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US-Intellektuelle für gerechten "Krieg gegen Terror"  
  Während die Welt noch darüber rätselt, wo und wann die nächsten sichtbaren Kämpfe des "Kriegs gegen Terror" gefochten werden, haben sich gestern (12.2.) führende amerikanische Intellektuelle eindeutig positioniert. Fünf Monate nach den Anschlägen vom 11. September rufen sie in einer im Internet verlautbarten Stellungnahme zum "gerechten Krieg" auf - und unterstützen mit moralischen und politischen Thesen die Politik von George W. Bush.  
"What we're fighting for": 60 Erstunterzeichner
Insgesamt 60 Erstunterzeichner bekennen sich zu dem Aufruf "What we're fighting for", darunter eher konservative Wissenschaftler wie der Soziologe Francis Fukuyama oder der Kulturhistoriker Samuel P. Huntington, aber auch Sozialwissenschaftler wie Michael Walzer und Amitai Etzioni sowie weitere Politologen, Religionswissenschaftler und Völkerrechtler.
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Veröffentlicht wurde der Aufruf auf der Homepage des "Institute of American Values".
->   "What we're fighting for"
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18 Seiten für universale Werte
Auf insgesamt 18 Seiten wird moralisch, politisch und juristisch begründet, warum "universale Werte und Grundrechte manchmal in einem gerechten Krieg" verteidigt werden müssen.

Die Stellungnahme gliedert sich in Überlegungen über amerikanische Werte, die Rolle der Religion, die Theorie des gerechten Krieges sowie einen Anhang mit Anmerkungen zu den Schlüsselbegriffen und der Debatte über den Entwurf.
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Francis Fukuyama
Francis Fukuyama, Politologe an der Johns Hopkins University, erklärte 1992 in seinem Bestseller "Das Ende der Geschichte", dass die Weltgeschichte nach dem Fall des Kommunismus am Ziel sei: Die liberale Demokratie des Westens sei das unumstrittene Modell, nach dem Menschen überall leben wollten. Die Geschichte, nach Hegel begriffen als ständiger Kampf um Anerkennung, sei daher zu Ende.
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Notwendigkeit für moralische Begründung
In einer Präambel werden die Hauptthesen des Texts zusammengefasst.

"Manchmal wird es notwendig für eine Nation, sich mit Waffengewalt selbst zu verteidigen. Weil aber Krieg eine schwerwiegende Angelegenheit ist, die das Opfern und Auslöschen wertvoller Menschenleben einschließt, verlangt das Gewissen von jenen, die den Krieg erwägen, dass sie die moralische Begründung ihres Handelns klar benennen, um voreinander und vor der Weltgemeinschaft die Prinzipien zu klären, die sie verteidigen."
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Samuel P.Huntington
Samuel P. Huntington leitet das Institut für strategische Studien an der Universität Harvard und gehört zu den meistdiskutierten politischen Autoren der westlichen Welt. In seinem umstrittenen Buch "Der Kampf der Kulturen" zeichnet Huntington für das 21.Jahrhundert Konflikte zwischen den großen Kulturen der Welt: Sieben Zivilisationen unterscheidet er, auf Grund derer es eher zu Auseinandersetzungen kommen soll als wegen politischer oder wirtschaftlicher Ursachen.
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Fundamentale Wahrheiten
Die Verfasser des Aufrufs bekräftigen, dass es "fundamentale Wahrheiten" gebe, auf die alle Menschen Anspruch hätten. Dazu gehöre, dass alle Menschen frei geboren seien und die gleiche Würde und die gleichen Grundrechte hätten. Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit seien unverletzbare Rechte des Menschen.
Töten im Namen Gottes ist Betrug
Das Töten im Namen Gottes stehe im Gegensatz zum Glauben an Gott und bedeute "den schwerstwiegenden Betrug an der Universalität religiösen Glaubens". Die Autoren, so der Schluss der Präambel, wollen "kämpfen, um uns selbst und diese allgemeingültigen Prinzipien zu verteidigen".
->   Wer will, kann den Aufruf ebenfalls unterschreiben
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Die Kommunitaristen
Amitai Etzioni, Sozialwissenschaftler an der George Washington University, gehört wie Michael Walzer zu den Mitbegründern des US-amerikanischen Kommunitarismus. In dieser Denktradition kann "Zerfallserscheinungen der westlichen Welt" nur durch die Rückbesinnung der Bürger auf traditionelle Werte und uramerikanische Tugenden wie Eigeninitiative, Gemeinsinn und die Bereitschaft zur Selbsthilfe begegnet werden.
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Universale Moral gegen globale Killer
"Organisierte Killer mit globaler Reichweite bedrohen uns alle", heißt es in dem Papier weiters. Deshalb unterstützen die Unterzeichner "im Namen der universalen menschlichen Moral" die Entscheidung unserer Regierung und unserer Gesellschaft, Waffengewalt gegen sie einzusetzen".

Sie erklären "feierlich mit einer Stimme, dass es für unsere Nation und ihre Verbündeten darauf ankommt, diesen Krieg zu gewinnen."
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Islamisch-Europäische Konferenz in Istanbul
Der Aufruf der amerikanischen Intellektuellen kommt just zu jenem Zeitpunkt, als in Istanbul Vertreter von 71 europäischen und islamischen Staaten zusammengekommen sind, um über ein besseres gegenseitiges Verständnis der Kulturen zu beraten. An dem vom türkischen Staatspräsidenten Ahmet Necdet Sezer eröffneten Forum der Europäischen Union und der Organisation der Islamischen Konferenz nehmen mehr als 40 Außenminister teil.
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"Die meisten Moslems sind anständig"
Am 11. September habe eine Gruppe von Individuen vorsätzlich die USA angegriffen. Sie seien Teil eines internationalen islamistischen Netzwerkes, das in 40 Ländern aktiv sei.

Dennoch müsse betont werden, "dass die Moslems in ihrer überwältigenden Mehrheit anständig, gläubig und friedliebend" seien.
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Eine umfangreiche Übersetzung des Aufrufs hat auch der Berliner Tagesspiegel veröffentlicht:
->   Tagesspiegel-Story
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->   Mehr über den 11. September und die Folgen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010