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Gletscherschwund: Alte Postkarten und neue Fotos  
  Wegen der Klimaerwärmung haben weltweit die Gletscher schon jetzt mehr als die Hälfte ihres Volumens eingebüßt. Münchner Wissenschaftler wollen diese trockenen Zahlen nun für alle gut sichtbar machen. Sie haben ein Gletscherarchiv im Internet eingerichtet, das den dramatischen Gletscherschwund zeigt - indem es auf alte Postkartenmotive verweist.  
Bild: © Sammlung Gesellschaft für ökologische Forschung
Der Jamtalferner in Österreich - Postkarte aus dem Jahr 1929
Die Wissenschaftler von der Gesellschaft für ökologische Forschung haben vor drei Jahren angefangen, alte Postkarten von Gletschern zu sammeln. In Postkartenläden, Antiquariaten und auf Flohmärkten fanden sie rund 3.000 alte Postkarten, die die Dramatik der Gletscherschmelze nun deutlich vor Augen führen.

"Die Postkarten sind interessant, weil niemand 80 oder 100 Jahre zurückdenken kann. Es ist bestürzend, wenn man die alten Motive sieht", wie Projektleiter Wolfgang Zängl erklärt.
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Das "Blut der Gletscher"
Für Zängl machten die Vermessungen am Gletscher zu wenig auf die Dramatik aufmerksam. "Ich stand neben so vielen Gletscherbächen und habe diese reißenden Abflüsse gesehen. Es kam mir so vor, als ob das Wasser das Blut des Gletschers sei, um es schwülstig auszudrücken. Die Gletscher laufen richtig weg und das muss man visualisieren."
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Fotografien zum Vergleich
Bild: © Gesellschaft für ökologische Forschung / Wolfgang Zängl
Der Jamtalferner heute - Fotografie aus dem Jahr 2001
Die Wissenschafter schwärmen jetzt in Deutschland, Italien, der Schweiz und Österreich aus, um die Gletscher so zu fotografieren, dass sie mit den alten Motiven unmittelbar verglichen werden können.

Diese fotografischen Vergleiche zu machen sei allerdings nicht so einfach, wie Zängl sagt. Man brauche einiges an körperlicher Kondition, weil man oft vier bis fünf Stunden zu den Standpunkten aufsteigen müsse.

"Zum zweiten braucht man Erfahrung, damit der Ausschnitt stimmt. Die Objektive damals waren andere. Die Wetterlage ist zudem zu berücksichtigen. Wir werden das aber die nächsten Jahre weitermachen", so der Experte zu seinem Langzeitprojekt.
Ein Großteil wird verschwinden
Es gibt natürlich jede Menge Messberichte, die den Gletscherschwund auch wissenschaftlich belegen, meint Zängl. Man weiß beispielsweise, dass der größte Gletscher der Alpen, der Aletschgletscher von 24 Kilometer auf 22 Kilometer zurückgegangen ist.

Die Gletscher weltweit verlieren seit 1980 jedes Jahr im Durchschnitt 30 Zentimeter an Eisdicke. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts verloren die Gletscher die Hälfte ihres Volumens und ein Drittel ihrer Fläche. Bis Ende des 21. Jahrhunderts - meint auch Zängl - wird jedenfalls der Großteil der Gletscher in den Alpen verschwunden sein.
Wieter auf der Suche nach Postkarten
Das Gletscherarchiv finden Sie im Internet, zusammen mit Informationen zum weltweiten Gletscherschwund und dessen Folgen - und die Münchner Forscher sind nach wie vor auf der Suche nach alten Postkarten von den Alpengletschern.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   www.gletscherarchiv.de
->   Gesellschaft für ökologische Forschung
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01.01.2010