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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Enttäuschung nach UN-Klimakonferenz  
  Mit der "Deklaration von Delhi" endete am Freitag die UN-Klimaschutzkonferenz in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Es sollten gemeinsame Strategien für den Klimaschutz erarbeitet werden. Trotzdem sind die Ergebnisse mehr als bescheiden. Eine Enttäuschung, meint auch der österreichische Klimaexperte Stefan Schleicher von der Universität Graz, der gerade aus Indien zurückgekommen ist.  
Die 8. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimakonvention (COP 8) war die erste Konferenz in dem Teil der Welt, der am stärksten von den Klimaveränderungen betroffen sein wird.

Gerade deshalb war die Erwartung besonders groß - vor allem auch, weil derzeit noch 80 Prozent der Treibhausgase von den Industrieländern verursacht werden und die Entwicklungsländer die Leidtragenden sind.
Einziges Ergebnis: Aufruf zu Kyoto-Ratifizierung
Die Deklaration von Delhi ruft alle Länder auf, das Protokoll von Kyoto zur Senkung der Treibhausgase möglichst bald zu ratifizieren. Das ist das einzige Ergebnis der Konferenz. Einige Länder sind damit allerdings sehr zufrieden. Allen voran die USA, die jede globale Klimapolitik verweigern.
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Das Kyoto-Protokoll: Emissionsreduktionen bis 2012
Im Kyoto-Protokoll ist vereinbart, dass die Emission der sechs Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6) durch die Industriestaaten bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990 um mindestens fünf Prozent gesenkt werden. Österreich hat sich im Rahmen der EU-internen Aufteilung verpflichtet, diese Emissionen um 13 Prozent zu senken.
->   Das Kyoto-Protokoll
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EU-Kritik: Wie geht es weiter nach 2012?
Kritik kommt von der Europäischen Union, die auf der 8. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention wichtige Weichenstellungen für die Zukunft erwartet hat.

Denn das Kyoto-Protokoll regelt die Treibhausgase nur bis 2012, sagt der Klimaexperte Stefan Schleicher von AustroClim. "Es wäre notwendig darüber nachzudenken, wie es nach 2012 weitergehen soll. Aber da ist die Europäische Union auf Granit gestoßen."
Der Wirtschaftsstil der Industrieländer
Die Entwicklungsländer haben eingestanden, dass sie den Wirtschaftsstil der Industrieländer nicht nachahmen können. Diese Einsicht hat sich schon beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg angekündigt, sie wurde jetzt deutlich bestätigt.

"Ein Beispiel: Würde China die gleiche Intensität im Automobilverkehr für sich in Anspruch nehmen wie die Bürger der USA, dann müssten wir allein für China mehr als das gegenwärtige Volumen der Erdölindustrie zur Verfügung stellen - und das ist unvorstellbar", meint Schleicher.

"Denn es geht hier nicht nur um China, sondern auch um Indien, Afrika und Südamerika. Da ist allen sehr klar, dass der gegenwärtige Wirtschaftsstil der Industrieländer nicht globalisierbar ist", so der Experte weiter.
Zu wenig Geld für Klimafonds
Die Entwicklungsländer fordern dafür aber mehr Geld für den Klimafonds, der eingerichtet wurde, um den ärmsten Ländern der Welt zu helfen, mit den Folgen des Klimawandels fertig zu werden - um zum Beispiel die Absiedlung von überfluteten Pazifikinseln zu finanzieren.

400 Millionen Dollar beträgt der Fonds derzeit, mehr wird es auch nach der Konferenz nicht dafür geben. Denn die Industrieländer sind der Meinung, dass derzeit die ganze Last des Klimaschutzes auf ihnen ruht, jetzt sei es an der Zeit, dass auch der Rest der Welt in die Kasse greifen müsste.

Die Verhandlungen darüber blieben ergebnislos. Auch Russland, das derzeit das einzige Hindernis für das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls darstellt, machte keine fixen Zusagen, sagt Schleicher.
Russland schwächt ab
"Die Signale, die vom Weltgipfel in Johannesburg gekommen sind - wo es geheißen hat, dass Russland mit großer Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr ratifizieren wird - diese Signale sind abgeschwächt worden", schilder Schleicher die politischen Verhandlungen in Delhi.

"Der Wahrheit dürfte am nächsten kommen, dass es ein intensives Werben einerseits von den Vereinigten Staaten und andererseits von der Europäischen Union um Russland gibt. Dieses Werben beinhaltet auch finanzielle Versprechungen und ist eingebettet in die großen Auseinandersetzungen, wie sich die globale Architektur der politischen Kräfte in den nächsten Jahren entwickeln wird. Ich persönlich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass Russland in der ersten Hälfte des nächsten Jahres ratifizieren wird, mit 70 Prozent ein."
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Russlands Schlüssel-Rolle
Das Kyoto-Protokoll tritt erst in Kraft, wenn 55 Industriestaaten, die gleichzeitig für mindestens 55 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich sind, dieses ratifizieren. Als Berechnungsbasis gilt das Jahr 1990. Bisher haben 95 Staaten das Kyoto-Protokoll ratifiziert - auf die Industrieländer entfallen damit insgesamt 37,1 Prozent des CO2-Ausstoßes. Russland deckt 17,4 Prozent ab, ratifiziert das Land das Kyoto-Protokoll, wäre das Ziel somit erreicht.
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Keine Perspektiven in Delhi
Stefan Schleichers Resümee der achten Vertragsstaatenkonferenz: "Ich habe schon an vielen Klimakonferenzen teilgenommen, aber wir sind immer mit Enttäuschungen nach Hause gefahren." Perspektiven für den Klimaschutz wurden in Neu Delhi keine gefunden.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   8. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimakonvention (COP 8)
->   Artikel zu den UN-Klimakonferenzen in science.ORF.at
->   Das science.ORF.at-Archiv zum Thema Klimaerwärmung
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Science-Event "Das Klima ändert sich - auch in Österreich"
"Alle reden über das Wetter, aber keiner tut etwas dafür". Dieser Meinung von Mark Twain widersprechen die Veranstalter des Science-Events "Das Klima ändert sich - auch in Österreich", das am Donnerstag, dem 7. November, ab 14 Uhr im Großen Sendesaal des RadioKulturhauses in Wien ablaufen wird.
->   Mehr Informationen zur Veranstaltung
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01.01.2010