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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Kohlendioxid: Anstieg hemmt Pflanzenwachstum  
  Pflanzen brauchen um wachsen zu können Kohlendioxid, das sie aus der Luft entnehmen. Daher lautet eine gängige These der Klimaforscher: Durch erhöhten Ausstoß von CO2-Emissionen wird das Pflanzenwachstum angeregt und gleichzeitig CO2 in Pflanzen gespeichert. Eine neue Studie widerspricht dieser Annahme und kommt zu dem Ergebnis, dass der gesteigerte CO2-Anteil der Atmosphäre das Pflanzwachstum sogar negativ beeinflussen kann.  
Die meisten Studien, die sich mit globalen Klimaveränderungen auseinandersetzen, konzentrieren sich auf die Auswirkungen der steigenden Kohlendioxidemissionen auf Pflanzen und Ökosysteme.

Realistischerweise sind bei Veränderungen des Klimas und dessen Auswirkungen aber mehr Faktoren beteiligt wie z. B. veränderte Niederschlagsverhältnisse, gestiegene Temperaturen und höhere Konzentrationen von Stickstoffablagerungen im Boden.

Eine neue Studie von Wissenschaftlern der Carnegie Institution of Washington, von Nature Conservancy sowie der Stanford University zeigt nun zum ersten Mal, wie sich die Kombination der verschiedenen umweltbeeinflussenden Faktoren auf Ökosysteme auswirkt.
Kohlendioxid und das Pflanzwachstum
Laut Angaben der Wissenschaftler wird das Pflanzenwachstum durch ein Ansteigen der Kohlendioxidwerte nur dann stimuliert, wenn Stickstoff-, Wasser- und Temperaturwerte unverändert bleiben. Die Studienergebnisse wurden von den Wissenschaftlern im Fachmagazin "Science" veröffentlicht.
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Der Artikel in "Science": "Grassland Responses to Global Environmental Changes Suppressed by Elevated CO2"
->   ''Science''
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Umdenken in Politik und Wissenschaft
"Vielleicht haben wir uns zu sehr auf das Kohlendioxidproblem konzentriert und sollten in Zukunft mehr auf beide Schwerpunkte achten: Vegetation und Emissionsreduktion", sagt Harold A. Mooney von der Stanford University.

Auf jeden Fall könnten die Studienergebnisse zu einem Umdenken bei Wissenschaftlern und Politikern führen, da sie eines der Hauptargumente der Gegner von strengen Reduktionen der Emissionswerte entkräften: Das Ökosystem würde das Problem der ansteigenden CO2-Emissionen lösen, indem es große Mengen Kohlendioxid verbraucht und speichert.
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Das ''Jasper Ridge Global Change Project''
Dieses Projekt ist das erste Ökosystem-Experiment, das die Auswirkungen von vier verschiedenen Faktoren der Klimaveränderungen über mehrere Pflanzengenerationen hinweg studiert. Das mehrjährige Experiment soll zeigen, wie das Ökosystem eines typischen kalifornischen Grünlandes auf die zukünftigen Klimaveränderungen reagieren wird.
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Die Kombination verschiedener Klimafaktoren
"Die meisten Studien beobachten den Effekt von CO2 bei Topfpflanzen oder in sehr einfachen Ökosystemen. Sie alle kommen zu dem Schluss, dass Pflanzen in der Zukunft schneller wachsen werden", sagt Christopher B. Field von der Standford University und Co-Autor der Studie.

"Wir kommen zu genau dem selben Ergebnis, wenn wir mit CO2 alleine arbeiten, aber sobald wir unter realistischeren Bedingungen arbeiten - Erwärmung, Veränderung der Stickstoffablagerungen, Niederschlagsänderungen -, wird das Wachstum der Pflanzen effektiv unterdrückt", erklärt Field.
36 Versuchsflächen und 16 mögliche Kombinationen
Um die zukünftigen Klimaverhältnisse simulieren zu können, wurden 36 kreisrunde Erdflächen mit einem Durchmesser von 1,8 Metern abgesteckt. Vier dieser Versuchsflächen blieben unberührt, wurden also nicht gegossen und wurden weder mit Stickstoff, Kohlendioxid oder Wärme behandelt.

Die restliche 32 Erdflächen wurden in vier gleich große Sektoren unterteilt. Die Trennelemente reichten tief in den Boden um die Wurzeln der einzelnen Pflanzen vor dem Eindringen benachbarter Wurzeln aus anderen Sektoren zu schützen.

In diesen kleinen Sektoren wurden die Auswirkungen aller 16 möglichen Kombinationen von gestiegenen und normalen CO2-, Hitze-, Wasser- und Stickstoffwerten getestet.
Überraschende Ergebnisse: Meist weniger Wachstum
"Basierend auf früheren Studien, die sich nur mit der Erhöhung des CO2-Gehaltes auseinandergesetzt haben, nahmen wir an, dass die Kombination dieser vier Umweltfaktoren zu einem zusätzlichen Wachstum führen würde", meint W. Rebecca Shaw, eine weitere Autorin der Studie.

Die Ergebnisse aus dem dritten Jahr der Studie enthüllten jedoch ein komplexeres Bild: Während die Behandlung der Pflanzen mit erhöhter Temperatur, Stickstoffablagerungen und Niederschlagswerten - alleine und in Kombination - das Pflanzenwachstum förderten, kam es durch das Hinzufügen erhöhter CO2-Werte immer zu einer sofortigen Eindämmung der Einflüsse der anderen Faktoren. Mit anderen Worten: Die Pflanzen veringerten ihr Wachstum.
CO2 reduziert Wachstum um die Hälfte
"Die Kombination der drei erhöhten Faktoren Temperatur, Stickstoffablagerungen und Wasser brachte die größte Wachstumsstimulation von 84 Prozent. Sobald wir aber CO2 dem Versuch beifügten sank das Wachstum auf 40 Prozent", sagt Shaw.
Ursachen noch ungeklärt
Warum Kohlendioxid in Kombination mit anderen Umweltfaktoren einen hemmenden Effekt auf das Pflanzenwachstum ausübt, ist noch nicht geklärt. Die Forscher vermuten aber, dass der gestiegene Kohlenstoffgehalt der Erde Mikroben fördert, die den Pflanzen begrenzt vorhandene Nährstoffe streitig machen.

Ob diese Annahme stimmt, soll ein auf fünf Jahre angesetztes Experiment überprüfen: Dabei sollen die Zusammenhänge von in der Erde limitierten Nährstoffen, mikrobieller Pflanzeninteraktion und molekularbiologischen Vegetationseigenschaften untersucht werden.
Auswirkungen auf die CO2-Diskussion?
Die große Herausforderung besteht jetzt laut den Wissenschaftlern darin, die von der Jasper Ridge Studie erhaltenen Daten zu einer Prognose für andere Ökosysteme zu verwenden. Wie wirken sich die Veränderungen auf alpine Regionen, Tundra oder tropische Regenwälder aus?

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass es noch eine Menge über die Faktoren zu lernen gibt, die die globale Klimaveränderung regulieren. Allerdings wissen wir schon jetzt mehr als genug, um eine seriöse Diskussion über mögliche Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emission führen zu können", meint Mooney.
->   Carnegie Institution of Washington
->   Nature Conservancy
->   Stanford University
->   Mehr Geschichten über CO2 in science.ORF.at
->   Weitere Geschichten über Klimaveränderungen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010