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Gletscher des Kilimandscharos bald abgeschmolzen  
  Die Gletscher des höchsten Bergs von Afrika, des Kilimandscharo, schmelzen in rasantem Tempo. Wissenschaftler rechnen mit einem völligen Verschwinden des Gletschers innerhalb der nächsten 20 Jahre. Untersuchungen unterschiedlicher Eisschichten der Gletscher haben aber nicht nur Auskunft über die Zukunft der Gletscher, sondern auch über ihre Vergangenheit gegeben. So dürften vor 8.300, 5.200 und 4.000 Jahren katastrophale Dürreperioden die Tropen heimgesucht haben.  
"Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Ursachen und Zusammenhänge zu verstehen, die für den dramatischen Rückgang der Gletscher verantwortlich sind", sagt der Leiter des Wissenschaftlerteams der University of Massachusetts Douglas Hardy.
Spuren in der Vergangenheit und der Gegenwart
Die Wissenschaftler versuchen den stetigen Rückgang der Gletscher von Afrikas höchstem Berg durch das Studium der Vergangenheit und der Gegenwart der Gletscher zu ergründen.

Während ein Team der Ohio State University Eisproben aus verschiedenen Schichten des Gletschers untersucht und so Informationen über das Klima und die Umweltbedingungen des Berges in der Vergangenheit erhält, konzentrieren sich die Wissenschaftler des Teams der University of Massachusetts auf die Gegenwart. Sie sammeln aktuelle Daten mit Hilfe einer Wetterstation auf der Spitze des Berges und moderner GPS -Technologie.

Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von "Science".
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Der Artikel in "Science": "Kilimanjaro Ice Core Records: Evidence of Holocene Climate Change in Tropical Africa" (Bd. 298, S 589-593 / kostenpflichtig).
->   Der Artikel in "Science"
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Ein Rückgang um 80 Prozent
Die heutigen Gletscher des Kilimandscharo bedecken ein kleine Fläche der Berges - verglichen mit den Ausmaßen, die sie hatten, als sie das erste Mal vermessen wurden. An Hand der alten Daten und Photos, die mit neuen GPS-Daten verglichen wurden, stellten die Wissenschaftler einen Rückgang der Gletscher um 80 Prozent zwischen 1912 und dem Ende des 20. Jahrhunderts fest.

1912 umfassten die Gletscher noch ein Gebiet von 12 Quadratkilometern, im Jahr 2000 war es nur mehr eine Fläche von 2,6 Quadratkilometern.
Nicht nur die Fläche nimmt ab
Die Wissenschaftler der University of Massachusetts stellten aber nicht nur einen ständigen Rückgang der Fläche der Gletscher fest, sondern auch eine Abnahme der Stärke der Eismassen. So betrug allein in den letzten zweieinhalb Jahren der Rückgang der Fläche und die Abnahme der Eisdicke über einen Meter.

Aktuelle Voraussagen gehen daher davon aus, dass die Gletscher zwischen den Jahren 2015 und 2020 völlig verschwunden sein werden.
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Der Kilimandscharo
Der Kilimandscharo, höchster Berg Afrikas und einer der mächtigsten Vulkane der Erde, erhebt sich 300 km südlich des Äquators aus der Ebene Nord-Ost Tansanias und bedeckt ein Gebiet von 100 Kilometern Länge und 65 Kilometern Breite. Seine Entstehung hängt mit der Bildung des Rift Valley vor 1,500.000 Jahren zusammen. Der aus drei Einzelvulkanen bestehende Bergkomplex ist Teil einer Ost-West Kette von rund 20 Vulkanen, die am südlichen Ende des ostafrikanischen Grabens beginnt. Zu diesem alten Vulkangürtel gehört auch der wegen seiner reichen Tierwelt bekannte Ngorongoro Krater.

