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Die Zukunft des Kapitalismus  
  Verliert der Kapitalismus seine progressiven Charakter? Der Sozialforscher Samir Amin und der Literaturwissenschaftler Michael Hardt gehen in einem aktuellen "Eurozine"-Interview der Zukunft des kapitalistischen Systems nach. Amin unterstreicht die Rolle Europas für emanzipatorische Bestrebungen, da er Europa als das "schwache Glied des imperialistischen Systems" versteht. Hardt sieht in der Bildung von Netzwerken große Möglichkeiten zur Entwicklung politischer Alternativen.  
Krisen aber kein Kollaps
Steht der Kapitalismus vor seinem Zusammenbruch? Michael Hardt, dessen Buch "Empire" (verfasst mit Antonio Negri) zur einer Art "Bibel" der Globalisierungsgegner wurde, beantwortet diese Frage mit einem Ja und einem Nein: "Das Kapital befindet sich immer wieder in Krisen, was aber nicht heißen mag, dass es zu einem Kollaps dieses altersschwachen Systems kommen muss."

Hardt meint, dass die Krisen des Kapitals ebenso wie Kriege die globale Ordnung vielmehr stützten anstatt sie zu stürzen. Eine Transformation des kapitalistischen Systems könne nur durch das Leben von Alternativen geschehen, nicht durch die systeminhärenten Schwächen.
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Das Interview führte Camilla A. Lundberg und Magnus Wennerhag von der schwedischen Zeitschrift "Arena". Das vollständige Gespräch auf Englisch und Schwedisch befindet sich auf "Eurozine - the netmagazine". In Kürze gibt es den Text auch auf Deutsch.
->   Das Interview
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Zunehmende Widersprüche?
Die Widersprüchlichkeiten des Kapitalismus sieht Hardt in den zunehmenden Schwierigkeiten des Kapitals, die Welt zum Produzieren zu bewegen und die immer stärker klaffenden Unterschiede zwischen Arm und Reich.
Lange progressiv, nun destruktiv
Samir Amin hingegen, weist auf die historischen Veränderungen des Kapitalismus hin: "Der Kapitalismus war während einer langen Zeitspanne eine progressive Kraft für die Menschheitsgeschichte" (mit Marx formuliert). Diese "progressive Kraft" versteht Amin als integratives Element.

Jetzt wäre aber ein Punkt erreicht, an dem sich die Beziehung zwischen integrativen und ausschließenden Momenten des Kapitalismus umkehrt: "Die progressive Dimension schrumpft, während sich die destruktive Dimension ausbreitet."
Chance für Europa
Was Europa betrifft, meint Amin, dass hier, aufgrund historischer Prozesse, dem Wert Gleichheit ein größerer Wert beigemessen würde als in den USA, wo das größere Gewicht auf die Freiheit des Einzelnen gelegt würde.

Europa wäre demnach das schwache Glied des Kapitalismus - von Europa ausgehend könnte sich eine neue und ernst zunehmende politische Emanzipationsbewegung entwickeln.
->   Arena
->   Weitere Eurozine-Geschichten in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010