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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimakatastrophe oder ''Laune der Natur''?  
  Das Hochwasser der letzten Tage ist aus vielen Gebieten Österreichs noch immer nicht verschwunden - die Schäden sind nach wie unabsehbar. Hinzu kommen noch verheerendere Bilder aus aller Welt, denn betroffen ist nicht nur Europa: In Indien etwa starben Hunderte Menschen in den Überschwemmungen. Unter den Klimaexperten flammt jetzt der alte Streit wieder auf, ob es ein furchtbares - wenn auch regelmäßiges - Ereignis ist, oder der Vorbote dunkler Zeiten - verursacht durch den Menschen selbst.  
"Das Wetter wird extremer!" Darüber ist sich die Mehrzahl der Klimaexperten einig. Ob es wärmer oder kälter wird, darauf wollen sich viele Forscher allerdings noch nicht festlegen.
Experten: Langfristige Entwicklung zählt
Was für "Nicht-Meteorologen" unbefriedigend klingt, scheint für Wissenschaftler plausibel: Normalerweise lassen sich Forscher nicht durch Einzelereignisse beeindrucken.

Für sie zählt die langfristige Entwicklung - und die ist eben noch nicht eindeutig. Das jetzige Ereignis war aber so extrem, dass es einige der Forscher nicht nur menschlich, sondern auch wissenschaftlich beeindruckt hat.
Ungewöhnliche Niederschlagsmengen
 


Niederschlagsmenge in der letzten Woche in Österreich, ORF Infodesign, Quelle: ZAMG

Und wirklich: Die Niederschlagsmengen und die Verteilung erscheinen ungewöhnlich, die Karte der seit letztem Donnerstag in Österreich gefallenen Regenmenge zeigt das.

Im Vorarlberger Ort Warth beispielsweise , dem Spitzenreiter im Westen, fielen 225 Liter - ein Wert, der vorher noch nie erreicht wurde. Tirol hingegen kam relativ glimpflich davon.
Rekorde purzeln auch im Norden
Geht man gegen Norden wurden in Salzburg, wo man ja Regen gewohnt ist, mit 268 Litern pro Quadratmeter auch alle Rekorde gebrochen. Trauriger Spitzenreiter: Freistadt mit 354 Litern Und: Kärnten und der Süden sind im allgemeinen fast trocken geblieben.
Überschwemmungen und Dürren in anderen Regionen
Krasse Unterschiede innerhalb Österreichs. Ein Bild das sich auch auf den gesamten Globus übertragen lässt. Während manche Gebiete von Überschwemmungen heimgesucht werden, verdorren in anderen Weltteilen die Ernten.

Der Nordosten Indiens wurde schon vor mehreren Wochen von Überschwemmungen heimgesucht. In den Provinzen Bihar und Assam sind bisher 600 Menschen ertrunken.

Im Nordwest-des Landes herrscht dagegen eine verheerende Dürre. Die gesamte Ernte ist gefährdet. Laut Behörden sind fünf Millionen Menschen obdachlos.
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Auch Philippinen, Mexiko und China betroffen
Auf den Philippinen starben bei den Überschwemmungen 29 Menschen, nachdem die Mitte und der Norden des südostasiatischen Inselstaates von einem tropischen Tiefdruckgebiet betroffen ist. In Mexiko lief ein riesiger Stausee im Bundesstaat San Luis Potosi nach starken Regenfällen über. 13 Menschen starben, 15 werden noch vermisst. Auch hier, wie in vielen anderen Ländern der Welt, erklärte die Regierung den Katastrophenzustand. Und in China kamen in diesem Jahr bereits über 1.000 Menschen bei Überschwemmungen ums Leben.
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Klimawandel oder Wetterkapriolen?
Handelt es sich also um einen Klimawandel? Christian Schönwiese von der Universität Frankfurt glaubt ja. Allerdings könne man nicht genau sagen, ob die Wetterkapriolen, die wir jetzt erleben, etwas mit dem Klimawandel zu tun hätten.

"Aber mittlerweile ist uns ziemlich klar, dass wir Menschen an der langfristigen Veränderung des Klimas selbst eine große Mitschuld tragen, und zwar über den Treibhaus Effekt, der das Gleichgewicht des Wetters dramatisch verändert", so Schönwiese.
''Kurzfristige Schwankungen schon immer normal''
Professor Peter Neumann-Mahlkau, ehemaliger Präsident des Geologischen Landesamtes Nordrhein-Westfalen hingegen meint, dass kurzfristige Klimaschwankungen schon immer normal waren.

So habe es um das Jahr 1.000 ein Klimaoptimum gegeben, das beispielsweise in Teilen Nordost-Deutschlands und Dänemark den Anbau von Wein ermöglicht habe. Zur gleichen Zeit besiedelten die Wikinger die eisfreien Flächen Grönlands, und in Labrador habe nachweislich Ackerbau betrieben werden können.
''Klimastreit'' um globale Temperatur und CO2
Das Fazit des Wissenschaftlers: "Klimaschwankungen sind in den drei Milliarden Jahren Klimageschichte die Regel, ohne Zutun beziehungsweise ohne Anwesenheit des Menschen auf der Erde. [...] Auf keinen Fall bestand oder besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem CO2-Gehalt der Atmosphäre und der globalen Durchschnittstemperatur."

Eine Meinung mit der er allerdings schon mehr oder weniger alleine dasteht. Heute spitzt sich die Frage eher darauf zu, ob der Mensch schuld ist und wie die Zusammenhänge liegen. Weiterhin wird heftig diskutiert.
Ob und wie beeinflusst der Mensch das Klima?
So wird ein Puzzlestein nach dem anderen zusammengetragen - und wieder verworfen. Die Suche geht aber weiter, ob und wie der Mensch das Klima beeinflusst.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur zu verbessern, ist bereits heute akzeptiertes Ziel der Weltgemeinschaft - nur wie viel man dafür tun möchte, darüber herrscht noch Uneinigkeit.
Blickpunkt Johannesburg: UN-Umweltkonferenz
Dass diesmal auch Europa von den verheerenden Wetterkapriolen betroffen ist, lenkt aber den Blick der Öffentlichkeit sicher ins Südafrikanische Johannesburg.

Dort wird ab nächster Woche bei der größten UNO-Konferenz der Geschichte über nachhaltige Entwicklung, Bekämpfung der Armut, und ein umweltschonendes Wirtschaften diskutiert. Wohl keine Hungerskatastrophe in Afrika oder Überschwemmungen in Südostasien hätte die Konferenz mehr ins Licht rücken können.

Niki Popper, ZIB-Wissenschaft
->   Intergovernmental Panel on Climate Change
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Hochwasser durch Klimawandel? (8.8.02)
->   Klimaänderung: Unbestritten ist nur die Erwärmung (16.7.02)
->   2001: Jahr der extremen Klimabedingungen (19.12.01)
 
 
 
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01.01.2010