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Forum Alpbach: Wirtschaft und Ethik - ist globales Ethos notwendig?  
  Was ist los mit einer Welt, in der Unternehmer einen öffentlichen Eid ablegen müssen, dass ihre Bilanzen nicht gefälscht sind. Das fragte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl in seinem Einleitungsreferat zur Diskussion über Wirtschaft und Ethik am Montag beim Forum Alpbach. Die Antwort scheint ganz eindeutig: Wirtschaft und Unternehmer brauchen wieder mehr ethische und moralische Grundsätze, sagte Leitl.  
"Wir müssen wieder überlegen, dass wir statt dem Profitdenken ein Benefitdenken brauchen", so der Wirtschaftskammerpräsident. Allgemeiner Nutzen statt nur persönlicher Gewinn sollte stärker im Vordergrund stehen.

Das gelte auch für den Wettbewerb, dessen oberstes Ziel nicht mehr sein dürfe, den Mitbewerber aus dem Markt zu drängen und zu vernichten.
Passen Moral und Wirtschaften überhaupt zusammen?
Für den Philosophen Rudolf Burger sind die Wirtschaftsskandale in den USA keine moralischen sondern schlicht rechtliche, kriminelle Fragen. Moralische Grundsätze und wirtschaftlicher Erfolg haben für ihn wenig miteinander zu tun:

"Ein Aktionär, ein Industrieller oder ein Manager, der von Mitleid mit seinen Konkurrenten, von Solidarität mit seinen Angestellten oder von Rücksicht auf Natur sich leiten lässt - ohne dazu gezwungen zu sein - der sich einen Gewinn entgehen ließe, der wäre nicht anständig sondern ein Narr."
Wirtschaftstreibende verlangen neue Ethik
Burgers Thesen fanden bei den Wirtschafstreibenden in der Diskussion wenig Zustimmung. Schon in der sozialen Marktwirtschaft habe sich gezeigt, dass Rücksicht auf soziale Belange insgesamt auch zum Motor für die Wirtschaft werden kann, sagte etwa der Chef der Investkreditbank, Wilfried Stadler.

Auch für die globale Marktwirtschaft gelte, dass entsprechende Regeln nicht als Bremse, sondern sogar als Beschleuniger der Marktwirtschaft funktionieren könnten. Diese Regeln müssten allerdings erst ausgearbeitet und dann vor allem auch durchgesetzt werden.
Hans Küng: Vier Prinzipien des Weltethos
Wie eine für die ganze Welt gültige Ethik aussehen könnte, das erläuterte der Theologe und Präsident der Stiftung Weltethos, Hans Küng. Seiner Meinung nach braucht es nur vier Grundprinzipien:

- die Verpflichtung auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem Leben
- die Verpflichtung auf eine Kultur der Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung
- die Verpflichtung auf eine Kultur der Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit
- die Verpflichtung auf eine Kultur der Gleichberechtigung und Partnerschaft von Mann und Frau

Diese Prinzipien seien allgemein anerkannt in allen Kulturen der Welt und sie könnten und sollten gleichermaßen für Wirtschafstreibende gelten. Wirtschaft ohne solche ethischen Grundsätze werde auf Dauer von den Menschen nicht akzeptiert werden, warnt Küng.

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
->   Europäisches Forum Alpbach 2002
->   Weitere Artikel zum Forum Alpbach in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010