Den Hauptgipfel des Kilimandscharo bildet der jüngste er drei Kilimandscharovulkane, der Kibo, inaktiv seit etwa 350.000 Jahren, mit den zwei Spitzen "Uhuru Peak" 5.895 m und "Gillman's Point" 5.715 m.
->   Der Kilimandscharo und seine Gletscher
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Zu wenig Schnee am Kilimandscharo?
"Die Wetterstation gibt uns einen wesentlichen Einblick in die meteriologische Situation am Gipfel des Berges", sagt Hardy. Die Station zeichnet Lufttemperatur und -druck, Sonnenstrahlung, Feuchtigkeit, Windstärken und Veränderungen in der Höhe der Eisschichten auf.

All diese Elemente des Wetters und ihre Interaktionen spielen eine Rolle für die Befindlichkeit der Gletscher. "Aber besonders interessiert sind wir an den Schneedaten des Kilimandscharos. Denn diese Gletscher reagieren ganz besonders empfindlich auf Veränderungen bei den jährlichen und saisonalen Schneemengen", meint Hardy.
Auf der Suche nach vergangenen Entwicklungen
Mit der Vergangenheit der Gletscher des Kilimandscharo beschäftigt sich das Team der Ohio State University unter der Leitung von Lonnie Thompson. Sie untersuchten Eisproben aus unterschiedlichen Schichten der Gletscher.

Bei der Untersuchung von sechs Bohrkernen aus dem Gletschereis in etwa 6.400 Meter Höhe fanden die Forscher heraus, dass Afrikas Tropen vor 8.300, vor 5.200 und zuletzt vor 4.000 Jahren von teils Jahrhunderte langen Dürreperioden heimgesucht wurden.
Isotope zur Zeitbestimmung
Bei der Zeitbestimmung half den Wissenschaftlern die Entdeckung des Isotops Chlorin-36 in den Proben. Chlorin-36 ist ein radioaktives Überbleibsel von Atombombentests in den Jahren 1951 und 1952, das schon bei Studien in Südamerika und China aufgefallen war.

Hinweise aus den Eisproben lassen auf eine große Dürre vor rund 8.300 Jahren schließen. "Wir glauben, dass Afrikas Seen zu jener Zeit auszutrocknen begannen", sagt Thompson.

Aus einem abrupten Rückgang von Sauerstoff-18-Isotopen vor rund 5.200 Jahren schließen die Forscher auf die nächste Dürreperiode. Sie fällt auf genau jene Zeit, in der nach Erkenntnis von Anthropologen die ersten Städte und Gesellschaftsstrukturen in der Region gebildet wurden.
Historische Daten bestätigen Dürre
Staubablagerungen in den Bohrkernen weisen auf eine dritte schwere Dürre vor rund 4.000 Jahren hin, die laut Thompson rund 300 Jahre lang anhielt.

Historische Daten bestätigten, dass das Reich der Pharaonen im alten Ägypten zu genau jener Zeit von einer schlimmen Trockenperiode bedroht war, schreiben die Forscher.
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Wie alt ist der Kilimandscharo?
Thompson und Kollegen kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Gletscher auf dem Kilimandscharo vor rund 11.700 Jahren gebildet hatten. Rund 2.000 Jahre später war der Berg "von einer weitaus feuchteren Landschaft als heute umgeben", erklärt Thompson. Der Tschad-See hatte laut Angaben der Wissenschaftler damals den Umfang des Kaspischen Meers, etwa das 20fache seiner gegenwärtigen Ausmaße.
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Globale Erwärmung als Ursache nicht bewiesen
Während Thompson davon überzeugt ist, dass der rapide Rückgang der Gletscher des Kilimandscharos eine direkte Auswirkung der globalen Erwärmung ist, ist der Leiter des Wissenschaftlerteams der University of Massachusetts Douglas Hardy etwas vorsichtiger.

"Es ist schwierig, den Rückgang der Eismassen nur dem Menschen anzulasten. Ohne einen diagnostischen Befund, eine definitive Verbindung zum Phänomen der globalen Erwärmung ist dieser Zusammenhang nur schwer zu beweisen", sagt Hardy.
->   Ohio State University
->   University of Massachusetts
 
 
 
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01.01.2010