1937 waren dort Speerspitzen aus Knochen und Elfenbein gefunden worden, die fortan als typisch für die Kultur galten.

Im Bild zu sehen sind Speerspitzen von mehreren Clovis-Fundstätten in Nordamerika.
Genauere Datierung bekannter Funde
Um zu wissen, ob die Lehrmeinung zu den Clovis samt ihrer Ausbreitung gültig ist, ist eine genaue Datierung ihrer Artefakte entscheidend. Aus diesem Grund haben die beiden Paläoanthropologen nun eine Reihe klassischer Fundstücke aus den 1960er und 1970er Jahren einer neuen Messung unterzogen.

Weil sich die Radiokohlenstoff-Methoden in der Zwischenzeit stark verbessert haben, kann das Alter von Knochen und anderen Fundstücken heute wesentlich genauer bestimmt werden.

Waters und Stafford kamen deshalb zu überraschenden Resultaten: Die Clovis-Menschen lebten später als gedacht und das über einen kürzeren Zeitraum - laut den Forschern lediglich 250 Jahre lang zwischen 11.050 und 10.800 Jahren vor der Gegenwart.
Keine homogene Gesellschaft, sondern Technik?
Bild: Center for the Study of the First Americans, Texas A&M University
Clovis-Fundstätte in Gault/Texas
In dieser kurzen Zeit - umgerechnet 20 Generationen - sei es sehr unwahrscheinlich, dass sich Vertreter eines Stammes über den gesamten amerikanischen Kontinent ausgebreitet haben.

Stafford schlägt deshalb vor, Clovis nicht als homogene - und sehr schnell wandernde - Gesellschaft zu betrachten, sondern als eine Technik, die von verschiedenen Kulturen des Kontinents verwendet und verbreitet wurde.

Die These, wonach die Clovis-Kultur nicht die älteste Amerikas ist, wird auch von Funden unterstützt, die 1997 am Monte Verde in Chile gemacht wurden. Sie waren rund 1.000 Jahre älter als die frühesten Clovis-Artefakte.

[science.ORF.at, 23.2.07]
->   Michael Waters, Texas A&M University
->   Center for the Study of the First Americans
->   Clovis-Kultur (Wikipedia)
->   Clovis-Fundstätte Gault in Texas
 
 
 
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01.01.2010