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Künstliche Organe: Hilfe bis zur Regeneration  
  Am Wiener AKH findet in dieser Woche der bisher größte internationale Kongress der Europäischen Gesellschaft für Künstliche Organe (ESAO) statt. Im Mittelpunkt stehen die Regeneration, die Unterstützung, aber auch der Ersatz lebenswichtiger Organe wie Herz, Niere und Leber. In einem Gastbeitrag der Veranstalter stellt science.ORF.at die Einsatzmöglichkeiten künstlicher Organe vor, die akut Leben retten können, aber auch einen Zeitgewinn für andere Therapieformen bedeuten.  
Hoffnung für Patienten mit akutem Organversagen
Von Udo Losert, Heinrich Schima und Karin Macfelda

Die primäre Aufgabe künstlicher Organe ist die akute Übernahme komplexer lebensnotwendiger Organfunktionen, um ein Überleben des Patienten zu ermöglichen und Zeit für weitere medizinische Maßnahmen zu gewinnen.

Eine Transplantation ist häufig die letzte Hoffnung für Menschen, denen ein lebenswichtiges Organ den Dienst versagt. Trotz Auftreten von Abstoßungen wird diese Therapieform heute von den Patienten akzeptiert, allerdings führt die mangelnde Verfügbarkeit eines Spenderorgans zu tragischen Todesfällen.

Die Zahl der klinisch eingesetzten künstlichen Organe und Implantate (Zähne, Linsen, Glaskörperersatz, Sehnen, Gelenke, Knochenimplantate, Gefäßprothesen, Stents, Herzklappen, Netze, Membranen, Brustimplantate, usw.) ist ständig steigend und umfasst auch hochkomplexe Geräte mit aufwendigen Steuerungen und Algorithmen (Sensoren, Defibrillatoren, Elektrostimulatoren, Cochlea Implantate, usw.).
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"Artificial Organs - Bridging to Regeneration"
Die Jahrestagung der European Society for Artificial Organs (ESAO) findet von 28. bis 31. August am Wiener AKH statt. Rund 500 Experten aus 25 Ländern erörtern die neuesten Entwicklungen ihres Fachgebietes.
->   Homepage und Programm des Kongresses
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Erholung der Organfunktionen
Im Vordergrund steht die Erholung der Organfunktion ("Bridging to Regeneration") durch gezielte Kombination verschiedener Verfahren. Zusammen mit den Weiterentwicklungen auf den Gebieten der Medizintechnik, der Biomaterial- und Oberflächenforschung, der Zellkulturtechnologie, Stammzellforschung und Gentechnik eröffnen sich neue Wege zur Unterstützung und Wiederherstellung geschwächter oder geschädigter Organe.
Herzpumpen in Erprobung
Präsentiert werden Herzpumpen, die sich sowohl im Experiment als auch in der klinischen Anwendung bereits bewährten, darunter ein von der NASA entwickelte Turbinenpumpe, die derzeit in einer Wiener Studie erprobt wird.

Die Wiener Gruppe erarbeitete dazu eine automatische Regelung, die eine Anpassung der Pumpleistung an Bedarfsänderungen bei körperlicher oder emotionaler Belastung durchführt.
Hilfe bei Leber- und Nierenversagen
Ebenso werden neue Verfahren und Strategien bei den verschiedenen Formen des Leber- und Nierenversagens vorgestellt, die bei Anhäufung giftiger Abbauprodukte durch Schädigung weiterer Organe zum Tode führen. Mit der künstlichen Leber ist die Entfernung von wasserunlöslichen Giftstoffen aus dem Blut von Patienten möglich.
Neue Blutreinigungssysteme
Neue, von einer österreichischen Forschungsgruppe entwickelte Blutreinigungssysteme, stellen die Kombination eines Dialyse-Systems mit einer speziellen Adsorbertechnologie dar.

