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Steinzeitliche Mustersuche im modernen Gehirn  
  Äußerlich hat sich der Mensch in den vergangenen 20.000 Jahren sehr verändert, unser Gehirn aber scheint noch immer archaischen Prinzipien zu gehorchen. US-Forscher haben festgestellt, dass das Gehirn automatisch nach Mustern sucht - ein Verhalten, das den Wissenschaftlern zufolge ein Überbleibsel aus den Anfängen der Menschheit darstellt und in der modernen Welt zu absurden und irrationalen Annahmen führen kann.  
Als Beispiel nennen die Neurobiologen vom "Duke University Medical Center" etwa die gängige Vorstellung, wenn man das Auto wasche, dann werde es sicher regnen. Die Studie wird in einer der kommenden Ausgaben des Fachmagazins "Nature Neuroscience" veröffentlicht werden.
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"Perceiving patterns in random series"
Der Artikel "Perceiving patterns in random series: dynamic processing of sequence in prefrontal cortex" der drei Neurobiologen Scott Huettel, Beau Mack und Gregory McCarthy vom "Duke University Medical Center" ist als Online-Publikation vorab (8. April 2002) in "Nature Neuroscience" erschienen.
->   "Nature Neuroscience"
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Quadrate und Kreise im Wechsel
Die Wissenschaftler untersuchten mittels moderner bildgebender Verfahren die Gehirnaktivität von Versuchspersonen, während diese am Computer einen einfachen Test durchführten. Tauchte am Bildschirm ein Quadrat auf, so mussten die Probanden mit der rechten Hand einen Knopf betätigen, zeigte sich ein Kreis, war die linke Hand gefragt.

Die Versuchspersonen wussten dabei sehr genau, dass die Abfolge der Quadrate und Kreise eine rein willkürliche war. Doch wie Huettel, einer der beteiligten Neurobiologen, ausführt, ergeben sich auch in einer solchen zufälligen Abfolge immer wieder kurze Sequenzen von Mustern - wie etwa einige Kreise direkt hintereinander oder ein Wechsel von Kreis und Quadrat.
Präfrontaler Kortex sucht nach Mustern
Ein Gehirn-Scan sollte Aufschluss geben, ob das Gehirn trotz der Willkürlichkeit Muster sucht bzw. erkennt und welches Areal in diesem Fall aktiv ist. Unter "Verdacht" stand der so genannte Präfrontale Kortex, denn hier wird auf Grund früherer Studien das Arbeitsgedächtnis des Menschen vermutet.
->   Informationen zum Präfrontalen Kortex
Wie Huettel erklärt, konnte genau das beobachtet werden. Immer dann, wenn ein vermeintliches Muster durchbrochen wurde, zeigte sich im Präfrontalen Kortex eine gesteigerte Aktivität. Während die Versuchsperson äußerlich in keiner Weise überrascht reagierte, war der "Bruch" im Gehirn deutlich messbar.
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Teilergebnis: Komplexeres Muster braucht länger
Ein Teilergebnis der Studie ist laut Huettel auch, dass ein Muster aus abwechselnden Kreisen und Quadraten länger ablaufen musste, um bei den Probanden eine Reaktion hervorzurufen. Eine einfache Abfolge mehrerer Quadrate beispielsweise rief sehr viel schneller eine Reaktion hervor. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist das ein - nicht sehr überraschender - Hinweis darauf, dass komplexere Muster vom Gehirn langsamer erkannt werden.
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Ein evolutionäres Überbleibsel?
Die Ergebnisse der Studie beweisen nach Ansicht des Forscherteams, dass das Gehirn automatisch nach Mustern sucht - auch wenn vorgeblich gar keine auftreten. Der Präfrontale Kortex sei dafür verantwortlich, aktiv und dynamisch Informationen über die Umgebung zu verarbeiten.

Dieses Verhalten stelle ein Überbleibsel aus den frühen Anfängen der Menschheit dar, schreiben die Neurobiologen. Es sei einst entstanden, um unsere Vorfahren vor etwaigen Gefahren zu warnen - und beispielsweise das Knacken eines Zweiges als Signal für einen sich nähernden Feind zu erkennen.
"Natürliche" kontra moderne Welt
Wie Huettel erläutert, entstanden solche Mechanismen zu einer Zeit, als der Mensch mit der "natürlichen Welt" zurechtkommen musste. Doch in der modernen Welt von heute seien diese Gehirnfunktionen vielleicht nicht mehr optimal.

Während sich demnach die Muster in der "natürlichen Welt" fast alle kausal verhalten, gilt das in der technologisierten Welt von heute nicht mehr uneingeschränkt.
Der Ursprung abergläubischen Verhaltens
Das Gehirn aber, führt der Neurobiologe weiter aus, suche noch immer nach aussagekräftigen Mustern, auch wenn es dort vielleicht gar keine gebe. Auf diese Weise entstehen etwa gewisse abergläubische Verhaltensweisen, so die These der Forscher.

Als Beispiel nennen sie etwa den angenommenen Zusammenhang zwischen Autowaschen und Regnen oder den "Glauben" eines Spielers, dass zwei Würfel in bestimmten regelmäßigen Abständen eine Sieben ergeben müssen.
->   Duke University Medical Center
Mehr zum Thema Gehirnaktivität in science.ORF.at:
->   Humor: Präfrontaler Kortex "begreift" Witze
 
 
 
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01.01.2010