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Zehn Jahre Patent auf die Krebsmaus  
  Die namenlos gebliebene "Harvard-Krebsmaus" ist neben dem Klon-Schaf "Dolly" das wohl prominenteste Versuchstier der internationalen Forschung. Vor zehn Jahren, am 13. Mai 1992, wurde die Krebsmaus als erstes Säugetier in Europa patentiert. Befürworter sprachen von einem "Durchbruch" für die damals aufstrebende gentechnische Wissenschaft und Krebsforschung, die Gegner beschworen einen "Dammbruch" bei der "Patentierung von Leben".  
Erbittert wird seitdem über den erfinderischen Anspruch gestritten, was eine Entdeckung und eine zu patentierende Erfindung ist. Patentinhaber der Krebsmaus ist die renommierte US-Universität Harvard.

Bei der Krebsmaus wurde ein menschliches Krebsgen auf das Tier übertragen. Das Patent umfasst Säugetiere, in deren Erbgut zusätzliche Gene eingefügt werden, so dass sich häufiger Tumore bilden.
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Die Harvard-Krebsmaus
Das Europäische Patentamt in München vergab am 13. Mai 1992 zum ersten Mal ein Patent (EP 169672) auf ein Säugetier, die so genannte Harvard-Krebsmaus. Den Forschern der amerikanischen Universität war es gelungen, in das Erbgut von Mäusen ein menschliches Krebsgen einzuschleusen, durch das die Nager frühzeitig und mit hoher Häufigkeit Krebstumore entwickeln. Die USA hatten die Krebsmaus bereits 1988 unter Erfinderschutz gestellt.

Der Patentschutz von 20 Jahren erstreckt sich auf transgene Säuge- und Nagetiere, in deren Erbgut das so genannte Onko-Gen eingebracht wurde. Die amerikanische Chemie-Firma DuPont besitzt die Lizenz auf die Harvard-Krebsmaus. Alle Einsprüche gegen das Patent wurden in zwei Beschwerdeverfahren im Kern zurück gewiesen.
->   Europäisches Patentamt in München
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Große Hoffnungen ...
Nach den Vorstellungen der "Erfinder" der Krebsmaus sollten die genmanipulierten Tiere für Tests von Krebs erregenden Substanzen und zur Erprobung von Medikamenten verwendet werden.

Die Wissenschaftler glaubten, durch die Krebsmaus neue Behandlungsformen für Krebs zu finden und die Entstehung von Tumoren besser verstehen zu können. Doch die großen Hoffnungen der Forscher haben sich - bislang zumindest - nicht erfüllt.
... ohne nennenswerte Ergebnisse
Der Münchner Wissenschafter Axel Ullrich, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie, spricht zehn Jahre nach der Patentvergabe von einem "symbolischen Schritt", der für die Wissenschaft ohne "praktische Bedeutung" geblieben sei.

Das patentierte Krebsmaus-Verfahren habe lediglich bestätigt, was vorher schon bekannt war: dass dieses spezifische Gen für die Entstehung von Brustkrebs relevant sei.

"Für weitere Erkenntnisse zur Krebsentstehung hat das Patent nahezu nichts gebracht", sagte Ullrich. Der "große Durchbruch" bei der Krebsforschung sei nicht erfolgt.
Dennoch ein "historisches Ereignis"
Dennoch war die Erteilung des Patents ein historisches Ereignis. Ursprünglich wollte das Europäische Patentamt (EPA) in München die Krebsmaus nicht patentieren und hatte den Patentanspruch auf eine Tierart noch 1989 zurück gewiesen.

Auf Beschwerde der Antragsteller wurde das Patent dann im Mai 1992 doch erteilt. Ein Jahr später reichten Gegner 17 Einsprüche ein, darunter Greenpeace und Tierschützer aus mehreren europäischen Ländern.

Dies führte allerdings lediglich zu einem Etappensieg. Im Jahr 1995 stoppte das EPA die Patientierung von Pflanzen und Tieren, doch die damalige Verhandlung über die Krebsmaus endete ohne Ergebnis.
Neue Patentrichtlinen in Österreich nicht umgesetzt
Als das Patentamt im Jahr 1999 seine Rechtsgrundlage änderte und die vom Europäischen Parlament neu beschlossene Patentrichtlinie übernahm, war die Patentierbarkeit von Leben beschlossene Sache - obwohl diese Richtlinie etwa in Österreich und Deutschland bis jetzt noch nicht umgesetzt worden ist.

