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BSE: Ursachen, Nachweis, aktuelle Forschung  
  Kleine, krankhaft veränderte Proteine - so genannte Prionen - sind die Auslöser des Rinderwahnsinns. Folge ist eine schwammartige Gehirnschädigung ("Bovine Spongiforme Enzephalopathie"/BSE). BSE-infizierte Rinder werden aggressiv, verlieren ihre Orientierung und verenden qualvoll, wenn sie nicht schon vorher getötet werden.  
Tiermehl-Verfütterung führte zu BSE
Befallen wurden Rinder nach gängiger Theorie, weil Tierfutter-Hersteller in Großbritannien Schafs-Kadaver bei der Verarbeitung zu Futter nicht mehr sorgsam sterilisiert hatten. Das Fleisch- und Knochenmehl enthielt Erreger aus Scrapie-kranken Schafen, die ebenfalls ein schwammartig verändertes Gehirn aufweisen.

Möglicherweise infizieren sich auch Kälber mit Milchersatzfutter, das mit verseuchtem Tierfett angereichert ist. Andere Übertragungswege wie zum Beispiel über verseuchte Weiden oder den Kot von infizierten Tieren sind bislang nicht bewiesen worden, können aber nicht ausgeschlossen werden.
BSE und Creutzfeldt-Jakob
Forscher gehen davon aus, dass sich der Mensch beim Verzehr von BSE-verseuchtem Fleisch mit der neuen Variante der tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD) anstecken kann.

1997 hat der US-Mediziner Stanley B. Prusiner den Medizin-Nobelpreis für seine Prionen-These erhalten. Lange wurde vermutet, dass BSE durch ein bisher unbekanntes Virus ausgelöst wird.
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Prionen
Prionen - sehr kleine Proteinpartikel - besitzen keinerlei Erbinformation und können dem normalen, insbesondere in den Nervenzellen des Gehirns vorkommenden Prion-Protein durch Kontakt ihre krankmachende Form aufzwingen. Dieser Vorgang kann sich wie eine Kettenreaktion fortpflanzen und zerstört dann die betroffene Nervenzelle. Erkranktes Gehirngewebe erscheint durchlöchert wie ein Schwamm. Der Aufbau der Prion-Proteine bei verschiedenen Arten ist sehr unterschiedlich. Sehr selten können die krank machenden Prion-Formen auch durch Mutationen oder ohne ersichtlichen Grund entstehen, wie vermutlich bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.
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Nachweis von BSE: Erst Schnelltests ...
Die ersten Schritte zum Nachweis von BSE im Fleisch geschlachteter Rinder erfolgen durch so genannte Schnelltests.

Dabei werden Teile des Rinderhirns mit einem Löffel entnommen. Die im Hirn befindlichen Prionen können mit dem so genannten "Western-Blot" innerhalb von 8 bis 10 Stunden nachgewiesen werden. Bei diesem Verfahren werden gesunde und krankmachende Eiweißstoffe getrennt: in einem Gel und unter Strom trennt sich das Proteingemisch.

Ein spezielles Enzym spaltet die Proteine - die krankmachenden Prionen bleiben übrig, weil sie anders gebaut sind.
... dann zwei weitere Methoden
Liegt ein Verdacht vor, gibt es zwei weitere Methoden, um Gewissheit zu bekommen. Bei der einen Methode wird Hirn oder Rückenmark eingefärbt und unter dem Mikroskop untersucht. Die Art der Prionen gibt Aufschluss über eine Erkrankung.

Der andere Test funktioniert ähnlich wie der Schnelltest - die Markprobe wird verflüssigt und mit Enzymen vermischt. Die gesunden Prionen werden dadurch zerstört, die kranken bleiben übrig. Diese Kontrolltests dauern zwar zwei bis drei Tage, sind aber zuverlässiger.
Der Proteinfaltung auf der Spur
Falsch gefaltete Proteine sind für Krankheiten wie BSE (oder Alzheimer) verantwortlich. Frankfurter Forscher gaben im Frühjahr 2001 bekannt, dass sie diese Faltung im Experiment erzeugen wollen, um sie zu analysieren.

Zwar sind die Ursachen für das Phänomen weitgehend unbekannt; man weiß jedoch, dass fehlgefaltete Proteine (Prionen) unter anderem pathologisch wirken, indem sie zusammenklumpen (aggregieren) und nicht mehr abgebaut werden können.
->   Die "falsche" Proteinfaltung
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In Arbeit: Prionen-Nachweis im Blut
Im Sommer dieses Jahres präsentierten Schweizer Forscher ein neues Verfahren, das die Vorraussetzungen für den Nachweis von BSE, Creutzfeldt-Jakob und anderen Prionen-Erkrankungen anhand geringster Probemengen schaffen soll. Durch die künstliche Vermehrung von krank machendem Prionen - Eiweiß soll es auch möglich werden, die Infektion schon im Blut nachzuweisen.
->   Künstliche Prionenvermehrung
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Geschichte von BSE: Scrapie bei Schafen
Bei Schafen kennt man bereits seit 250 Jahren die BSE-ähnliche Krankheit Scrapie. Sie ist nach derzeitigem Wissensstand für den Menschen ungefährlich. Studien legen allerdings nahe, dass auch Schafe mit BSE infiziert werden können.

Auch von Elchen und Zuchtnerzen sind weitere übertragbare BSE-ähnliche Gehirnerkrankungen bekannt.
Wie der BSE-Erreger Artgrenze überspringt
Amerikanischen Wissenschaftlern gelang im März 2001 der Nachweis, dass BSE-Erreger von einer Art zur nächsten springen und dabei Krankheiten auslösen können.

Dies, so die Forscher, könnte neue Antworten auf die Frage geben, wie sich die Rinderseuche auf den Menschen überträgt.
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Um die Artgrenze auszutricksen, bauten die Forscher aus den Prion-Proteinen von zwei Hefearten ein Mischprion. Dann ließen die Forscher ihr künstliches Chimären-Protein auf die Prion-Proteine ("Sup35") der beiden Arten "los". Das Ergebnis: Die Erreger sprangen von der einen Art zur anderen.
->   BSE-Erreger überspringt Artgrenze
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Fast alle BSE-Fälle in Großbritannien
Seit Ausbruch der Seuche 1984 traten in elf der 15 EU-Länder BSE-Fälle auf. Bis Mai 2001 wurden 181.403 Erkrankungen festgestellt, davon 179.441 in Großbritannien. In Schweden und Österreich gab es bis zum heutigen Tag keine bestätigten positiven BSE-Testergebnisse.
Mehr über BSE und Creutzfeldt-Jakob in science.orf.at:
->   Fehlendes Gen für Creutzfeldt-Jakob verantwortlich?
->   BSE-Therapie noch in weiter Ferne
->   Hoffnung auf vCJK - Impfstoff
->   Proteinfaltung in Echtzeit dank neuer Methode
->   BSE-Ratgeber
 
 
 
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01.01.2010