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Gentechnik gegen den Welthunger?  
  Große Enttäuschung und einen Aufschrei riefen die Vereinten Nationen vor kurzem bei zahlreichen Entwicklungshilfe-Organisationen hervor. Im Weltentwicklungsbericht des UNDP heißt es nämlich dezidiert: die Gentechnik kann das Problem des Hungers auf der Welt lösen.  
Für die Genforscher ist das endlich eine Bestätigung ihrer Bemühungen - denn sie haben die grüne Gentechnik mit dem Ziel entwickelt, bessere Ernteerträge zu erreichen. Mehr Ernte bedeutet aber nicht weniger Hunger, so die Gentechnik-Gegner.
->   United Nations Development Programme (UNPD)
->   Der Human Developement Report 2001 der UNPD
Gentech-Pflanzen: Ertragssteigerung...
Die gentechnisch veränderten Pflanzen sind gegen Schädlinge und Krankheiten widerstandsfähiger. Mit ihnen können die Bauern in der dritten Welt die Erträge steigern und sichern, sagt Erwin Heberle-Bors vom Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Wien.

Die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern müsse mit der Gentechnik auf Klimaveränderungen reagieren. Das Problem werde noch dadurch verschärft, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche durch Erosion und Verstädterung kleiner wird.
...und weniger Chemie?
Auf einer schrumpfenden Fläche müsste also Nahrung für eine wachsende Zahl von Menschen angebaut werden. "Eine Intensivierung der Landwirtschaft ist unvermeidlich. Die Gentechnik kann dabei die Rolle zur Vermeidung der Chemie in der Landwirtschaft übernehmen", erklärt Herberle-Bors weiter.

Dort wo früher Chemie zur Düngung eingesetzt wurde, komme es dann zu einer Ökologisierung der Landwirtschaft, erklärt der Biologe weiter. Denn in Entwicklungsländern wird die Chemie weit stärker als bei uns eingesetzt, Gesetze, die deren Verwendung einschränken, gibt es in der dritten Welt kaum.
Mehr Ernte hilft nicht
Für Eva Klaffenböck von der Menschenrechtsorganisation FIAN ist die Genmanipulation kein Mittel gegen Unterernährung, an der 40 Prozent der Weltbevölkerung leiden.

"Diese Argumente sind purer Zynismus. Die Gentechnik hilft nicht gegen den Welthunger. Sie kommt dort zum Einsatz, wo schon jetzt Ernteüberschüsse und Hunger nebeneinander existieren", so Klaffenböck.

Indien, Brasilien oder die Philippinen zum Beispiel sind Agrarüberschuss-Länder, in denen daneben trotzdem Hunger existiere.
->   FIAN
Hunger als Verteilungsproblem
Die Gentechnik würde nur die Großbetriebe begünstigen, nicht aber die Ärmsten, die von den Ernteüberschüssen nichts zu sehen bekommen, meint die Menschenrechtsaktivistin Klaffenböck.

Das Welthungerproblem ist in den Augen der Entwicklungshelfer vielmehr ein Verteilungsproblem. "Überall dort, wo die Menschen Zugang zu Wasser und zu Einkommen haben, gibt es keinen Hunger", so die Expertin.
Produktion für wachsende Bevölkerung
"Das ist sehr kurzfristig gedacht", entgegnet der Pflanzengenetiker Heberle-Bors auf solche Argumente. "Es gibt zwar ein Verteilungsproblem, aber es gibt auch ein Problem der Produktion für die wachsende Bevölkerung."
Gentechnik macht Bauern abhängig
Unkalkulierbar seien derzeit nicht nur das Risiko der Gentechnik selbst, sondern auch ihre sozialen Folgen, kritisiert dagegen Klaffenböck.
"Terminator"-Pflanzen in den USA
Das gentechnisch veränderte Saatgut mache die Bauern in der dritten Welt von Monopolbetrieben abhängig. Wie das aussehen könnte, das zeigen die so genannten "Terminator"-Pflanzen des Saatgutherstellers Delta & Pine Land, die jetzt in Amerika freigegeben wurden.

Sie sind so verändert, dass ihre Früchte nur durch Besprühen mit Chemikalien wieder fruchtbar werden. Die Bauern müssen also jedes Jahr das Saatgut oder die Chemikalie neu kaufen.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
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Stimme Afrikas gegen Gentechnik
Tewolde Berhan Gebre Egzaibher aus Äthiopien kämpft politisch gegen westliche Saatgutkonzerne, die mit Gentechnik afrikanische Märkte übernehmen wollen. Anfang August war er in Österreich.
->   Mehr dazu in ORF ON Salzburg
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01.01.2010