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Krebstherapie mit Teilchenbeschleuniger  
  Eine neue Behandlung erweist sich zur Behandlung von Krebs als dreimal so wirksam wie eine herkömmliche Strahlentherapie. Die Technik, bei der Kohlenstoffionen mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers auf Gehirntumoren treffen, könnte ab 2007 auch in Österreich zur Verfügung stehen.  
In Deutschland werden bislang unheilbare Krebspatienten im Rahmen einer klinischen Studie mit Kohlenstoffionen bestrahlt. Erste Ergebnisse geben Anlass zu Hoffnung. Komplexeste Tumorformen im Gehirn, die operativ praktisch nicht zu entfernen sind, können fast vollständig vernichtet werden. Gesundes Gewebe bleibt dabei weitgehend verschont.
High-tech wie bei der NASA
Die Behandlung bedarf eines enormen technischen Aufwandes. Derzeit steht europaweit nur an der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt in Deutschland eine dafür geeignete Teilchenbeschleunigungsanlage zur Verfügung.

Die Ionen werden durch einen 120 Meter langen und 200 Meter durchmessenden Ringbeschleuniger auf eine Geschwindigkeit von 150.000 Kilometer pro Sekunde - also halbe Lichtgeschwindigkeit - beschleunigt. Von dort gelangen sie direkt in den Kopf des Patienten.
->   Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI)
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Die Macht der Magneten
Ionen sind positiv geladene Atome. Aufgrund ihrer Ladung lassen sie sich durch elektrische oder magnetische Felder in ihrer Bewegung beeinflussen, also beispielsweise in eine ganz bestimmte Richtung lenken. Auch das passiert in der Beschleunigungsanlage. Dort werden die Teilchen durch riesige Fokussierungs-Magnete einerseits zu einem Strahl gebündelt und andererseits mittels Ablenkungs-Magnete exakt gesteuert.
->   Mehr über Ionen
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Therapie nach Maß
Bevor die Strahlen in das Gehirn der Patienten schießen, wird ihre individuelle notwendige Intensität und Eindringtiefe von den Medizinern präzise berechnet. Dazu wird der Tumor in Schichten eingeteilt.

Von Schicht zu Schicht wird nun die Energie der Kohlenstoffionen variiert. Der Strahl verweilt so lange auf jedem Punkt, bis die berechnete Solldosis erreicht ist. Auf diese Weise wird der Tumor rasterartig gescannt. Selbst entlang der heikelsten Grenzen zwischen gesundem und krankem Gewebe wie etwa zwischen Sehnerv und Tumor oder zwischen Rückenmark und Tumor kann der Strahl punktgenau gesteuert werden.

Über 20 Tage hinweg wird täglich 10 bis 15 Minuten lang bestrahlt. Zehntausend Mal werden die Strahlen pro Sekunde auf ihre exakte Position kontrolliert. Bei der kleinsten Abweichung schaltet das System sofort selbsttätig ab.
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Das Geheimnis der Kohlenstoffionen
Der Vorteil der Kohlenstoffionen liegt in ihrer mehrfachen Wirksamkeit. Während andere Strahlen einen guten Teil ihrer Energie schon auf dem Weg zum Tumor abgeben und dabei gesunde Zellen schädigen, nimmt die Intensität der Kohlenstoffionen noch zu, je tiefer sie ins Gewebe eindringen. Erst am Ende ihrer Reichweite, also direkt im Tumor entladen sie sich zu 90 Prozent. Ihre Energiekurve fällt somit abrupt ab, wodurch sie auch das hinter dem Tumor gelegene Gewebe kaum mehr schädigen können. Auf diese Weise werden nur im Tumor irreperable Schäden in der DNA der bösartigen Zellen hinterlassen. Die gutartigen Zellen davor und danach können sich hingegen von der viel geringeren Strahlendosis meist wieder erholen.
->   Mehr über die Behandlungsmethode (hirntumor.de)
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Vielversprechende Ergebnisse
Bisher wurden im Rahmen einer klinischen Studie gemeinsam mit der Uniklinik Heidelberg 140 Patienten in Darmstadt behandelt. Erste Ergebnisse zeigen beeindruckende Erfolge. Vereinzelt konnten selbst faustgroße Tumoren fast völlig zum Verschwinden gebracht werden.

Weil das gesunde Gewebe dabei weitgehend verschont bleibt, leiden die Patienten auch kaum unter Nebenwirkungen. In vielen Fällen können sie sogar ihrer Arbeit weiter nachgehen.
In Zukunft auch in Österreich
Außer in Darmstadt kann ein vergleichbare Therapie derzeit nur in Chiba in Japan durchgeführt werden. Eine weitere Anlage wird in etwa zwei Jahren in Heidelberg entstehen.

Und zirka 2007 soll auch in Österreich in Wiener Neustadt am Forschungs- und Technologiegelände Civitas Nova ein derartiges Bestrahlungszentrum errichtet werden. 1.300 Patienten jährlich könnten davon profitieren.

Rike Fochler, Modern Times Gesundheit
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Ein Beitrag von Modern Times, 29. November 2002, 22.35 Uhr ORF 2.
->   Modern Times
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->   Uniklinik Heidelberg
 
 
 
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01.01.2010