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Wiener Physiker widmet sich Papierfliegern  
  Ein Wiener Wissenschaftler hat sich der Papierflieger angenommen. Was vor allem für Kinder ein großer Spaß ist, sind für den Experimentalphysiker Objekte "seriöser" Forschung: gefaltete Flugzeuge aus Schreibpapier.  
Wissenschaft mit Spaßfaktor
Wissenschaft - vor allem die Grundlagenforschung - ist zwar in der Regel ein seriöses, um nicht zu sagen "staubtrockenes" Geschäft , und wenig öffentlichkeitswirksam. Bei ein wenig Forschungsarbeit hinter den Kulissen lassen sich aber auch durchaus unterhaltsame, wenn nicht kuriose Aspekte entdecken.

So beschäftigen sich britische Mathematiker "ernsthaft" mit dem Phänomen, warum ein Toastbrot beim Absturz mit fataler Regelmäßigkeit auf der Butterseite landet.
->   Tumbling Toast Test (heise)
Nach Molekulargastronomie nun Aerodynamik
Was in England mit seinem Faible für skurrilen Humor große Tradition hat, ist in Österreich allerdings ein Minderheitenprogramm. Zu den heimischen Pionieren der "heiteren" Wissenschaft zählt der Wiener Experimentalphysiker Werner Gruber.

In seinem Bemühen um die Popularisierung seines Forschungsgebietes hat sich Gruber bereits an der "Molekulargastronomie!" - der Physik des Kochens - versucht. Das neue Projekt ist weniger nahrhaft als leichgewichtig: bei der Physik der Papierflieger geht es neben dem Unterhaltungswert vor allem um Aerodynamik.
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"Spielzeug" mit Geschichte
Die ersten Papierflugzeuge sind aus China bekannt. Baupläne sind aus der frühen Heinan Ära erhalten (782 - 1184 n. Chr.). Diese Flieger hatten einen nadelscharf zugespitzten Rumpf aus Holz und wurden als Waffen eingesetzt. Berichte über die Wirksamkeit der Luftflotten aus Papier liegen allerdings nicht vor. Die Kriegsflugzeuge dürften eher psychologische Wirkung gehabt haben - also eine Art von - preiswerten - Abfangjägern.

Papierflieger - im heutigen Verständnis - sind mit Beginn des 20. Jahrhunderts aufgetaucht, kurz nach dem ersten Motorflug der Gebrüder Wright. Mit Modellen aus Papier haben allerdings schon zuvor Flugpioniere wie Otto Lilienthal experimentiert.
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Rekordflieger - Rekordflüge
Bei ihrem ersten Flug waren die Brüder Orville und Wilbur Wright gestoppte 12 Sekunden in der Luft. Der Weltrekord im Dauerflug liegt heute bei Papierfliegern bei immerhin eineinhalb Minuten - ohne Motor - nur mit viel Muskelkraft beim Start.

Der Weltrekord im Weitflug liegt bei 58,82 Meter. Dieser Rekord, aufgestellt von einem US-Amerikaner, ist seit 1985 ungebrochen. Die Strecke entspricht fast der Länge eines Jumbo Jets und übertrifft den legendären Flug der Wright's um einiges. Auch die Rekordflieger sind aus gewöhnlichem Büropapier im Format DIN A4 entstanden - das Geheimnis liegt im Trimm und Tuning.
Test im Windkanal
Mit Trimm und Tuning hat sich auch der Physiker Werner Gruber beschäftigt. Dazu hat er sich den, soweit bekannt, weltweit einzigen und ersten Windkanal für Papierflieger bekannt.

Auf dem Prüfstand landeten alle denk- und faltbaren Exoten und natürlich auch die konventionellen Flugobjekte abendländischer Provenienz. Erstaunliches trat dabei zutage: auf dem Prüfstand halten die fragilen Flieger sogar Windgeschwindigkeiten von Sturmstärke stand. Das Forschungsprojekt läuft zwar noch, ein paar Erkenntnisse hat Gruber bereits herausdestilliert.
Die Y- Stellung und andere Kniffe
Das Wichtigste ist die Falttechnik. Es sollte genau gearbeitet werden. Unnötiger Faltenwurf und Knitterstellen hätten einen negativen Einfluss auf die Flugeigenschaften, meint Gruber aus der Erfahrung seiner Winkanalversuche.

Als genauso wichtig erwiesen haben sich auch die so genannte Y- Stellung: Im geschlossenen Zustand - also beim Start - muss der Querschnitt von Tragflächen und Rumpf einem Ypsilon entsprechen. Wenn nicht, kommt der Flieger schnell ins Trudeln oder Rollen und stürzt unweigerlich ab.
->   Tipps von Werner Gruber (ab 30. 12.)
Die Teebeutel - Rakete
Zugeschnitten auf schmale Forschungsbudgets hat Gruber auch einen Raketentest entwickelt und weiß damit regelmäßig seine Fachkollegen hinters Licht zu führen.

Für den Aufbruch zu den Sternen Marke Gruber braucht es nicht mehr als einen Teebeutel guter Qualität und Feuerzeug oder Streichholz. Ein Experiment, das mit großer Sicherheit gelingt und auch bei einem Fehlschlag zu verkraften ist. Zumindest werden nicht 600 Millionen Euro in den Sand gesetzt, wie letzte Woche beim missglückten Start der Ariane 5.

Gerhard Roth, Modern Times
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Mehr über Physik, Papier und Flieger in Modern Times, 20. Dezember 2002, 22:35 Uhr ORF 2.
->   Modern Times
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01.01.2010