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Tiroler Schatzfund gibt Einblick in Bronzezeit  
  Einen tiefen Einblick in die Welt der Bronzezeit bietet ein im Mai diesen Jahres auf der Pillerhöhe im Tiroler Bezirk Landeck gefundener Schatz.  
Da der Entdecker, ein Hobby-Archäologe, das rund 360 Teile umfassende Depot ordnungsgemäß gemeldet hatte, hätten die Experten die Fundstücke nun "fachmännisch" freilegen können, erklärte der Ur- und Frühgeschichtler Univ.-Prof. Gerhard Tomedi gegenüber der APA.
Größtes mittelbronzezeitliches Schatzdepot Europas
Der Schatz, der als "größtes bekannt gewordenes mittelbronzezeitliches Depot Mitteleuropas" gilt, sei seitlich einer Felsspalte unter einem mächtigen Steinblock in einem keramischen Topf hinterlegt worden.

Zu den Fundstücken zählen unter anderem Schwerter, ein Helmfragment, Beile, Lanzenspitzen, Dolche und Schmuckstücke wie etwa Brillenspiralen und Zierscheiben, Gürtelteile, ein Anhänger sowie zahlreiche Sicheln. Diese stammen laut Tomedi aus einem Zeitraum von etwa 200 Jahren.
Gut erhalten
"Die Funde vom Piller decken ein bedeutendes Spektrum der materiellen Kultur der Zeit zwischen etwa 1550 und 1350 v. Chr. ab", betonte der Prähistoriker. Die Bergung habe erstmals dokumentiert, dass Älteres bisweilen weiter oben auf jüngeren Fundstücken gelegt worden war. Beim weiblichen Gehängeschmuck seien teilweise sogar noch die Lederriemen erhalten.

Da zahlreiche Stücke keine Patina (Grünspan) aufweisen, könne davon ausgegangen werden, dass diese vor der Niederlegung sorgfältig verwahrt und gepflegt worden sein müssen, erklärte Tomedi.
Art Schatzhaus?
"Nach Vergleichen mit dem ägäischen Raum wird es sich dabei um eine Art Schatzhaus gehandelt haben, womit der rituelle Charakter der Funde nahe gelegt wird". Auch die "intentionelle Zerstörung zahlreicher Fundstücke" spreche für Weihegaben, denn "Sakrales durfte nicht mehr profane Verwendung finden".
Hochstehendes Zivilisationsniveau
Weiters biete der Fund auch einen "wichtigen Einblick in das lokale Handwerk", da auch ein "Formrohling" für ein Beil sowie ein "Gusskuchen" metallurgische Prozesse belegen, führte der Wissenschaftler aus.

Bisher hätten Forscher der inneralpinen Bevölkerung "recht wenig" zugetraut. Neuere Grabungen würden aber "ein recht hochstehendes Zivilisationsniveau" belegen. Demnach seien die Bevölkerungsgruppen auch im Stande gewesen, Güter aus fernen Gebieten zu importieren.
Weitere Freilegungen
Ein früh- bis mittelbronzezeitlicher Brandopferplatz der Zeit von etwa 1800 bis 1500 v. Chr. mit monumentaler Steinarchitektur werde derzeit von Experten des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Innsbruck am "Goldbichl" bei Igls freigelegt. Die Grabungen sollen voraussichtlich noch bis Mitte September andauern.

Die "gewaltigen Ausmaße der Anlage" würden die intensive Bindung an religiöse Vorstellungen beweisen, erklärte Tomedi. Der Schatzfund werde derzeit restauriert, zeichnerisch dokumentiert und zur Publikation vorbereitet.
Internationale Zusammenarbeit
Ein internationales Expertenteam aus der Schweiz, Deutschland, Italien und Österreich werde sich an den Forschungen beteiligen. Anschließend soll der Depotfund im archäologischen Museum von Fließ ausgestellt werden, wo auch schon der Schatzfund von Fließ sowie die Gaben vom Brandopferplatz am Piller Sattel zu bewundern seien.

(APA)
->   Institut für Ur- und Frühgeschichte, Universität Innsbruck
 
 
 
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01.01.2010