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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Gesellschaft 
 
Globaler Umweltwandel: Auswirkungen in den Alpen  
  Die Gefahr von Naturkatastrophen in alpinen Regionen wächst. Der überdurchschnittliche Temperaturanstieg in den Alpen und der anhaltende Rückgang der Gletscher weisen darauf hin, dass dieser Lebensraum vom globalen Klimawandel besonders betroffen ist. Der Tourismus, die Bebauung und die Versicherungswirtschaft werden sich anpassen müssen. Eine neue Studie zeigt, welcher institutionelle Reformbedarf in den Bereichen Energie, Landwirtschaft und Verkehr besteht, wenn die Folgen des Klimawandels gemildert werden sollen. Der Grazer Wirtschaftswissenschaftler Karl W. Steininger hat dazu für science.ORF.at einen Gastbeitrag verfasst. Er macht deutlich, dass die Anpassung an die neuen Klima- und Umweltbedingungen nicht nur unvermeidbar, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist.  
Alpine Regionen im globalen Umwelt- und Klimawandel: Was ist zu tun?
Von Karl W. Steininger

Unser Planet - als Basis menschlicher Lebensbedingungen - ist substantiellem globalem Umweltwandel ausgesetzt. Dies ist ohne Zweifel eine der zentralen Erkenntnisse der letzten Dekade.

Beginnend mit der stufenweisen Anerkennung des Klimawandels als realem Phänomen seit dem Ende der 1980er Jahre, hat sich seither das allgemeine Bewusstsein auf einen breiteren Bereich anthropogener Veränderungen erweitert.

Diese betreffen insbesondere Veränderungen in der Landnutzung, der Atmosphäre, der Biodiversität, dem Wasserzyklus und biogeochemischer Zyklen deutlich jenseits der natürlichen Variabilität.
Globales Phänomen mit lokalen Auswirkungen
Während die Aspekte dieses Umweltwandels ein globales Phänomen sind, sind deren Auswirkungen oft lokaler (und ungleicher) Natur, und die Optionen für Adaption und Milderung können sich von Region zu Region gravierend unterscheiden.

Mit dem weitaus größten Teil der österreichischen Landesfläche innerhalb alpiner Regionen, soll hier die Bedeutung des Umweltwandels für diese Regionen beleuchtet werden - seine Erkennung, seine Wirkung, und sodann die Adaptionsoptionen und die Milderungsmöglichkeiten innerhalb alpiner Regionen.
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Nachweis des Umweltwandels in alpinen Regionen
Der Umweltwandel kann anhand einer Reihe von Phänomenen in alpinen Regionen besonders deutlich nachgewiesen werden: z.B. die steigende UVB-Belastung und ihre Wirkung (nachgewiesen insbesondere in Hochgebirgsseen), Schwermetalldepositionen oder Temperaturanstieg. Alpine Regionen sind vielfach exponierter als der weltweite Durchschnitt.

Der Temperaturanstieg in den Alpen betrug etwa allein seit 1985 ein Grad Celsius, während er im weltweiten Durchschnitt während des ganzen letzten Jahrhunderts nur 0,6 bis 0,7 Grad betrug. Der Gletscherrückgang beträgt - am Beispiel der Schweiz - bisher 25 Prozent seit 1850, bis 2030 erscheint ein weiterer Rückgang auf (!) 25 Prozent (bzw. bis 2100 auf fünf Prozent) des Volumens von 1850 möglich.
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Die Wirkung des Umweltwandels in alpinen Regionen
Ein Temperaturanstieg um 3 Grad Celsius hebt die mittlere Schneehöhenlinie um 300 bis 500 Meter. Dies bedeutet, dass dann unter 1.200 Metern Seehöhe keine geschlossene Schneedecke im Winter mehr existiert.

