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Vom Regen hinweg gespült  
  Das alle Jahre auftretende Klimaphänomen El Nino beschäftigt zunehmend nicht nur die Klimaforscher. Denn der mit dem Klimaereignis in manchen Erd-Regionen verbundene starke Niederschlag hat offensichtlich auch uralte Kulturen in Peru zu Fall gebracht.  
Dies berichten Daniel Sandweiss und seine Kollegen von der University of Maine, USA, in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Geology".

An der Küste von Peru befinden sich etliche steinerne Zeugnisse und Reste von Tempeln, die von 5.800 bis 2.800 Jahren vor unserer Zeitrechnung, während der so genannten präkeramischen Periode, als Zeugnisse früher Kulturen erbaut wurden.

Die oft mit kunstreichen Ornamenten versehenen Bauwerke sprechen laut den Anthropologen von einer reichen, hochorganisierten Kultur mit eigenen religiösen und politischen Systemen. Am Ende jener Periode vor knapp 3.000 Jahren scheinen die Tempel und Kultstätten plötzlich verlassen worden zu sein.
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Altperuanische Kulturen
Wesen und Entwicklung der altperuanischen Kulturen zeichnen sich dank der archäologischen Forschungen seit der Jahrhundertwende in ihren Grundzügen ab. Wie in Mittelamerika standen primitive Sammler, Jäger und Fischer am Anfang der Kulturentwicklung (8000-2000 v. Chr.); ihnen folgten Feldbauern mit Töpferei (frühkeramische Epoche, 2000-1250 v. Chr.). 1250 v. Chr.-200 n. Chr. begann die Urbarmachung der Täler und damit der Ackerbau in großem Umfang; es entstanden zahlreiche lokale Kulturen (u.a. Moche-Kultur und Nazca-Kultur). Klassischer Höhepunkt wurde im 1. Jahrtausend n. Chr. die Tiahuanaco-Kultur. 1450-1532 eroberten die Inka die Gebiete der anderen Stämme und Völker Perus und errichteten, gestützt auf ihre militärische Macht, ein Reich, das 1531-1533 von F. Pizarro für Spanien erobert wurde.
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Plötzliche Klimaveränderung als 'Kulturschock'
"Eine abrupt auftretende Änderung in den Klimamustern vor 3.000 Jahren könnte der Auslöser für das plötzliche Verschwinden jener altperuanischen Kulturen sein", erklärt Daniel Sandweiss.

Die Küste Perus war in den vergangenen Jahrzehnten stark von El Nino-Phänomenen betroffen gewesen. Dies resultierte in teilweise lang andauernden, sintflutartigen Niederschlägen. Solche durch El-Nino in Peru verursachten Regenfluten sind erst vor 5.800 Jahren überhaupt in Erscheinung getreten, also zu Beginn der frühen peruanischen Kulturen.
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El Nino
warmer Küstenstrom, der zur Weihnachtszeit vor der peruanischen Küste auftaucht und der auch dem unregelmäßig stattfindenden massiven Einbruch von tropischen Warmwasser in den kalten Humboldtstrom seinen Namen gibt. El Niño, "das Christkind", nennen die Fischer an der peruanischen Pazifik-Küste die warme Meeresströmung, die sich alle zwei bis sieben Jahre einstellt. Zugleich kehrt sich die vorherrschende östliche Windrichtung über dem westlichen Pazifik um - ein El Niño-Jahr beginnt. Dabei kommt die große Luftwalze der Passatwinde über dem Pazifik über ein Jahr lang fast zum Erliegen und beeinflusst so das gesamte Weltklima. El Niño führt zu Ernteausfällen in Australien, Überschwemmungen in Kalifornien und wirkt sogar auf den indischen Monsun.
->   Mehr zu El Nino
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Landwirtschaft ermöglicht
Das Zusammenfallen der ersten El Nino-Erscheinungen mit der Errichtung der ersten Tempel impliziert, dass das Auftreten von El-Nino eine funktionierende Landwirtschaft erst ermöglicht habe, argumentieren die Wissenschaftler. Und die landwirtschaftliche Nutzung jener Regionen wiederum machte die Entwicklung früher Kulturen in Peru möglich.

Jetzt zeigen die Schalen temperatur-empfindlicher
Weichtiere in Sedimenten der peruanischen Meeresküste, dass El Nino schon vor 3.000 Jahren nicht nur Landwirtschaft ermöglichte, sondern auch eine destruktive Seite hatte. Die Untersuchung jener Schalen zeigen, dass El Nino-Phänomene vor 3.200 Jahren sprunghaft zunahmen, also am Beginn der letzten Phase jener Kulturen.
Hinweise auf 'Regenschutz'
Die Archäologen fanden auch Hinweise eines steinernen 'Regenschutzes' für den jüngsten der altperuanischen Tempelanlagen. Der Tempel von "Manchay Bajo" wurde durch eine eigens errichtete Mauer vor Schlamm- und Wasserüberflutungen geschützt.

Klima-bezogenes Verschwinden alter Kulturen wird von manchen Anthropologen auch an anderen Stellen der Erde vermutet. Harvey Weiss und seine Kollegen von der Yale University, gehen davon aus, dass ein abrupter Klimawandel vor 4.200 Jahren eine Dürreperiode im mittleren Osten auslöste, die Kulturen vom östlichen Mittelmeer bis zum Indus nachhaltig beeinflusste.

(red)
->   Deptartment of Anthropology, University of Maine
Der Originalartikel in 'Geology' (29, 603 - 606,2001: kostenpflichtig) unter " Variation in Holocene El Niño frequencies: Climate records and cultural consequences in ancient Peru."
->   Originalartikel in 'Geology'
 
 
 
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01.01.2010