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Neue Einblicke in das menschliche Gehirn  
  Bildgebende Verfahren wie die funktionelle Kernspinresonanz (fMRI) werden heute sowohl im klinischen Bereich, als auch zum Studium kognitiver Prozesse massiv eingesetzt. Trotzdem ist über die biophysikalischen Grundlagen des fMRI-Signals relativ wenig bekannt. Über Fortschritte auf diesem Gebiet berichtet der APART-Stipendiat Gregor Rainer in seinem Gastbeitrag für science.ORF.at in der Reihe "Young Science".  
Funktionale Kernspinresonanz: Neue Erkenntnisse
Von Gregor Rainer

Die funktionale Kernspinresonanz (fMRI) erlaubt es, Regionen des menschlichen Gehirns zu identifizieren welche bei bestimmten Bewegungsabläufen oder kognitiven Leistungen aktiv sind. Dies hat unser Wissen über das menschliche Gehirn in den letzten Jahren wesentlich verbessert.

Neben den zur Zeit eingesetzten klinischen Anwendungen
besteht auch die Hoffnung, bei neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson Fortschritte z.B. in der Frühdiagnose zu machen. Solche Fortschritte sind von enormer Wichtigkeit, da sie Patienten dann auch früh einer Therapie zuführen werden können.
Grundlagen noch wenig bekannt
Trotz dieser Entwicklungen ist derzeit über die
physikalischen Grundlagen des fMRI-Signals sehr wenig
bekannt, außer dass es den Sauerstoffgehalt des Blutes in
verschieden Regionen des Gehirns misst. Verbraucht eine
Region viel Sauerstoff, so wird daraus geschlossen, dass die
Nervenzellen dieser Region besonders aktiv waren.
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Messungen mit fMRI
FMRI ist allerdings nur in der Lage, Sauerstoffverbrauch in
relativ großen Gebieten (mehrere Kubikmillimeter) zu
messen, welche zusammenhängende Netzwerke von Millionen
Nervenzellen enthalten die elektrochemisch miteinander
gekoppelt sind. Es ist aber die Aktivität von solchen
einzelnen Nervenzellen, welche für Informationsverarbeitung und kognitive Leistungen des Gehirns verantwortlich ist, nicht etwa der Sauerstoffkonsum einer ganzen Region.
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Aktivitäten einzelner Nervenzellen
Glücklicherweise ist über die Aktivität einzelner Nervenzellen bereits sehr viel bekannt, durch elektrophysiologische Messungen an Menschen (meist in Verbindung mit Epilepsie) aber insbesondere auch durch Studien an Affen, deren Gehirn in wesentlichen Punkten dem des Menschen ähnelt.

Durch fMRI am Affen kann man daher dieses gesammelte elektrophysiologische Wissen über die einzelnen Nervenzellen einsetzten, um die Grundlagen des FMRI-Signals zu erkunden und dessen Interpretation zu ermöglichen.
Fortschritte in der Messung der fMRI-Aktivität
Nun ist ein weiterer, wichtiger Schritt in diese Richtung nun gelungen. Dazu wurde die fMRI-Aktivität in der visuellen Großhirnrinde des Affen gemessen, während Sequenzen von Bildern gezeigt wurden. Die Bilder bestanden aus natürlichen Szenen, deren Erkennbarkeit mittels Fourier-Technik parametrisch variiert wurde.
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Das Forschungsprojekt
Die hier beschriebenen Forschungen wurden am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik (Tübingen) von Prof. Dr. Nikos Logothetis gemeinsam mit dem österreichischen
APART-Stipendiaten Dr. Gregor Rainer, dem Autor dieses Gastbeitrages, realisiert.
->   Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik
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fMRi-Signal von Anzahl der aktiven Nervenzellen beeinflusst
Das fMRI Signal zeigte eine charakteristische V-ähnliche Form und war somit nicht-monoton. Mit Hilfe eines Modells konnte so experimentell nachgewiesen werden, dass das daher das fMRI-Signal nicht nur von der Stärke der Aktivierung der Nervenzellen, sondern auch von der Anzahl der aktiven Nervenzellen beeinflusst wird.
Erkenntnisse über Grundlagen des Signals
Dies bedeutet, dass es zur richtigen Interpretation von fMRI-Daten immer notwendig ist, genaue Kenntnisse über die Aktivitäten von den einzelnen Nervenzellen der betreffenden Region haben.

Liegen solche Kenntnisse allerdings vor, so erlaubt dies eine quantitative Modellbildung und bringt uns neben dem Verständnis der Grundlagen eines so wichtigen und weit verbreiteten Signals auch weiteren klinischen Anwendungen einen Schritt näher. Bis es dazu kommt, bleibt allerdings insbesondere für die Grundlagenforschung in diesem Gebiet noch Vieles zu tun.
->   science.ORF.at präsentiert "Young Science"
->   Weitere Beiträge in der Reihe "Young Science"

 


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Gregor Rainer
Gregor Rainer (geb. 1970 in Wien) ist zur Zeit APART-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er forscht als Neurowissenschaftler am renommierten
Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik in Tübingen. Dr. Rainer schloß sein Physik-Studium an der TU Wien (Betreuer: Prof. Erich Gornik) ab und dissertierte dann im Fach Systems Neuroscience am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in den USA (Supervisor: Earl Miller).
Gregor Rainer erhält am 12. Juli 2002 die Otto Hahn-Medaille, die die Max-Planck-Gesellschaft für herausragende wissenschaftliche Leistungen an junge Wissenschaftler vergibt. Er wird für Untersuchungen zur Repräsentation natürlicher Szenen im visuellen Kortex mittels funktionaler Kernspinresonanztomographie ausgezeichnet.
->   Homepage von Gregor Rainer
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->   Österreichische Akademie der Wissenschaften
 
 
 
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01.01.2010