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Das Geheimnis der inneren Uhr  
  Unser Tag hat 24 Stunden, doch unsere innere Uhr geht 18 Minuten "nach". Für sie hat der Tag einige Minuten mehr. Dies soll laut einer neuen Studie ein Überbleibsel der Evolution sein: Um zu überleben, haben Lebewesen offenbar unterschiedlichste Tages-Rhythmen herausgebildet.  
Der japanische Physiker Hiroaki Daido vom Kyushu Institute of Technology kommt in einer neuen Untersuchung zu diesem Ergebnis, die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe der "Physikal Review Letters" veröffentlicht.
Computersimulation der Tagesrhythmen
Um eine Erklärung für den unterschiedlichen Biorhythmus vieler Lebewesen zu finden simulierte der Wissenschaftler am Computer die Tageszyklen verschiedener Lebewesen in ihrem Zusammenspiel. Dabei wurde auch einbezogen, wie sich diese Rhythmen gegenseitig beeinflussen.
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Das Simulationsmodell
Daido untersuchte den Tagesrhythmus von Lebewesen, die die ultraviolette Strahlung der Sonne nicht vertragen. Diese sind somit eigentlich bevorzugt, wenn ihr Zyklus genau mit dem der Erde bzw. Sonne übereinstimmt. Seine Annahme jedoch: eine geringe Abweichung wirke sich positiv auf das jeweilige Bevölkerungswachstum aus.
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Der Mensch und die 24 Stunden
Unser so genannter zirkadianer Rhythmus sorgt dafür, dass unser Körper einem 24-Stunden-Zyklus folgt. Doch diese innere Uhr ist nicht ganz genau auf die tägliche Drehung der Erde eingestellt. Tatsächlich folgen wir einem ca. 18 Minuten längeren Rhythmus.

Damit unser Zyklus nicht irgendwann kollabiert, stellt sich der Körper allerdings immer wieder - genauer gesagt jeden Morgen - neu ein. Licht ist der Auslöser für diese Korrektur: es beeinflusst bestimmte Proteine, die wiederum unseren Hormonspiegel, die Körpertemperatur und andere Körperfunktionen regulieren.
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Der zirkadiane Rhythmus
Wir folgen in etwa einem 24 Stunden Tag/Nachtrhythmus, den man auch als zirkadianen Rhythmus bezeichnet. Um genau zu sein, kennt unsere Körper viele verschiedene Rhythmen, die alle innerhalb der 24 Stunden ihre Hochs und Tiefs haben, wie zum Beispiel unsere Körpertemperatur. Sie steigt im Laufe des Tages an und sinkt in der Nacht ab. Aber auch Herzschlag, Blutdruck, Verdauung und Hormone haben ihre eigenen, unterschiedlichen Rhythmen und sind bei jedem Menschen verschieden. Gesteuert werden sie alle von unserer inneren Uhr, und die stellt sich jeden Morgen neu ein. Sie passt sich ständig denn äußeren Verhältnissen an.
->   Mehr zum zirkadianen Rhythmus
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Extreme Abweichungen bei Tieren und Pflanzen
Tiere und Pflanzen folgen teilweise einem Rhythmus, der noch weiter vom Sonnenzyklus abweicht, als der menschliche: Bei Tieren variiert er zwischen 23 und 26 Stunden, bei Pflanzen gar zwischen 22 und 28 Stunden.
Der 'erfolgreichste' Tagesrhythmus
Die evolutionär "erfolgreichsten" Lebewesen wiesen laut Daidos Studie alle einen Rhythmus auf, der sehr nah an den 24 Stunden des Erdumdrehungszyklus lag. Doch stimmten alle nicht völlig mit diesem überein. Der Grund: der evolutionäre Wettbewerb unter den verschiedenen Arten.

Wenn zu viele Arten zur selben Zeit auf Futtersuche gingen, so Daido, so sei die vorhandene Nahrung nicht ausreichend. Spezies also, die ähnliche oder gleiche Nahrung bevorzugen, täten gut daran, unterschiedliche Rhythmen zu entwickeln.
Benachteiligt bei exakt 24 Stunden
Tatsächlich ist laut der Studie der Wettbewerb um Nahrung bei den Arten am größten, deren Zyklus genau auf die 24 Stunden abgestimmt ist. Sie seien gegenüber den flexibleren Arten eindeutig benachteiligt.
Entwickelt im Laufe der Evolution
Dies könne erklären, warum bei verschiedenen Lebewesen die Uhren unterschiedlich "ticken": Im Laufe der Evolution hätten sich die Unterschiede aus Überlebens-Gründen herausgebildet. Daido will nun mit seinem Modell auch biologische Jahresabläufe untersuchen.

Der Physiker gibt allerdings zu, dass sein Modell ein vorläufiges sei. Die zugrunde liegenden Annahmen und Vereinfachungen müssten noch sehr genau untersucht werden, erklärte er.

(red)
->   Kyushu Institute of Technology
Der Originalartikel "Why Circadian Rhythms are Circadian: Competitive Population Dynamics of Biological Oscillators" ist erschienen in den "Physikal Review Letters" Vol. 87, 048101 (2001)
->   Der Artikel (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010