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Wie ein Enzym Krebszellen "unsterblich" macht  
  Krebszellen sind so gut wie unsterblich. Dies verdanken die mutierten Zellen unter anderem der Tatsache, dass sie ein Enzym namens Telomerase ge- bzw. missbrauchen: Es verlängert das Leben der einzelnen Zellen, indem es ihre Teilungsfähigkeit erhält. Ein US-Forscherteam hat nun die Details dieses Vorgangs untersucht - und dabei Aspekte entdeckt, die einen neuen Ansatz in der Krebstherapie darstellen könnten.  
Krebszellen besitzen - im Gegensatz zu normalen Körperzellen - die Fähigkeit zur unendlichen Teilung. Das verdanken sie dem Enzym Telomerase, über neue Aspekte dieses "tödlichen Jungbrunnens" berichten nun Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Cell Biology".
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"Subnuclear shuttling of human telomerase"
Der Artikel "Subnuclear shuttling of human telomerase induced by transformation and DNA damage" von Wong, J.M.Y., Kusdra, L. und Collins, K. wurde online in "Nature Cell Biology" publiziert und wird in einer der kommenden Print-Ausgaben des Fachmagazins erscheinen (doi:10.1038/ncb846).
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Gesunde Zellen altern ...
Gesunde menschliche Zellen weisen mit jeder Teilung immer kürze Chromosomen-"Kappen" auf - die so genannten Telomere. Beim Menschen ist daher nach rund 2.000 Zellteilungen der Vorrat an DNA aufgebraucht, die Zellen altern und sterben schließlich ab.
... Krebszellen bleiben "ewig jung"
Das Enzym Telomerase allerdings verlängert das Leben bestimmter Zellen - neben Stammzellen kommt dies auch Krebszellen zugute, zum Leidwesen der Medizinier. Denn diese bleiben somit "ewig jung" und teilungsfähig.
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Telomerase und Telomere
Telomerase spielt bei der Lebensdauer von Zellen eine entscheidende Rolle. Das Enzym sorgt beispielsweise in Stammzellen dafür, dass sich diese ungehindert und unbegrenzt teilen können, ohne dass Erbinformationen verloren gehen. Denn bei einer Zellteilung muss die gesamte Erbinformation einer Zelle - enthalten in der DNA - ebenfalls reproduziert werden.

Entscheidend hierbei sind die so genannten Telomere, die das natürliche Ende der Chromosomen bilden. In normalen Zellen werden diese Enden mit jeder Zellteilung verkürzt, irgendwann teilt sich die Zelle gar nicht mehr bzw. stirbt ab. Telomerase jedoch verlängert die Telomere in den Keimzellen erneut und macht sie somit gleichsam "unsterblich".
->   Mehr Informationen zu diesem Thema
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Uneingeschränkter "Freigang" in Krebszellen
Eine Forschergruppe um Kathleen Collins von der University of California in Berkeley hat nun diesen Vorgang genauer untersucht.

Laut ihrer nun erschienenen Studie wird die Telomerase in gesunden Zellen sehr kontrolliert eingesetzt: Das Enzym wird in einen Bereich des Zellkerns "gepackt" und nur bei Bedarf - zur kontrollierten Zellteilung - freigelassen.

In Krebszellen ist genau diese Kontrolle jedoch nicht vorhanden. Wie die Wissenschaftler berichten, bewegt sich bei ihnen die Telomerase frei innerhalb der gesamten Zelle.
Leucht-Protein zeigt Bewegungen
Collins und ihr Team versahen die Telomerase mit einem fluoreszierenden Protein. So konnten die Wissenschaftler die Bewegungen des Enzyms verfolgen - und stellten fest, dass es sich ungehindert innerhalb der Krebszellen bewegt.

Normale Zellen, deren DNA durch Bestrahlung beschädigt wurde, verstauten das Enzym dagegen sehr schnell wieder in einem bestimmten Bereich des Zellkerns. Damit wird offenbar verhindert, dass die schadhafte DNA fehlerhaft repariert wird.
Telomerase in 80 Prozent aller Krebsarten aktiv
Hier - so hoffen die Forscher - könnte sich ein neuer Angriffspunkt gegen Krebszellen bieten. Denn nach Schätzungen von Medizinern spielt das Enzym in immerhin 80 Prozent aller Krebserkrankungen eine wichtige Rolle.

Tatsächlich konzentrieren sich unterschiedlichste Therapieansätze auf diesen Aspekt. So genannte Telomerase-Hemmer sollen beispielsweise den Alterungsprozess auch in den ansonsten "unsterblichen" Krebszellen auslösen.
Der Traum vom ewigen Leben
Früher allerdings galt Telomerase als "Schlüssel zum ewigen Leben" - so mancher Mediziner träumte davon, durch Injektionen des Enzyms auch normale Körperzellen mehr oder minder unsterblich zu machen und somit Alterserscheinungen aufzuhalten.

Der Haken an der Sache: Das Risiko einer Krebserkrankung steigt damit enorm. So hat eine deutsche Studie die Auswirkungen künstlich verlängerter Telomere bei Mäusen untersucht: Zwar waren die Tiere relativ lange sehr jung, doch alle Mäuse erkrankten schließlich an Brustkrebs.
->   "Nature Cell Biology"
->   University of California Department of Molecular and Cell Biology
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Gen-Therapie für den Krebszellen-Selbstmord
->   Telomer-Manipulation: Ewige Jugend oder Krebstod
 
 
 
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01.01.2010