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Charles Darwins Vorgänger war ein Gärtner  
  Zwar wurde der Begriff "Ökologie" erst 1866 geprägt, die ersten "ökologischen Experimente" aber schon Jahrzehnte zuvor - im Kräutergarten eines englischen Herrenhauses - durchgeführt. Der Frühgeschichte der relativ jungen Wissenschaftsdisziplin kamen nun Forscher auf die Spur, die sich durch eine Bemerkung Charles Darwins anregen ließen.  
Zusammenhang Ökosystem und Artenvielfalt
Der Mitbegründer der Evolutionstheorie hatte sich bei seinen Arbeiten über die biologische Vielfalt auf Experimente berufen, die ein britischer Gärtner schon 43 Jahre vor ihm machte. George Sinclair hat Anfang des 19. Jahrhunderts in Woburn Abbey (England) ökologische Experimente durchgeführt und ist der erste Mensch, der einen Zusammenhang zwischen Ökosystemen und der biologischen Vielfalt festgestellt hat.

Dies schreiben Andy Hector vom Imperial College in Ascot und Rowan Hooper vom National Institute for Environmental Studies in Tsukuba, Japan in der neusten Ausgabe der US-Zeitschrift "Science".
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Original-Artikel in Science (kostenpflichtig)
->   Darwin and the First Ecological Experiment (Andy Hector und Rowan Hooper)
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Original im British Museum in London gefunden
Darwin hatte in seinem 1859 erschienenen Grundwerk "Von der Entstehung der Arten" die These aufgestellt, dass biologische Vielfalt das Wachstum der Pflanzen fördere, und sich dabei auf Studien berufen, deren Quelle er zunächst nicht nannte.

In einem anderen Werk eröffnet Darwin schließlich, auf welche Quelle seine Aussage beruht: Ein 1816 veröffentlichtes Buch von George Sinclair, dem Gärtner des Duke of Bedford, in dem dieser Versuche beschreibt, die Menge und Qualität von Nahrungspflanzen für Tiere zu steigern. Die Ergebnisse dieser Experimente wurden ursprünglich in der Zeitschrift "Hortus Gramineus Woburnensis" (HGW) veröffentlicht.

Hector und Hooper fanden beim Durchforschen alter Manuskripte im British Museum nun das Originalwerk inklusive getrockneter und gepresster Gräser.
Sinclairs Versuche
Sinclair liefert darin eine detaillierte Beschreibung seiner Forschungsarbeit. Der Gärtner experimentierte mit 242 Rahmen von je vier Quadratfuß - etwa ein Drittel Quadratmeter. Diese Rahmen füllte er mit unterschiedlichen Erden und säte systematisch eine Vielzahl von Samenmischungen aus.

Neben dem Ertrag an Biomasse bestimmte er auch die stoffliche Zusammensetzung der Böden und Pflanzen - eine der frühesten chemischen Analysen in diesem Zusammenhang, die unter der Aufsicht des Chemikers Sir Humphry Davy durchgeführt wurden.

 
Bild: British Museum

Plan des Hortus Gramineus, des Grasgarten in Woburn Abbey 1817 mit Original-Beschriftung.
"Ökologische Arbeitsteilung"
Das Werk Sinclairs beeinflusste die Entwicklung von Darwins "Prinzip der Artenvielfalt", eine der wichtigsten Bestandteile seiner Evolutionstheorie. Nach diesem Prinzip führt natürliche Selektion innerhalb des gleichen Systems zu neuer Vielfalt.

Zwar bestand Darwins Hauptinteresse nach Ansicht von Hooper und Hector darin, Evolution von Arten aufgrund der natürlichen Selektion zu beschreiben. Sie glauben aber, dass Darwin durch das explizite Verknüpfen von Vielfalt mit Produktivität und Zersetzung der Organismen auch die Konsequenzen für Ökosysteme - die "ökologische Arbeitsteilung" - erkannt hatte.
Mehr Leben: Im Sinne der Chemie
So schreibt Darwin in "Natural Selection", dass "eine absolut größere Menge an Leben bestehen kann, wenn es sich unter vielen und stark unterschiedlichen Formen entwickelt".

Für das beste Maß von "Menge an Leben" hielt er die Menge der chemischen Bestandteile und Produkte innerhalb einer vorgegebenen Zeitperiode.
Die ersten ökologischen Experimente
Insofern, so die Autoren in 'Science' weiter, handle es sich bei den Testreihen von Woburn Abbey um die ersten "ökologischen Experimente" der Geschichte. Auch wenn der Begriff "Ökologie" im heutigen Sinne erst 1866 vom deutschen Biologen Ernst Häckel geprägt wurde.
->   Science
->   Centre for Population Biology, Imperial College
->   National Institute for Environmental Studies, Tsukuba
 
 
 
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01.01.2010