Die Schaffung von Grundlagen für künstliche Hybridorgane, in denen lebende Zellen auf Membranträgersystemen die Funktion ausgefallener oder geschädigter Organe zumindest temporär übernehmen können, stellen ebenfalls ein topaktuelles Thema der biomedizinischen Forschung dar.
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"Tissue Engineering" - Lebendige Ersatzteile
Die Technologie des Tissue Engineering, welche in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt, basiert auf der Kultivierung von Zellen, Geweben und Organen. Sie bietet die Möglichkeit, defekte Organe und Gewebe funktionell zu unterstützen, zu regenerieren beziehungsweise zur Gänze zu ersetzen. Mit Hilfe der klassischen Zell- und Gewebekulturtechniken werden bereits seit vielen Jahren Zellen extrakorporal gezüchtet. Die Möglichkeit der Herstellung dreidimensionaler Zellkonstrukte mit genau definierten biologisch funktionellen Eigenschaften rückte jedoch erst in den letzten Jahren in die Nähe der Realisierbarkeit. Diese Technologie vereinigt biologische und technische Fortschritte und ermöglicht dadurch die Entwicklung "lebendiger Ersatzteile" zur Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der Funktion menschlicher Gewebe und Organe.
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Neue Generationen künstlicher Organe
Implantate und Biomaterialien zeigen allerdings nicht immer nur den gewünschten Effekt, sondern können je nach Implantationsort, Dauer, mechanischer Belastung und Funktion auch negative Effekte zur Folge haben.

Biomaterialien selbst unterliegen aggressiven biologischen Einflüssen, die zu physikalischen und chemischen Veränderungen führen und weitere Reaktionen auslösen können. Bekannt sind übermäßige Kapselbildung, Auflagerung, Quellung, Verkalkung, Korrosion, etc., die einen Funktionsverlust darstellen bzw. bei immunologischer Unverträglichkeit eine sofortige Entfernung erfordern.

Die Fortschritte im biochemischen und molekularbiologischen Bereich geben heute nicht nur einen besseren Einblick in diese biologischen Prozesse und Wechselwirkungen, sondern erlauben diese Erkenntnisse für eine neue Generation künstlicher Organe und Implantate zu nutzen.
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Stammzellforschung und Regeneration
Der Stammzellforschung, einem topaktuellen Wissenschaftszweig ist ein weiterer Themenschwerpunkt gewidmet. Stammzellen haben die Fähigkeit, sich selbst zu erneuern und können zu unterschiedlichen Zelltypen mit speziellen Funktionen ausreifen ¿ also zu fertigen Herz-, Muskel- oder Leberzellen. Tierexperimentelle Forschungsarbeiten an adulten Stammzellen bieten bereits Hinweise auf andere positive Mechanismen, wie die Stimulation der Gefäßneubildung und Verminderung des Zelltodes in den geschädigten Arealen. Diese Mechanismen können zu einer weitgehenden Regeneration beitragen, benötigen jedoch Zeit, um ihre volle Wirkung entfalten zu können.
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Zeitgewinn für andere Therapien
Welche Bedeutung den in Wien präsentierten Ergebnissen zukommt, zeigt die Tatsache, dass weltweit Millionen von Menschen auf Grund von Organversagen so schwer krank sind, dass sie praktisch das Haus nicht mehr verlassen können und ohne medizinische Hilfe in absehbarer Zeit sterben müssten.

Die sofortige Verfügbarkeit künstlicher Organe und Implantate lässt in Kombination mit den zeitbeanspruchenden Therapieformen der Gewebe- und Organzüchtung, der Zell- und Stammzelltherapie sowie Gentherapie neue Möglichkeiten der Regeneration geschädigter Organe erwarten.
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Autoren des Gastbeitrages
Univ. Prof. Dr. Udo M. Losert
Institut für Biomedizinische Forschung,
Medizinische Fakultät der Universität Wien, AKH
Telefon: 01/40400-5220,
Fax: 01/40400-5229
Mail: udo.losert@akh-wien.ac.at

Ao. Prof. DI.Dr. Heinrich Schima
Institut für Biomedizinische Technik und Physik,
Medizinische Fakultät der Universität Wien, AKH
LBI für Herzchirurgische Forschung
Telefon: 01/40400-5222,
Fax: 01/40400-5229
Mail: heinrich.schima@akh-wien.ac.at

UnivAss.Mag.Dr. Karin Macfelda
Institut für Biomedizinische Forschung,
Medizinische Fakultät der Universität Wien, AKH
Telefon: 01/40400-5224,
Fax: 01/40400-5229
Mail: karin.macfelda@akh-wien.ac.at
Homepage
->   Cellculture
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->   European Society for Artificial Organs
 
 
 
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01.01.2010