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Ölfressende Bakterien erzeugen Strom  
  Bakterien können Ölverschmutzungen von Tankerunfällen beseitigen und zur gleichen Zeit elektrischen Strom erzeugen. Dies ist die überraschende Entdeckung amerikanischer Forscher.  
Dass gewisse Bakterien Strom erzeugen können, und andere wiederum organische Verbindungen biologisch verwerten können, war bereits bekannt. Doch unklar war bislang, welche Bakterienspezies dazu in der Lage ist.

Derek Lovely von der "University of Massachusetts" in Aimherst und seine Kollegen haben jetzt nicht nur die Bakterien-Spezies identifiziert, die Strom erzeugen oder organische Verbindungen verwerten kann, sondern haben darüber hinaus herausgefunden, dass diese Strom produziert, während sie organischen Abfall "verdauen". Darüber berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von "Science".
Artikel in "Science" (Science; Volume 295, Number 5554, Issue of 18 Jan 2002, pp. 425-426. Electrode-Reducing Microorganisms That Harvest Energy from Marine Sediments)
->   Artikel in "Science" (kostenpflichtig)
Überschüssige Elektronen "abgekippt"
Die Bakterien, die zur Familie der Geobacteraceae gehören, entnehmen Kohlenstoff Elektronen, um daraus das für ihren Stoffwechsel notwendige Kohlendioxid zu produzieren.

Normalerweise "verschleudern" die Bakterien den dabei entstehenden Elektronenüberschuss, indem sie diese auf eisen- oder schwefelhältige Mineralien auf dem Meeresboden "abkippen".
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Elektronen
negativ geladene Elementarteilchen der Atomhülle. Die Masse des ruhenden Elektrons beträgt m = 0,9105 f 10-27 g; es ist rund 1836-mal leichter als das Proton. Alle elektrischen Vorgänge beruhen auf Bewegungen von Elektronen: Werden einem Körper Elektronen zu- oder abgeführt, so lädt er sich negativ bzw. positiv auf; Wanderungen von Elektronen entspricht der Stromfluss, Schwingungen ergeben elektrische Wellen, Elektronenabtrennung aus Atomen bedeutet Ionisation usw. Im Vakuum frei bewegliche Elektronen stoßen sich gegenseitig ab und fliegen im elektrischen Feld in Richtung des positiven Potenzials; im Magnetfeld bewegen sie sich senkrecht zu den Feldlinien.
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Batterie am Meeresboden
Die Bakterien häufen allerdings die überschüssigen Elektronen genauso gut auf der Elektrode eines elektrischen Kreislaufes an wie sie es an Mineralien am Meeresboden tun.

Wie Wissenschaftler der Oregon University bereits letztes Jahr entdeckten, kann man einen batteriebetriebenen Stromkreislauf herstellen, indem man eine Elektrode in Sedimente auf dem Meeresboden verpflanzt und die andere im freien Wasser darüber platziert.
Artikel in "Environmental Science & Technology" zu den
"Sedimentbatterien" (35, 192 - 95, (2001).
->   Artikel in "Environmental Science & Technology" (kostenpflichtig)
Meeressediment als natürliche Energiequelle
Die jetzige Entdeckung nährt Hoffnungen, den Meeresboden in naher Zukunft als natürliche Energiequelle zu nutzen. In erster Linie sollen die dann einsatzfähigen Technologien die Stromversogung von Geräten zur Erforschung des Meeres gewährleisten.
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Elektrode
meistens ein metallischer Leiter, der dazu dient, elektrische Ladungsträger in eine Flüssigkeit, in ein Gas, ins Vakuum oder auf die Oberfläche eines festen Körpers zu leiten, z. B. bei der Elektrolyse. Die positive Elektrode heißt Anode und die negative Kathode.
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Identifizierte Bakterien
Das Team aus Oregon wusste schon länger, dass Mikroorganismen elektrischen Strom produzieren können, war aber bislang nicht in der Lage, diese eindeutig zu identifizieren.

Indem Derek Lovely in seinem Labor Batterien aus Sedimentproben des Meeresbodens herstellte, konnte er die Bakterien als zur Familie der Geobacteraceae gehörend identifizieren, die sich dabei an einer der Elektroden ansammelten.
Süßwasserverwandte mit den selben Fähigkeiten
Die im Süßwasser lebenden Geobacteraceae sind interessanterweise ebenso in der Lage, elektrischen Strom aus organischen Abfällen zu produzieren, wie ihre Verwandten aus den Ozeanen.

Das ist auch im Hinblick auf die aufwendige Reinigung von Grundwasserdepots, die durch Öl oder Abwässer kontaminiert wurden, interessant.
Umweltfreundliche Stromerzeugung
Die im Süßwasser lebenden Geobacteraceae können organische Verbindungen wie Erdöl in ihre Bestandteile zerlegen. Es fehlt ihnen aber im Gegensatz zu ihren Meeresverwandten die nötige Menge an so genannten Elektronenakzeptoren wie die im Meer vorkommenden Mineralien.

Wenn man diesen Bakterien also eine Elektrode liefert, an die sie ihre Elektronen abgeben können, kann man sogar elektrischen Strom gewinnen, während diese umweltbelastende Verschmutzungen abbauen.
->   Department of Microbiology, University of Massachusetts
->   Homepage von Derek R. Lovley
 
 
 
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01.01.2010