Insgesamt sinkt die Zahl der schneesicheren Gebiete. Werden z.B. in der Schweiz derzeit 85 Prozent der Skigebiete als schneesicher bezeichnet, so sinkt dieser Wert bei einer Erwärmung um drei Grad Celsius auf 44 Prozent.

Alle Neukonstruktionen von Liftanlagen in den letzten zehn Jahren gab es in der Schweiz übrigens nur mehr im Bereich zwischen 2.000 und 3.000 Metern Seehöhe.
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Science-Event "Das Klima ändert sich - auch in Österreich"
"Alle reden über das Wetter, aber keiner tut etwas dafür". Dieser Meinung von Mark Twain widersprechen die Veranstalter des Science Events "Das Klima ändert sich - auch in Österreich", das am Donnerstag, dem 7. November, ab 14 Uhr im Großen Sendesaal des RadioKulturhauses in Wien ablaufen wird.
->   Mehr über die Veranstaltung
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Neue Naturgefahren
Eine Erwärmung führt zum Rückgang der Gletscher und Permafrostböden. Das daraus entstehende Naturgefahrenpotential erwächst aus instabilem, losem Material, das neu der Erosion ausgesetzt wird, aufgrund der großen Höhe mit besonders hohem Energiepotential.

Insgesamt dürften politische, soziale und ökonomische Konsequenzen zuallererst aus extremen Wetterereignissen resultieren (Lawinen, Muren, Überschwemmungen, Erosion als Folge häufigerer Stürme, Regen und Schneefalls). Für exponierte Siedlungen und Verkehrswege sind Schutzmaßnahmen oder Umsiedlung (Verlegung) zu prüfen.
Schadensanstieg und Risikoakzeptanz
Versicherungsdaten zeigen den Schadensanstieg in alpinen Regionen. Das Schadensrisiko ist ein Produkt aus Gefahr, Verwundbarkeit und exponiertem Wert. Der letzte Faktor wuchs jüngst besonders stark an.

Die gesellschaftlichen Veränderungen hin zu mehr Mobilität und Freizeit führten zu neuen Infrastrukturen in besiedelten und bisher unbesiedelten Gebieten, zu mehr Menschen in alpinen Regionen (insbesondere phasenweise zu einem Vielfachen der alpinen Bevölkerung) und zu einem Verlust des Gefahrenbewusstseins, sowie als Folge davon zu einer Abnahme der Risikoakzeptanz.
Schutz- und Vorbeugemaßnahmen?
Die individuelle Bereitschaft und die der sozialen Gruppe zu Schutz- und Vorbeugemaßnahmen wird durch zwei Faktoren beeinflusst: Motivation und Kompetenz.

Auch wenn die Kompetenz gegeben ist, wird die Motivation oft durch kurzfristige ökonomische Interessen untergraben. Daher muss auch der institutionelle Entscheidungsrahmen durchleuchtet werden, und ist gegebenenfalls zu verbessern.

Für die österreichischen Lawinenkommissionen ist z.B. zu empfehlen eine Einbeziehung externer Mitglieder vorzuschreiben. Derzeit können die lokalen wirtschaftlichen Interessen einzelner Mitglieder leicht zu Verzerrungen in der Risikoeinschätzung führen. Auch die Öffnung der Entscheidungen dieser Kommissionen im Fall von Katastrophen für Nachfolgeuntersuchungen würde die Anreizstruktur verbessern.
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Naturgefahrenmanagement in den Alpen
Das Naturgefahrenmanagement hat in den Alpen eine lange Tradition, seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs. auch institutionell. Der ursprüngliche Fokus auf technische Abwehr ("aktive" Maßnahmen) verschob sich seither etwas hin zu komplementären "passiven" Schutzmaßnahmen, wie die Erstellung von Gefahrenzonenplänen seit den 1960er Jahren.