Da das Europäische Patentamt aber keiner äußeren Rechtsprechung unterliegt, können Patente auf Gensequenzen rechtmäßig erteilt werden. Eine Patentierung des menschlichen Körpers oder seiner Bestandteile ist verboten und erstreckt sich auch auf ein Verfahren zum Klonen von Menschen.
Bioethik-Kommission empfiehlt Umsetzung
Im März 2002 empfahl allerdings die österreichische Bioethik-Kommission, die EU-Biopatentrichtlinie auch in Österreich umzusetzen. Die Bundesregierung hat sie Anfang April im Ministerrat behandelt, nun muss sich das Parlament mit der Frage auseinander setzen. Das entsprechende Gesetzeswerk liegt hierzulande seit zwei Jahren auf Eis.
->   science.ORF.at: Polit-Streit um EU-Biopatentrichtlinie
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Die EU-Biopatentrichtlinie
Die EU-Biopatentrichtlinie, eigentlich "Richtlinie 98/44/EG des Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen" (CelexNr 31998 L 044), ist ein über ein Jahrzehnt heftig diskutiertes Dokument, das Patentierungen im Bereich der Biotechnologie regelt. Im Rahmen der österreichischen Patentrechtsnovelle hätte im Sommer 2000 diese Richtlinie in das nationale Patengesetz übernommen werden sollen.
->   Richtlinie 98/44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen
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Mittlerweile mehr als 50 Tierpatente erteilt
Seit der Erteilung des Krebsmaus-Patents vor zehn Jahren wurden am EPA in München mehr als 1.000 Patentanträge auf Tiere gestellt und weit über 50 erteilt. Diese Patente beziehen sich auf Kühe, die mehr Milch geben, schnell wachsende Schweine etc. Es wurde sogar ein Patent auf ein Zwitterwesen (Chimäre) von Mensch und Tier erteilt.

Pflanzensorten und Tierarten können laut Richtlinie zwar nicht patentiert werden - Gene allerdings werden als chemische Verbindung aufgefasst und können somit patentrechtlich geschützt werden. Zuletzt wurde das Patent auf ein Brustkrebs-Gen kritisiert.

Die Antragstellende Firma hatte ein Diagnose-Verfahren für Brustkrebs entwickelt, das Patent gilt laut Kritikern aber auch für andere Funktionen des Gens - etwa in Prostata oder Dickdarm. Andere Firmen dürften demnach nur mit Zustimmung und gegen Bezahlung von Lizenzgebühren eigene Forschungen verwerten.

science.ORF.at: Dürfen Gene patentiert werden?
Widerstand zwecklos?
Christoph Then von Greenpeace räumt heute ein, dass die Proteste gegen "Patente auf Leben" zwar immer mehr Widerstand in der Öffentlichkeit mobilisiert haben, die Patentvergabe aber nicht behindert haben. Aus Sicht der Patentgegner hat das EPA an den nationalen Parlamenten vorbei die politischen Entscheidungen unterlaufen.

Jetzt hoffen die Patentkritiker auf ein politisches Signal zum Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tieren, damit in den nächsten zehn Jahren der gebrochene Damm wieder geflickt werden könnte.

Das 1992 erteilte Krebsmaus-Patent ist nach wie vor leicht verändert gültig. Historisch ist nicht der wissenschaftliche Gewinn durch dieses Patent, sondern die Rechtslage, durch die aus Greenpeace-Sicht Säugetiere zu "Erfindungen" erklärt werden, die wirtschaftlich verwertet werden können.
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Österreichische Biotech-Industrie für EU-Biopatentrichtlinie
->   Ulrich Körtner: Kein Patent auf Leben?
->   Deutsche Bundesärztekammer gegen EU-Biopatentrichtlinie
->   Gen-Patente behindern Präventivmedizin
 
 
 
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01.01.2010