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Bio-Patente: Kritik der ÖÄK an EU-Ethikgruppe  
  Die EU-Ethikgruppe hat sich am Dienstag für die Patentierung menschlicher Stammzellen unter bestimmten Bedingungen ausgesprochen. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Otto Pjeta kritisiert dies heftig.  
"Schmerzliche Kapitulation vor Wirtschaft"
Wörtlich hält er die Empfehlung zur Patentierung von menschlichen Stammzellen und Genomen für "eine schmerzliche Kapitulation vor vordergründigen Interessen der Wirtschaft, mit der fundamentale Positionen ausgehöhlt werden".
Keine Patente auf Leben
Auf das Leben an sich könne und dürfe es keinen Patentschutz geben, genau so wenig wie auf Wasser, Feuer oder in der Natur vorkommende Vegetation. Erst der Eingriff zur zielorientierten Veränderung natürlichen Guts biete die Voraussetzung für Patenterteilungen, erklärte der Standespolitiker in einer Aussendung.

Pjeta: "Bei embryonalen Stammzellen und Stammzelllinien handelt es sich um Entdeckungen, die als Basis für nachfolgende Forschung und Entwicklung Allgemeingut sind. Erst daran anknüpfende Verfahren und Erfindungen sind patentierbar."
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EU-Ethikgruppe für Patentierung
Die EU-Ethikgruppe - ein international besetztes Gremium, das die EU-Kommission bei ethischen Fragen in der Wissenschaft berät -, legte am Dienstag einen Bericht vor, wonach mittels eines technischen Verfahrens veränderte Stammzelllinien patentiert werden können.

"Zellen, die legal entnommen worden sind, müssen auch patentrechtlich geschützt werden können, wenn ein therapeutischer Nutzen absehbar ist", sagte die Vorsitzende der Gruppe, Noelle Lenoir. "Wenn man die entsprechende Forschung in Europa untersagt, wandert sie in die Vereinigten Staaten ab", sagte Noelle weiter. Es lägen bereits zahlreiche Anträge bei den Patentämtern diesseits und jenseits des Atlantiks vor.
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Breite Diskussion erforderlich
Menschliche Genome, Teile davon, Organe oder Zellen des menschlichen Körpers seien aus Sicht der Ärzte ein unveräußerlicher Bestandteil des Menschen, argumentierte Pjeta: "Die genetische Ausstattung ist das wichtigste Erbe der Menschheit und essenzieller Bestandteil der ureigensten Persönlichkeit eines Menschen. Mit dem Problem der Patentierbarkeit des Lebens werden grundlegende Fragen der Menschenwürde aufgeworfen, die keineswegs von kleinen Expertengruppen beantwortet werden können."

Das Thema sei daher in breiter Öffentlichkeit von Politik und Wissenschaft zu diskutieren, alle Gruppen seien zu hören.
"Geschmacklose Kommerzialisierung"
Der Ärztekammerpräsident zeigte sich "entsetzt über den leichtfertigen Umgang mit bisher unumstrittenen ethischen Grundsätzen". Pjeta sieht darin einen Trend zur "geschmacklosen Kommerzialisierung" des menschlichen Lebens, welche die Forschungselbst erheblich behindern werde.

Das habe auch Auswirkungen auf den medizinischen Fortschritt: "Denn die Forschung an patentgebundenem genetischen Gut, die unter Umständen zu lebensnotwendigen Neuentwicklungen führen könnte, wird mit teuren Lizenzgebühren zu bezahlen sein."
->   Österreichische Ärztekammer
->   Mehr über Biopatente in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010