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Ernährungsgipfel: Ziel unerreichbar?  
  Derzeit leiden jeden Tag 800 Millionen Menschen an Hunger. Vor fünf Jahren setzte sich die Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) das Ziel, den Hunger bis 2015 zu halbieren. So wie es jetzt aussieht, wird das aber nicht gelingen.  
Denn bis jetzt können nur 40 Millionen Menschen mehr regelmäßig mit Nahrung versorgt werden. Ein österreichischer Wissenschafter sucht nach Wegen, wie der Hunger in der Welt reduziert werden kann.
"Kampf gegen Hunger immer schwieriger"
"Der Kampf gegen den Hunger wird immer schwieriger. Durch den Klimawandel werden viele Entwicklungsländer weniger Nahrungsmittel selbst erzeugen können", sagt Günther Fischer vom IIASA, dem Institute for Applied Systems Analysis in Laxenburg. Er kommt gerade von einem Treffen des Komitees für Ernährungssicherheit, das Freitag noch vor dem Gipfel in Rom getagt hat.
Produktionseinbußen durch Klimaerwärmung
Die Klimaerwärmung verbessert zwar die Ernteerträge in den Industrieländern, in den Entwicklungsländern wird es aber zu heiss für den Anbau. "Je nach Klimaszenario werden in 30 bis 50 Ländern Produktionseinbussen von mehr als fünf Prozent zu verzeichnen sein", sagt Günther Fischer.

Dazu kommt, dass sich die Qualität des Bodens ständig verschlechtert. Bodenerosion, Wüstenbildung und Versalzung machen den Anbau von Nahrungsmitteln in vielen Gegenden unmöglich,
Wälder als Landreserven
"Unsere Studie zeigt, dass sich in zwei Regionen, in Südamerika und in Afrika südlich der Sahara 80 Prozent der derzeit ungenutzten, potentiellen Landreserven befinden" , resümiert Günther Fischer vom IIASA, der die Studie "Global Agro-ecological Assessment for Agriculture in the 21st Century" verfasst hat.

"Vieles dieser Landreserven ist derzeit Waldgebiet. Es ist aber nicht zu empfehlen, diese Gebiete in landwirtschaftliche Produktion überzuführen. Das hätte wesentliche ökologische Auswirkungen, sowohl lokal als auch global bezüglich des Kohlenstoffkreislaufs."
Nahrungsmitteldefizit enorm
In Asien ist alles verfügbare Land bereits genutzt. Wenn die Bevölkerung wie prognostiziert wächst, steigt das Nahrungsmitteldefizit enorm.

Derzeit fehlen jedes Jahr schon 13 Millionen Tonnen, bis 2050 werden jedes Jahr 100 Millionen Tonnen an Nahrungsmitteln fehlen. Dann wird die Hälfte der Weltbevölkerung an Unternährung leiden. Günther Fischer vom IIASA sieht nur eine Lösung.
Intensivierung der Landwirtschaft
"Der wahrscheinlichste Weg zukünftige Generationen zu ernähren, besteht in der Intensivierung der Landwirtschaft", meint der Forscher Fischer.

"Die Studie ist zum Ergebnis gekommen, dass die derzeit genutzten landwirtschaftlichen Flächen ausreichen, um die auf neun Milliarden Menschen geschätzte Bevölkerung im Jahr 2050 zu ernähren. Wesentliche Voraussetzungen sind allerdings, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung stattfindet, und dass in vielen Entwicklungsländern eine Verbesserung der sozio-ökonomischen Bedingungen sowie ein besserer Zugang zu Technologie und Produktionsmitteln erreicht wird."
Unterstützung durch Biotechnologie?
Inwieweit die Biotechnologie hier unterstützend sein kann, ist noch offen, meint Fischer vom IIASA. Gentechnisch veränderte Pflanzen - die etwa widerstandsfähiger gegen Salze im Boden sind - wären denkbar. Hier ist allerdings die Gefahr groß, dass die neue Technik nicht den Entwicklungsländern, sondern vor allem den Industriestaaten nützt.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
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01.01.2010