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Streit um Veröffentlichung des Reisgenoms  
  Vergangenes Jahr wurde die Genom-Entzifferung der Reispflanze gemeldet. Nun ist rund um diese ein Streit ausgebrochen: In einem offenen Brief an das Wissenschaftsmagazin "Science" erklären führende Wissenschaftler, dass sie eine Beschränkung des Zugangs zu den Daten - und damit Nachteile für die internationalen Forschungen befürchten.  
Insgesamt 20 der weltweit führenden Genetiker haben den Brief unterzeichnet, wie das Fachmagazin "Nature" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Demnach fordern die Wissenschaftler allgemein einen freien Zugang zu Genomsequenzen über öffentliche Datenbanken.
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Geneticists get steamed up
Der Artikel "Geneticists get steamed up over public access to rice genome" ist erschienen in "Nature", Bd. 416, S. 111-112, vom 14. März 2002.
->   Originalartikel in "Nature" (kostenpflichtig)
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Beschränkungen beim Reisgenom?
Anlass für den Brief ist ein Gerücht, dem zufolge die Schweizer Biotech-Firma Syngenta - Forscher des Unternehmens meldeten Anfang 2001 die Entschlüsselung des Reisgenoms - demnächst in "Science" über ihre Forschungen berichten wird.

Allerdings will das Fachmagazin den Wissenschaftlern zufolge diesen und auch andere Artikel ähnlichen Inhalts publizieren, ohne dass sich die Forscher gleichzeitig dazu bereit erklären müssen, ihre gesamten Ergebnisse in die Datenbank "GenBank" einzuspeisen.
GenBank: Freier Zugang für alle Forscher
Seit den 1980er Jahren existiert dieses Projekt "GenBank" bereits. Die Datenbank speist sich aus den Informationen, die verschiedenste Forscher bzw. Forschungseinrichtungen zur Verfügung stellen - unter dem allgemeinen Konsens, dass eine solche Zusammenarbeit allen Nutzen bringt.

Denn die darin enthaltenen Daten zu den genetischen Codes von Pflanzen, Tieren oder Menschen stehen über "GenBank" allen Wissenschaftlern frei zur Verfügung, um damit zu arbeiten. Erste und einzige große Ausnahme bislang: Celera Genomics und seine Sequenzierung des Humangenoms.
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Der Hintergrund: Celera verweigerte Preisgabe der Daten
Bereits im vergangenen Jahr zog "Science" harsche Kritik auf sich, als es die Veröffentlichung des Humangenoms durch Craig Venters Unternehmen Celera Genomics erlaubte, obwohl die Firma ihre Ergebnisse nicht - wie der große Konkurrent und öffentliche Forschungsverbund Human Genome Project (HGP) - in "GenBank" zur allgemeinen Verfügung stellte.

Stattdessen sicherte sich Celera weiterhin - zumindest teilweise - die Nutzungsrechte, eine neue und erstmalige Beschränkung einer wissenschaftlichen Publikation, wie sie zuvor noch nicht bekannt war. Nach Ansicht vieler Wissenschaftler stellte dieser Vorfall einen unwillkommenen "Präzedenzfall" dar. Zumal Celera für die Vervollständigung seiner Daten auf das HGP zurückgreifen musste, im Gegenzug aber zu deren Sequenzierungsarbeit nichts beitrug.
->   Celera Genomics
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Syngenta "unter Beschuss"
Das solchermaßen in die Kritik geratene Biotech-Unternehmen Syngenta stellt seine Daten im Augenblick nur einem ausgewählten Kreis von Forschergruppen zur Verfügung - unter speziellen Bedingungen.

Für die Verfasser des Briefes ein Skandal, der an das Herzstück dessen rühre, was die Wissenschaft ausmacht, wie es einer der beteiligten Wissenschaftler laut "Nature" formuliert.

Es gehe um den "freien Austausch von Ideen, Daten und Reagens", formuliert es Bruce Stillman, Leiter des Cold Spring Harbor Laboratory im US-Bundesstaat New York.
Keine neue Debatte ...
Die Debatte ist nicht neu, immer wieder kam es in den vergangenen Monaten zu Diskussionen um die Freigabe von Forschungsergebnissen. Erst kürzlich hat etwa eine Studie erbracht, dass fast die Hälfte aller US-Gentechniker bei ihren Forschungen auf Widerstände "aus den eigenen Reihen" stößt.
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Widerstände aus eigenen Reihen
Der Studie zufolge klagten 47 Prozent der Forscher, ihnen sei in den vergangenen drei Jahren mindestens einmal die Herausgabe von Forschungsergebnissen durch Kollegen verweigert worden. Ein Viertel der Forscher sei dadurch massiv behindert worden, jeder Fünfte habe sein Forschungsvorhaben sogar aufgeben müssen.

Als Grund für die mangelnde Transparenz bei Forschungsdaten unter Kollegen wurde die zunehmende Konkurrenz auf dem Gebiet der Gentechnik genannt. Besonders häufig seien in diesem Zusammenhang Forscher kritisiert worden, die an der Entschlüsselung des Humangenoms mitgearbeitet hatten.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Pro und Contra
Natürlich versuchen die privaten Forschungsunternehmen, aus ihren Ergebnissen Kapital zu schlagen - schließlich müssen auch sie ihre teuren Forschungen finanzieren. Und die kommerziellen Nutzungsmöglichkeiten von Erkenntnissen aus dem Gebiet der Genforschung sind tatsächlich enorm.

Daneben bleiben die Bedenken vieler anderer, ob diese Entwicklung in Zukunft zu einer Beschränkung des Zugangs zu Forschungsdaten - und damit in weiterer Folge zu Monopolstellungen etwa durch Genpatente im medizinischen Bereich führen wird.
Ein bisschen besser als gar nichts?
Die nun durch das Reisgenom entstandene Debatte steht also in einem "globalen Zusammenhang" mit der Tendenz, die die Biotechnologie allgemein bzw. die Gentechnik im speziellen in den kommenden Jahren aufweisen wird.

Ron Cantrell etwa, Leiter des International Rice Research Institute auf den Philippinen, sieht die Syngenta-Diskussion pragmatisch. Man müsse sich fragen, ob es besser sei, überhaupt keinen Zugang zu irgendwelchen Daten zu haben, so Cantrell laut "Nature".
Streit bald beigelegt?
Und Syngenta hat, so berichtet das Magazin weiter, im Januar Gespräche mit dem durch öffentliche Gelder finanzierten Rice Genome Sequencing Project (IRGSP) aufgenommen. Demnach ist man prinzipiell zur Zusammenarbeit bereit und will Daten zur Verfügen stellen.

Der Ausgang des Streits um das Reisgenom bleibt also noch abzuwarten - in der generellen Debatte um den freien Zugang zu Informationen und Daten jedoch zeichnet sich zumindest im Augenblick kein Ende ab.
->   GenBank
->   Syngenta
->   IRGSP
->   Science
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Wissenschaft gratis für alle?
->   Die Zukunft der wissenschaftlichen Zeitschrift
 
 
 
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01.01.2010