Je länger die Tradition im Naturgefahrenmanagement in den einzelnen Alpenländern, umso mehr wird es jedoch - fälschlich eindimensional - durch eine einzelne Disziplin dominiert (wie in Österreich durch Forstwirte, oder in Frankreich durch Geologen).
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Eindämmung des Klimawandels?
Im alpinen Bereich sind es vor allem drei wirtschaftliche Sektoren, die im Hinblick auf die Eindämmung des Klimawandels zu durchleuchten sind: Landwirtschaft, Energie und Verkehr. In der Landwirtschaft ist es vor allem die Art der Bodennutzung (und damit der Kohlenstoffhaushalt), sowie in geringerer Weise die Viehhaltung (Methanemissionen), die die Treibhauswirkung mitgestalten.

Es kann gezeigt werden, dass selbst bei vollständiger Umwandlung aller Ackerflächen in Wald innerhalb des gesamten österreichischen Alpengebietes gemäß Alpenkonvention (also grob Österreich abzüglich Wiener Becken und Burgenland) ein Kohlenstoffäquivalent zusätzlich gebunden werden könnte (nämlich langfristig), das lediglich den österreichischen CO2-Emissionen eines einzigen Jahres entsprechen würde.
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Erneuerbare Energie und "Konsumsteuerung"
Im Energiebereich ist sichtbar, dass die gegenwärtige Politik im Hinblick auf erneuerbare Energieträger die Kohlenstoffemissionen insgesamt weder senken noch zumindest stabilisieren kann. Erfolgskomponenten wären hier die Konsumsteuerung und die Verhinderung von Rebound-Effekten (Einsatz der durch Energiesparmassnahmen frei gewordenen Finanzmittel für andere energieintensive Aktivitäten).
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Weniger Emissionen im Verkehr - kein Schaden für die Wirtschaft
Im Verkehrssektor konnte im Rahmen einer gemeinsamen Initiative der betroffenen Alpenländer Schweiz, Frankreich, Italien und Österreich im Rahmen der OECD jüngst gezeigt werden, dass CO2-Emissionsreduktionen um sogar 80 Prozent allein aus dem Verkehrssektor in einem zeitlichen Rahmen bis 2030 nicht nur möglich sind, sondern auch dass dies - soferne als Kombination aus technischen Maßnahmen und Verkehrsmanagement implementiert - ohne wesentliche negative wirtschaftliche Wachstumseffekte und mit beschäftigungssteigernder Wirkung zu erwarten ist.
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Gastbeitrag und Buchtipp
Karl W. Steininger ist Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Karl-Franzens-Universität Graz, betraut mit der Leitung des Human Dimensions of Global Environmental Change Programme Austria, und Mitglied des Nationalkomitees Global Change der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Internationale Forschungstätigkeiten u.a. an der UC Berkeley und in der Weltbank.

Der Gastkommentar fasst einige zentrale Schlussfolgerungen einer eben erschienenen interdisziplinären Studie zusammen:
Karl W. Steininger und Hannelore Weck-Hannemann (eds.), Global Environmental Change in Alpine Regions: Recognition, Impact, Adaptation and Mitigation, Cheltenham: Edward Elgar, November 2002. ISBN 1 84376 183 1.

Das Buch wird im Rahmen des Klima-Symposions am 7.11. im Radiokulturhaus präsentiert. Zu der internationalen Autoren- und Forschergruppe aus Natur- und Sozialwissenschaften, die dazu beigetragen hat, gehören der Leiter der Schnee- und Lawinenforschung der Schweiz (Walter Ammann, Davos), der Leiter der Wetterschäden- und
Klima-Abteilung der Münchener Rückversicherung (Thomas Loster, München), der Leiter des Austrian Council on Climate Change (Stefan Schleicher, Wien) und der wissenschaftliche Leiter des Alpenforums (Roland Psenner, Innsbruck).
->   Detaillierte Informationen zum Buch
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->   Homepage Karl W. Steininger
->   Human Dimensions of Global Change Programme Austria
->   Austrian Council on Climate Change
->   Beiträge über Klima und Klimawandel in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010